Antrittsbesuch

Schweizer Präsidentin in Wien: „Dann fällt die Neutralität dahin“

Antrittsbesuch in Wien: Die Schweizer Bundespräsidentin, Viola Amherd, mit Alexander Van der Bellen.
Antrittsbesuch in Wien: Die Schweizer Bundespräsidentin, Viola Amherd, mit Alexander Van der Bellen. APA / BUNDESHEER / Peter Lechner
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Die Schweizer Bundespräsidentin, Viola Amherd, holte sich Unterstützung für den Ukraine-Friedensgipfel, den Bern ausrichtet – und für die Gespräche mit der EU. Die militärische Zusammenarbeit sei allein aufgrund finanzieller Gründe notwendig.

Das Urteil kam um die Mittagszeit: In Straßburg verurteilte der Europäische Gerichtshof der Menschenrechte die Schweiz und gab den klagenden Klimaseniorinnen recht, nicht zeitgerecht und angemessen auf den Klimawandel reagiert zu haben. Eine Person bekam das Urteil zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit: Bundespräsidentin und Verteidigungsministerin Viola Amherd saß in der Wiener Hofburg bei Gasgeber Alexander Van der Bellen; zum Urteil könne sie sich daher noch nicht äußern, sagte Amherd anschließend der Presse. Als Juristin sei sie daran interessiert, die Details zu der Begründung lesen, bevor sie eine Stellungnahme abgebe. „Für die Schweiz ist Nachhaltigkeit sehr wichtig“, betonte Amherd jedoch, „und auch das Netto-Null-Ziel (Reduzierung der Treibhausgase, Anm.).“

Es war Amherds (Mitte-Partei) Antrittsbesuch in Wien, den sie im Jänner wegen ihrer Corona-Erkrankung absagen musste und nun nachholte. Neben der bilateralen Harmonie, die beide mehrfach betonten, widmeten sich die Präsidenten der Verteidigungszusammenarbeit. Vergangenes Jahr traten Wien und Bern der von Deutschland initiierten Luftverteidigungsinitiative Sky Shield bei, eine Zusammenarbeit, die sich mit der Neutralität beider Länder vereinbaren lasse. Doch, so Amherd: „Sollte es einen Angriff auf die Schweiz geben, dann fällt die Neutralität dahin und wir können mit den Partnern einen Gegenangriff organisieren.“

Es sei in diesem Fall von Vorteil, auf gemeinsame Systeme zurückgreifen zu können – auch wenn sie hoffe, dass dieser Fall nie eintrete. Für kleine Länder, sagte Van der Bellen, sei es schlichtweg zu teuer, die Beschaffung von Raketenabwehrsystemen alleine zu organiseren. Und auf EU-Ebene sei die Kooperation ausbaufähig.

Gemeint war die Militärhilfe an die Ukraine. Als neutrale Länder sind der Schweiz und Österreich Grenzen gesetzt, doch Kiew hat die Schweiz mit der Ausrichtung eines möglichst inklusiven Friedensgipfels beauftragt. Wann und wo dieser stattfinden wird, darüber konnte Amherd keine Details nennen. Van der Bellen sagte jedenfalls die Unterstützung Wiens zu, sowohl was die österreichische Teilnahme betrifft, als auch die Bemühungen, die Länder des globalen Südens zur Mitwirkung zu bewegen.

Hochwasserschutz am Rhein

Auf Wien könne die Schweiz auch in Sachen EU zählen, wie Van der Bellen betonte. „Die Schweiz ist unser bester europäischer Freund“, sagte er, und hätte Bern gar am liebsten „neben uns im Europäischen Rat“; doch er wisse, wie die Dinge liegen. Tatsächlich hat Bern nach längerer Entfremdung die Gespräche mit Brüssel erst wieder aufgenommen, die bilateralen Abkommen sollen nun ein Update erhalten. Und das passiert am besten heuer noch, urgierte Van der Bellen, vor allem mit Blick auf transnationale Forschungsprogramme; denn: wer weiß, wie die nächste Kommission nach der Wahl zusammengesetzt ist. Für Amherd sei „ein rasches Vorwärtskommen“ ebenfalls das Ziel, doch müsse die Qualität stimmen. Schließlich steht am Ende die Volksabstimmung. Im Übrigen bestehe zwischen Wien und Bern auch „große Übereinstimmung“, was die EU-Annäherung der Westbalkanstaaten betrifft. Das dürfte dann auch eines der Themen beim Treffen Amherds mit Kanzler Karl Nehammer am Nachmittag gewesen sein.

Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd und Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen des Amtsantrittsbesuchs im inneren Burghof in Wien.
Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd und Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen des Amtsantrittsbesuchs im inneren Burghof in Wien.APA / BUNDESHEER / Peter Lechner

Indessen hatte auch Bern Ratschläge für Wien parat. Die Schweiz ist für die Periode 2023/24 als nichtständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat gewählt worden, zum ersten Mal nimmt die Alpenrepublik diese Funktion wahr. Die andere Alpenrepublik, Österreich, war zwar schon drei Mal nichtständiges Mitglied, doch hoffe man, in zwei Jahren diese Funktion wieder bekleiden zu können, sagte Van der Bellen. „Es ist wichtig, Erfahrungen auszutauschen.“

Ein konkreter Erfahrungsaustausch findet seit Längerem in Vorarlberg statt. Gemeinsam wird ab 2027 der Hochwasserschutz am Rhein in Angriff genommen – wenn die beiden Parlamente zustimmen, so Amherd. Basis ist ein Staatsvertrag aus dem Jahr 1892.

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