Film

„What a Feeling“ mit Caroline Peters und Proschat Madani: Für’s Coming-Out ist’s nie zu spät

Keine typische Coming-Out-Geschichte – mit Proschat Madani und Caroline Peters.
Keine typische Coming-Out-Geschichte – mit Proschat Madani und Caroline Peters.Petro Domenigg
  • Drucken

Die Komödie „What A Feeling“ erzählt von zwei Frauen um die fünfzig, die sich ineinander verlieben. Wie sollen sie das nur ihrem Umfeld erklären?

Da steht sie vor dem Glitzervorhang in der Pussycat Bar und heizt die Menge an: „Ich brauch mich nicht zu verstecken, habe nichts zu verdecken, manche wollen es nicht checken, also muss ich drüber rappen!“ Fariba, genannt Fa (gespielt von Proschat Madani), ist die zwanglose Lässigkeit in Person – was sich auch darin zeigt, dass sie sich über die durchaus disputable Coolness einer schunkelnden 50-jährigen Rapperin keinerlei Gedanken zu machen scheint. Also klatscht sie in die Hände, spricht ihre Rhymes zum Playback-Beat und predigt ihre Botschaft der Selbstakzeptanz: „Ich bin, wer ich bin“. Das Publikum hängt an ihren Lippen. Auch Marie Theres (Caroline Peters), die in die Lesbenbar unvermittelt reingestolpert ist und seither ihre Augen nicht von Fa lassen kann. Dass auch diese damit hadern könnte, komplett zu sich selbst zu stehen, wird ihr erst bewusst werden.

Von queeren Romanzen erzählen viele Filme, von jugendlichen Coming-out-Prozessen (oder unter jungen Erwachsenen) ebenso. Zwei Frauen um die fünfzig, die sich ineinander verlieben – und damit ringen, ob und wie sie das ihrem Umfeld verständlich machen sollen –, sind dagegen ein seltener Filmstoff. In „What A Feeling“ erzählt die Wiener Regisseurin Kat Rohrer genau das, und fügt dem Genre der Midlifecrisis-Komödie eine wenig gezeigte Perspektive hinzu: In ihrem nicht gerade von Witz, aber von einer heiteren Leichtigkeit getragenen Film erkunden zwei Frauen, ob es mehr Glück gibt, als ihr bisheriger Lebensentwurf für sie bereit hielt, und wie viel Mut sie aufbringen können, um aus diesem auszubrechen.

Caroline Peters spielt, mit dem ihr typischen mimischen Überschwang, eine Figur, die sie in vielen Filmen perfektioniert hat, von „Der Vorname“ bis „Womit haben wir das verdient?“: Wieder ist sie eine gutbürgerliche, neurotische, großschnäuzige Ärztin und Familienmanagerin, die sich nach ein bisschen Seligkeit sehnt, am Status Quo aber gar nicht rütteln will. Nur hat sie keine Wahl: Ihr Ehemann nutzt den 20. Hochzeitstag zur Trennung. Nachdem er bei einem Seminar nackt waldbaden war, sehnt er sich nach mehr „Leidenschaft“. Im Rausch der Entrüstung (und des Weißweins) torkelt Marie Theres in die Pussycat-Bar, wo sie – nach einer denkwürdigen Tanzeinlage zu Irene Caras „What a Feeling“ – von Fa heimgebracht wird.

Kein „schmutziges Geheimnis“ sein

Diese, eine abgeklärte Tischlerin, die Blaumann über dem Tanktop trägt und homophoben Pöblern mit entsprechend derben wienerischen Flüchen kontert, gilt in der lesbischen Szene als promiskuitive Playerin (schon in der Einstiegsszene demonstriert sie ihre Fertigkeiten unter der Bettdecke einer „Kundin“). Tiefere Beziehungen geht sie nicht ein – denn dann müsste sie ja irgendwann auch vor ihrer persischen Mutter zu ihrer sexuellen Orientierung stehen …

Ganz so weit weg voneinander stehen die beiden also nicht, als sie zaghafte Schritte aufeinander zu machen. Und wenn Fa schimpft, sie wolle nicht das „schmutzige Geheimnis“ ihrer Liebhaberin sein, dann gilt das umgekehrt genauso. Regisseurin Rohrer (ihre Mutter, „Presse“-Kolumnistin Anneliese Rohrer, kann man im Film kurz erspähen) scheint darauf bedacht, kulturelle und soziale Unterschiede zu zeigen, ohne die Perspektiven gegeneinander auszuspielen: Marie Theres leidet unter ihren Fremdheitsgefühlen als „Piefke“ in Wien und unter ihren sogenannten Freundinnen, die beim Moorbad über gleichgeschlechtliche Fantasien herziehen („Ach Resi! Als ob du jemals etwas so Verrücktes machen würdest!“), genauso wie Fa darunter, dass sie sich zwischen zwei Kulturen gespalten fühlt.

Ihre Familiengeschichte ist aus Proschat Madanis eigener Biografie entlehnt, auch sie kam als Kleinkind mit mehreren Geschwistern und einer alleinerziehenden Mutter nach Wien. Um Authentizität ist „What a Feeling“ also bemüht – im Weg stehen zuweilen platte Dialoge und allzu abgedroschene Motive (als ob irgendjemand in Wien tatsächlich je „a Eitrige und an Bugl“ bestellen würde). Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt hier eine Romanze mit komplexen Untertönen serviert. Ab Freitag im Kino.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.