Spitäler

„Kommt vorbei“: Personal des Lorenz Böhler wirbt um Patienten

Christian Fialka (li.), Ärztlicher Leiter des Traumazentrums Meidling, mit Thomas Hausner, Stv. Ärztlicher Leiter des Lorenz Böhler.
Christian Fialka (li.), Ärztlicher Leiter des Traumazentrums Meidling, mit Thomas Hausner, Stv. Ärztlicher Leiter des Lorenz Böhler.APA/Hochmuth
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Durch das eingeschränkte Leistungsangebot suchen kaum noch Personen das Krankenhaus auf. Die Bevölkerung dürfe das Böhler aber nicht „vergessen“.

„Das Lorenz-Böhler-Krankenhaus hat nicht geschlossen, ein ambulanter Betrieb findet weiterhin statt“, heißt es in einer der zahlreichen Textnachrichten des Personals, die an Freunde, Familie und Bekannte geschickt werden – jeweils mit der Bitte um Weiterleitung. „Kommt vorbei, wenn ihr einen Unfall habt. Und meldet euch bei uns, wenn euch irgendetwas wehtut. Egal, ob Hand, Fuß, Knie oder Ellbogen.“

Im Lorenz Böhler erfolge eine „rasche und unkomplizierte Abklärung“ mit Röntgen, MRT, Ultraschall und CT. „Wir brauchen hier weiterhin eine hohe Patientenzahl. Meldet euch sehr gerne“, heißt es in den Nachrichten weiter. „Und bitte unbedingt weitersagen, dass es uns nach wie vor gibt.“

Dass Ärzte und Pflegekräfte per SMS, WhatsApp, E-Mail und in sozialen Medien die Bevölkerung dazu aufrufen, ihr Spital aufzusuchen und sich dort untersuchen bzw. behandeln zu lassen, ist in Wien wahrlich nichts Alltägliches. Bekanntermaßen sind de facto alle Krankenhäuser, die öffentlichen ebenso wie die privaten und die Ordensspitäler, ausgelastet und leiden zudem an einem Personalmangel, insbesondere bei Pflegekräften.

Umsiedlung abgeschlossen

Hintergrund des Aufrufs im Lorenz Böhler (Traumazentrum Brigittenau) ist die vergangene Woche abgeschlossene Umsiedlung sämtlicher stationärer Leistungen in das Traumazentrum Meidling, ins AKH und in die Privatklinik Confraternität. Diese wurde notwendig, nachdem eklatante Mängel beim Brandschutz festgestellt worden waren – das Gebäude hätte einem ausgebrochenen Feuer nur kurze Zeit standgehalten, für Patienten und Personal sei „Gefahr im Verzug“ gewesen.

Alle Operationen sowie Nachbehandlungen finden künftig ausschließlich in diesen drei Kliniken statt, durchgeführt werden sie teilweise vom Personal des Lorenz Böhler (Confraternität und Meidling), teilweise von jenem der Spitäler selbst (AKH, hier werden die Operationen von AKH-Personal durchgeführt, den Betrieb der Normal- und Intensivstationen übernehmen Böhler-Mitarbeiter). Und zwar so lang, bis auf dem Areal des Lorenz Böhler (da, wo sich derzeit ein Parkdeck befindet) ein Container-Spital errichtet wird, in welches das Personal zurückkehren und dort seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Anfang 2025 werde es so weit sein, derzeit ist das Vergabeverfahren im Gange.

In den Containern sollen dann in den kommenden Jahren (das Konzept sieht die Fertigstellung in sieben Jahren vor) sämtliche bisher durchgeführten Leistungen des Lorenz Böhler wieder angeboten werden, ehe nach der Fertigstellung des neuen Gebäudes (seitens der AUVA, also der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, ist von einem Gesundheitscampus mit Forschungsmöglichkeiten die Rede) das Personal seine Arbeit wieder dort aufnimmt.

Protest und Streikdrohung

Hier kommen die besagten Aufrufe an die Bevölkerung ins Spiel. Um diese langfristige Strategie, die sich die Belegschaft des Lorenz Böhler nach einem wochenlangen Streit mit der AUVA-Führung inklusive Protestkundgebungen und Streikdrohung erkämpft hat, nicht zu gefährden, darf das Böhler nicht „vergessen“ werden. So drückt es einer der Ärzte gegenüber der „Presse“ aus. Denn seit der Umsiedlung des Spitals in die drei erwähnten Krankenhäuser hat der Betrieb im Böhler stark nachgelassen, Patienten suchen die Ambulanz nur vereinzelt auf.

Die einen, weil viele denken, das Spital sei gänzlich geschlossen. Die anderen, weil sie wissen, dass dort nur ambulante Leistungen erbracht werden, also im Wesentlichen „nur“ Abklärungen. Ernsthaft verletzte Patienten werden ohnehin in das Traumazentrum Meidling (in dem eine eigene „Station Lorenz Böhler“ mit 34 Betten eingerichtet wurde, eine Ausweitung auf 50 ist geplant) oder ins AKH weitervermittelt. Daher ist es nicht überraschend, dass Patienten direkt in eines dieser Spitäler gehen, um bei Bedarf dort auch gleich aufgenommen und behandelt zu werden.

Sollte dieser Trend anhalten, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die AUVA-Führung die Frage in den Raum stellt, warum dort ambulante Leistungen weiterhin angeboten und somit personelle Ressourcen vergeudet werden sollen. Daher setzt das Personal derzeit alles daran, dass die Bevölkerung die verbliebenen Leistungen, also eine Untersuchung bzw. Behandlung von verletzten Personen, die von sich aus kommen, weiterhin in Anspruch nimmt. Von der Rettung wird das Lorenz Böhler logischerweise nicht mehr angefahren.

AUVA-Generaldirektor Alexander Bernart zufolge hat die Übersiedlung im Übrigen gut funktioniert. Ob man in den vergangenen Wochen etwas anders machen hätte können, werde geprüft. „Natürlich werden wir das aufarbeiten“, sagt er. Dass die Belastungen vor allem für Mitarbeiter hoch waren, sei unbestritten. „Es war eine extrem anstrengende Zeit.“

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