Jugendkriminalität

ÖVP will Strafmündigkeit auf zwölf Jahre senken

Symbolbild: Eine Bachstelze vor der Haftanstalt
Symbolbild: Eine Bachstelze vor der Haftanstalt (c) imago
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Innenminister Karner will Eltern deutlich stärker zur Verantwortung ziehen und eine „polizeiliche Regelbelehrungen“ sowie „sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen für minderjährige Mehrfachtäter“ einführen.

Die ÖVP will das Alter für die Strafmündigkeit „bei schweren Gewaltdelikten“ und für Intensivtäter von 14 auf zwölf Jahre senken. Das verkündeten Innenminister Gerhard Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) am Freitag bei der Pressekonferenz in Wien. Außerdem sollen minderjährige Straftäter egal welchen Alters mit ihren Eltern zu verpflichtenden „polizeilichen Regelbelehrungen“ und minderjährige Intensivtäter zu Fallkonferenzen geladen werden.

Vor dem Hintergrund eines Missbrauchsfalls um eine Zwölfjährige, die über Monate von 18 teils strafunmündigen Burschen missbraucht wurde, wurde ein Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Jugendkriminalität vorgelegt. Dieser „grausame Fall“ habe gezeigt, „dass wir im System etwas ändern müssen“, betonte Karner. Es gehe nicht darum, „Kinder ins Gefängnis zu bekommen“, hielt Edtstadler fest, aber es seien durchsetzbare Konsequenzen im Fall schwerer Straftaten nötig. Dazu wurden insgesamt drei geplante Maßnahmen vorgestellt.

Einführung von „polizeilicher Regelbelehrung“

Neben der Absenkung der Strafmündigkeit sollen im Rahmen einer neu einzuführenden „polizeilichen Regelbelehrung“ auch Eltern „deutlich stärker zur Verantwortung gezogen werden“, wie der Innenminister ausführte: Kinder und Jugendliche werden nach bestimmten Straftaten verpflichtend und in Begleitung der Eltern von der Polizei vorgeladen. „Das gibt es so noch nicht“, sagte Karner. Ziel sei die Aufklärung über Folgen und Konsequenzen der Tat. Die Teilnahme sei verpflichtend vorgesehen und Verstöße sollen mit Sanktionen belegt werden können, etwa „Geldstrafen für Eltern, die nicht teilnehmen“.

Weiters sollen sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen etwa bei schwerwiegenden Gewaltdelikten und für „minderjährige Mehrfachtäter“ eingeführt werden. Hier gehe es um besonders schwere Taten wie Vergewaltigung oder bewaffneten Raub und „Intensivtäter“, so Karner. Diese Maßnahme gibt es bereits bei Gewalttaten, aber „wir wollen da jetzt auch junge Straftäter mitnehmen“, betonte der Innenminister. Wie für die „polizeiliche Regelbelehrung“ sei auch hier eine Anpassung des Sicherheitspolizeigesetzes notwendig. Für beide Maßnahmen werde im Innenministerium nun an der Umsetzung gearbeitet.

Zur Senkung des Strafmündigkeitsalters bei schweren Delikten, wie schwerer Gewalt und Mord, Vergewaltigung, bewaffnetem Raub, will die ÖVP laut Karner die „Gespräche mit dem Justizministerium intensivieren“. Dessen Ressortchefin Alma Zadić (Grüne) hatte sich zuletzt bereits ablehnend gezeigt. Er sei „unverbesserlicher Optimist und daher bin ich überzeugt, dass sich am Ende das Richtige und das Vernünftige auch durchsetzen wird“, sagte der Innenminister. „Expertinnen und Experten sagen uns, dass sich die Dinge verändert haben“, erläuterte Edtstadler. Der Psychiater Reinhard Haller habe jüngst in den „Vorarlberger Nachrichten“ betont, durch die früher auftretende körperliche und psychische Entwicklung erfolge „der Eintritt in die Pubertät, die erste Risikophase für kriminelles Verhalten, gut zwei Jahre früher als zur Zeit, in der die aktuelle Strafmündigkeitsgrenze festgelegt wurde“, zitierte die Verfassungsministerin. Der Staat müsse seine Verantwortung wahrnehmen, „hier auch einzugreifen“, folgerte Edtstadler.

FPÖ: „Langjährige freiheitliche Forderung“

Die interministerielle Arbeitsgruppe habe ihre ersten Empfehlungen mit dem Ziel erarbeitet, „Kinder zu schützen, Jugendliche zu erziehen und Gewalttäter zu bestrafen“, sagte der Innenminister. „Es gibt keine Einzelmaßnahme, die alles verändert“, betonte er. Vielmehr seien viele Dinge nötig, und es könne nicht nur um Freiwilligkeit und unterstützende Angebote gehen, sondern auch um durchsetzbare Konsequenzen und Sanktionen. Die neu gegründete Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, die vor einem Monat ihre Arbeit aufgenommen hat, habe bisher 366 Anzeigen erstellt, davon 259 gegen Minderjährige, und 13 Festnahmen durchgeführt, davon neun gegen Minderjährige, berichtete Karner.

Geplant sind weiters ambulante und stationäre Orientierungshilfen für unmündige Straftäter nach dem Vorbild der Bewährungshilfe sowie eine gesetzliche Pflicht zum Aufenthalt in Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger unter Berücksichtigung des Schutzes der persönlichen Freiheit, wurde erläutert. Anlaufstellen und Hilfsangebote sowie bestehende Maßnahmen zur Integration sollen ausgebaut werden.

„Erst im März hatte die ÖVP die Möglichkeit gehabt, mit ihrer Zustimmung zu den freiheitlichen Anträgen eine Senkung der Strafmündigkeit umzusetzen, mit dem Ergebnis, dass die Abgeordneten der ÖVP zweimal dagegen gestimmt haben“, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung. Die Idee sei eine langjährige freiheitliche Forderung. Ablehnung kam von der Bundesjugendvertretung: „Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre ist eine Verletzung der Kinderrechte. Statt härteren Strafen braucht es eine Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe und einen Ausbau der Jugendarbeit, damit Kinder erst gar nicht in den Konflikt mit dem Gesetz kommen“, hieß es in einem Statement. (APA.)

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