Ukraine-Krieg

Umstrittene Mobilmachungsregeln: Ukraine kann mehr Soldaten einberufen

Ein ukrainischer Soldat bei einem Training mit der französischen Armee.
Ein ukrainischer Soldat bei einem Training mit der französischen Armee.APA / AFP / Wojtek Radwanski
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Das Parlament in Kiew billigt angesichts eines massiven Zusatzbedarfs an Soldaten ein entsprechendes Gesetz. Die russischen Streitkräfte verüben massive Raketenangriffe auf ukrainische Energieanlagen. Ein Kraftwerk nahe Kiew ist komplett zerstört.

Das ukrainische Parlament hat einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Mobilisierung der Streitkräfte verabschiedet. „Der Gesetzentwurf zur Mobilisierung wurde als Ganzes angenommen“, erklärte der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak am Donnerstag im Online-Dienst Telegram. 283 der 450 Abgeordneten hätten dafür gestimmt, fügte er hinzu. Das Gesetz erhöht unter anderem die Strafen für Kriegsdienstverweigerer.

In letzter Minute gestrichen wurde ein Passus, der eine Entlassung von Soldaten aus der Armee vorsah, die 36 Monate gedient haben. Die Streichung sorgte bei vielen Soldaten, die seit mehr als zwei Jahren an der Front kämpfen, und deren Angehörigen für Unmut. Das Gesetz soll zudem eine leichtere Einberufungsprozedur ermöglichen, indem ein digitales System eingeführt wird. Vor Inkrafttreten muss das Gesetz noch von Präsident Wolodymyr Selenskij unterzeichnet werden.

Bereits vergangene Woche hatte der ukrainische Präsident nach langem Zögern zugestimmt, dass Reservisten bereits ab einem Alter von 25 Jahren eingezogen werden können. Nach mehr als zwei Jahren Krieg verzeichnet das ukrainische Militär massive Verluste. Die Ukraine hat Schwierigkeiten, zusätzliche Soldaten zu rekrutieren.

Vier Tote nach Angriff auf Mykolajiw

Russland hat in der Nacht auf Donnerstag erneut massiv die ukrainische Energieversorgung attackiert. Dabei wurden Umspannwerke und Stromanlagen in fünf Regionen beschädigt, wie die Behörden am Vormittag mitteilten. Die Agentur berief sich auf einen hochrangigen Vertreter des Betreiberunternehmens. Insgesamt habe Russland mit 82 Raketen und Drohnen angegriffen, erklärte das Militär.

Bei einem russischen Raketenangriff auf die südukrainische Stadt Mykolajiw sind nach Angaben der Behörden vier Menschen getötet wurden. Fünf weitere Menschen seien verletzt worden. Privathäuser, Autos und Industrieanlagen seien beschädigt worden. Russland habe seine Luftangriffe nach den nächtlichen Attacken auch am Tag fortgesetzt, teilte das ukrainische Militärkommando Süd auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Nahe der Hauptstadt Kiew sei das Wärmekraftwerk Trypilska getroffen und vollständig zerstört worden, meldete die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine.

Selenskij fordert mehr Hilfe vom Westen

Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte angesichts der anhaltenden Angriffe sowie schrumpfender Bestände an Luftabwehrausrüstung und Artillerie erneut mehr Hilfe vom Westen. „Wir brauchen Luftabwehr und andere Verteidigungsmittel, keine Augenwischerei und keine langen Diskussionen“, sagte er. Vor allem die wichtige US-Militärhilfe hat wegen einer Blockade durch die Republikaner im Kongress stark nachgelassen.

200.000 Menschen ohne Strom

Der Netzbetreiber UkrEnergo teilte mit, dass Umspannwerke und Anlagen zur Stromerzeugung in den Regionen Odessa, Charkiw, Saporischschja, Lwiw und Kiew beschädigt worden seien. In der Stadt Charkiw, die nur 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt liegt, schlugen den Behörden zufolge mindestens zehn Raketen ein. Auch die umliegende gleichnamige Region, in der es wegen der russischen Angriffe schon seit längerem zu Stromausfällen kommt, wurde von Raketen und Granaten getroffen. 200.000 Menschen habe deswegen nun der Strom abgeschaltet werden müssen, so Selenskyj-Berater Olexij Kuleba.

Der größte private ukrainische Stromversorger DTEK erklärte, Russland habe zwei seiner Kraftwerke angegriffen und dabei weitere schwere Schäden verursacht. Das Energieunternehmen war erst im vergangenen Monat von den schwersten russischen Luftangriffen seit Beginn der Invasion im Februar 2022 getroffen worden. Dabei waren rund 80 Prozent der verfügbaren Betriebskapazität zerstört worden. Der staatliche Öl- und Gaskonzern Naftogaz berichtete auf dem Kurznachrichtendienst Telegram von nächtlichen Angriffen auf zwei unterirdische Gasspeicher. Die Speicheranlagen seien aber weiterhin in Betrieb. Seit März hat Russland seine Luftangriffe auf das ukrainische Energiesystem wieder erheblich verstärkt. (APA/Reuters)

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