Die Tories haben eine Affinität zu Sexaffären, die im Klandestinen blühen. Jetzt kam heraus, dass auch der Lieblingspremier der Queen eine Affäre mit seiner Vize-Pressesprecherin hatte - die fünf Jahrzehnte geheim blieb.
Nicht erst seit der Christine-Keeler-Affäre, die Verteidigungsminister John Profumo 1963 Kopf und Kragen kostete, haben die Tories eine fatale Affinität zu Sexaffären. Gerade trat der Abgeordnete William Wragg, Vizechef des erzkonservativen Hinterbänkler-Komitees von 1922, aus der Partei aus. Über eine Dating-Plattform für Homosexuelle hatte er sich erpressbar gemacht und Kontaktadressen von Politikern und Journalisten preisgegeben.
Peinlich, das alles – und typisch britisch, ist man versucht zu sagen. „No Sex, We’re British“, so hieß ein Erfolgsstück am Londoner West End in den 1970er-Jahren, das wegen Banalität am Broadway in New York durchfiel. Nicht, dass die Briten keinen Sex hätten – er blüht vielmehr im Klandestinen und in den Reihen der Labour Party. Denn just zur selben Zeit unterhielt Harold Wilson, Premier und Labour-Chef, eine Affäre mit seiner Vize-Pressesprecherin.
Wenn das die Queen gewusst hätte, da doch Wilson als ihr Lieblingspremier galt. Womöglich wusste sie aber ohnehin Bescheid – und hüllte sich in vornehmes Schweigen. Dass die Londoner Gazetten, wie nun die „Daily Mail“ – das Leib-und-Magen-Blatt der Tories –, Wilsons Seitensprung nicht eher aufgedeckt haben, spricht für die Diskretion der Eingeweihten. Nicht auszudenken, wäre all das in der Boris-Johnson-Ära passiert.
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