IS-Terror in Russland

Washington warnte Moskau konkret vor Anschlag in Moskauer Konzerthalle

Blumen und Stofftiere zum Gedenken an die Terroropfer vor der ausgebrannten Konzerthalle.
Blumen und Stofftiere zum Gedenken an die Terroropfer vor der ausgebrannten Konzerthalle.Reuters / Evgenia Novozhenina
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Laut „Washington Post“ und „New York Times“ informierte die CIA die russischen Behörden Anfang März über einen bevorstehenden Angriff auf die Crocus City Hall. Doch Moskau nahm die Warnung offenbar nicht ernst.

Die USA haben Russland vor einem Terroranschlag auf die Crocus City Hall gewarnt. Die Warnung fand mehr als zwei Wochen vor dem eigentlichen Angriff statt. Das berichteten die „Washington Post“ und die „New York Times“ am Dienstag unter Verweis auf anonyme Regierungsquellen.

„Die Warnung enthielt den richtigen Ort, jedoch einen unpräzisen Zeitpunkt“, schreibt die „New York Times“. Die CIA sei davon ausgegangen, dass ein Anschlag innerhalb der nächsten Tage stattfinden könnte. Tatsächlich warnte die US-Botschaft in Moskau am 7. März vor einem unmittelbar bevorstehenden Terroranschlag in Russland und riet allen im Land befindlichen US-Bürgern, große Menschenansammlungen zu meiden.

Keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen

Am 22. März verübten mehrere Männer einen Terroranschlag auf die Crocus City Hall am Stadtrand von Moskau. Nach dem Anschlag auf die Halle wird die Zahl der Toten mit mindestens 144 angegeben, die der Verletzten mit mehr als 550. Es gebe auch immer noch Vermisste, heißt es. Der afghanische Ableger der Terrororganisation Islamischer Staat, „Provinz Khorasan“ (ISPK), hat sich zu dem Attentat bekannt. Mehrere Verdächtige wurden bisher festgenommen, darunter vier tadschikische Staatsbürger, die als mutmaßliche Täter gelten. Die Männer wurden nach der Festnahme gefoltert, einem wurde ein Stück vom Ohr abgeschnitten; die Folterspuren wurden der Öffentlichkeit demonstrativ präsentiert. Ihnen drohen lebenslange Haftstrafen.

Schon bisher war bekannt, dass die US-Behörden die russischen Stellen vor einer Attacke gewarnt hatten. Die neuen Berichte aber werfen die Frage auf, warum Moskau nach der sehr spezifischen Information die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort nicht verstärkt hat. Augenzeugen berichteten nach dem Anschlag, dass keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren; die Polizei war nicht umgehend zur Stelle.

Kreml beharrt auf „ukrainischer Spur“

Noch ein paar Tage vor dem Terroranschlag erklärte der russische Präsident Wladimir Putin vor Sicherheitskräften, dass die USA mit ihren Warnungen die Lage in Russland „destabilisieren“ wollten. Nach dem Attentat hieß es dann, die US-Warnungen seien zu unspezifisch gewesen. Die Berichte der US-Medien über eine sehr konkrete Warnung zeichnen nun ein anderes Bild.

Gegenüber der russischen Öffentlichkeit behaupten der Kreml und die Kreml-treuen Medien nach wie vor steif und fest, dass die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten hinter dem blutigen Anschlag stecken würden. Wider allen Fakten ist von einer angeblichen „ukrainischen Spur“ die Rede. Generell haben die russischen Sicherheitskräfte seit Beginn der Ukraine-Invasion die Verfolgung von Kriegsgegnern, Oppositionsaktivisten und Bürgerrechtlern derart intensiviert, dass die Aufmerksamkeit für (islamistische und andere) Terror-Szenarien in den Hintergrund gerückt ist.

(som)

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