Grenzkommandant Beloručkinas an der Grenze zu Belarus.
Reportage

Der neue Eiserne Vorhang: Wo Europa endet und die Nato am verwundbarsten ist

Im Osten Europas senkt sich ein neuer Eiserner Vorhang. Eine Reise durch das Baltikum, von Narwa bis an die Südgrenze, wo Putin und Lukaschenko schon Migranten als Waffe einsetzten. Denn Krieg herrscht hier zwar nicht, aber in Frieden lassen die Russen die Balten auch nicht.

Wald. Wald. Wald. Am Zugfenster zieht die immer gleiche Landschaft vorbei. „Langweilig“, sagt Katri Raik. Sie schmunzelt. „Über sein eigenes Land darf man das sagen.“ Der Zug rollt Richtung Osten. Letzte Station: Narwa. Die sogenannte „russischste Stadt Europas“. Das Ende der freien Welt. Ein paar Stunden später steht Raik an einer Grenze, die auch Kulisse des Mittelalter-Fantasy-Epos „Game of Thrones“ sein könnte. Seit Jahrhunderten schon starren sich hier zwei Riesen an: Am östlichen Steilufer erhebt sich die russische Festung Iwangorod, westlich die Hermannsfeste in Narwa, Estland. Dazwischen schiebt sich der gleichnamige Grenzfluss Narwa. Dieser Ort hier atmet Geschichte. Aber er strahlt auch etwas Einschüchterndes aus. Was vielleicht auch am Wetter an diesem Märztag liegt. Ein kalter Wind bläst. Der Himmel ist wolkenverhangen. „Das Schlechtwetter hier hat das russische Außenministerium in einer diplomatischen Note angeordnet“, witzelt Raik und richtet sich die Frisur.

Als Raik in Estland zur Welt kam, in den Sechzigern, war die graue Narwa nur ein Binnenfluss zwischen zwei Sowjetrepubliken. Heute trennt sie Zivilisationen. Ost und West. Auf der einen Uferseite weht die Nato- und die EU-Fahne, auf der anderen, in Sichtweite, die russische. Und auf der einen Seite ist Kaja Kallas angesehene Premierministerin, auf der anderen wird Kallas per Haftbefehl gesucht.

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