Theaterprogramm

Charmeoffensive am Burgtheater: Bachmann will es spielerisch angehen

Stefan Bachmann bei der Programmpräsentation im Burgtheater.
Stefan Bachmann bei der Programmpräsentation im Burgtheater.APA / APA / Helmut Fohringer
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Der neue Direktor Stefan Bachmann stellte sein erstes Programm vor – und gab sich betont bescheiden. Er bringt einiges aus Köln mit, aber auch viele Neuinszenierungen, etwa „Hamlet“ und „Tartuffe“.

„Burg“ las man in großen Lettern, in klarem Schriftbild, das sich wohltuend von den schwer lesbaren Lettern der letzten Theatersaisonen unterschied. „Es heißt tatsächlich wieder ,Burg‘, und das ist nicht ganz zufällig“, bekräftigte der neue Direktor Stefan Bachmann. Wer seinen Vorgänger, Martin Kušej, erlebt hat, weiß, was Bachmann meinte: Jener pflegte zu betonen, wie sehr er die wienerische Kurzform „Burg“ hasst. Von Kušejs angriffiger, zwischen brachial und beleidigt oszillierender Art grenzt sich der geborene Zürcher Bachmann schon äußerlich ab: Seine erste Programmvorstellung – in Doppelconférence mit dem neuen Chefdramaturgen Thomas Jonigk, den er von Schauspiel Köln mitgebracht hat – war ruhig, charmant, bisweilen mit leichter Selbstironie gewürzt. Fast wienerisch, könnte man sagen.

Und bemerkenswert bescheiden. „Wir wären versnobt, würden wir nicht sagen, dass dieses Haus auskömmlich finanziert ist“: Wer kann sich an einen früheren Burgtheaterdirektor erinnern, der das zugegeben hätte? Das Wort „Burg“ stehe für die „altehrwürdige Institution und die große Tradition“, erklärte Bachmann, aber auch dafür, dass diese Burg zu öffnen sei: für Vielfalt. „Ich sage bewusst Vielfalt, nicht Diversität. Die ist nur ein Teil der Vielfalt.“ Motto für die Spielzeit habe er keines: „Wir wollen es spielerisch angehen.“

Die Ablöse Kusejs durch Bachmann war erst Ende 2022 beschlossen worden. So habe man „nicht so wahnsinnig viel Zeit“ für den Spielplan gehabt, erklärte der neue Direktor. Nicht nur deshalb findet sich in seinem ersten Spielplan einiges, was er aus Köln mitgenommen hat. „Johann Holtrop“ etwa, nach einem Roman von Rainald Goetz über einen machiavellistischen Macher, den man in Österreich, so Bachmann, durchaus mit René Benko assoziieren dürfe. Es spielt ein rein weibliches Ensemble.

Bachmann-Inszenierungen aus Köln sind auch Molières „Der Eingebildete Kranke“ und „Akins Traum“, ein Stück des Deutschen Akin Emanuel Şipal über das Osmanische Reich, das türkisch übertitelt wird. Übernommen wird auch Shakespeares „King Lear“ in der Regie von Rafael Sanchez.

Reinsperger als Liliom und Sisi

Im Ensemble, dessen Größe mit 71 statt 70 Personen ungefähr gleich geblieben ist, finden sich einige namhafte Rückkehrer. Stefanie Reinsperger etwa. Sie spielt zwei ziemlich unterschiedliche Rollen: jeweils die Hauptfiguren in Molnárs „Liliom“ in der Regie von Philipp Stölzl und in „Elisabeth!“, einem neuen Stück, mit dem Mareike Fallwickl – deren Roman „Die Wut, die bleibt“ 2023 bei den Salzburger Festspielen dramatisiert wurde – den Sisi-Mythos feministisch bearbeitet. Caroline Peters spielt in „Egal“ und „Ellen Babić“ von Marius von Mayenburg. Wieder im Ensemble ist auch Max Simonischek, als Gäste kommen Jens Harzer, Martin Wuttke (in „Gefährliche Liebschaften“ unter Regie von Jan Bosse) und Joachim Meyerhoff: Er spielt in „Der Fall McNeal“ von Ayad Akhtar die Rolle, die bei der New Yorker Uraufführung von Tom Hanks gespielt wurde.

Die Saison 2024/25 beginnt im Burgtheater mit „Hamlet“ in der Inszenierung von Karin Henkel. Nils Strunk inszeniert die „Schachnovelle“ von Stefan Zweig als musikalischen Abend, Ersan Mondtag – derzeit als Gestalter des deutschen Pavillons bei der Biennale in Venedig präsent – „Toto“ nach einem Roman von Sibylle Berg, Barbara Frey „Tartuffe“ von Molière (mit Bibiana Beglau als Betrüger), Antú Romero Nunes „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Brecht, Mateja Koležnik den „Revisor“ von Gogol. Die Musicbanda Franui wagt sich nach einer Anregung von Nicholas Ofczarek an „Holzfällen“ von Thomas Bernhard.

Gegen Ende der Saison wird es selbstreferenziell am Burgtheater: Festwochen-Intendant Milo Rau inszeniert „Burgtheater“ von Elfriede Jelinek, das Stück über Paula Wessely, Paul und Attila Hörbiger in der NS-Zeit, das von der Autorin lange für Bühnen gesperrt war. Rau werde wohl weniger die Abrechnung mit der Hörbiger-Familie fokussieren als allgemein das Verhalten von Künstlern in Diktaturen, meinte Bachmann.

Musikprogramm: Samir H. Köck

Ein spezielles Musikprogramm wird Samir H. Köck kuratieren, der auch als DJ und Herausgeber von CD-Kollektionen bewährte Pop- und Jazzkritiker der „Presse“. Eine neue theaterpädagogische Abteilung soll die Zusammenarbeit mit Lehrern und Theatergruppen an Schulen pflegen. Die Inszenierungen der Ära Kušej bleiben großteils auf dem Spielplan, Bachmann spricht von einem „smoothen Übergang“. Das Kasino hat geschlossen, es wird renoviert, Bachmann erwartet sich einen „freieren Raum“, vielleicht eine drehbare Tribüne. Das Akademietheater sollte im September spielbereit sein, die Renovierung habe bequemeres Sitzen ermöglicht, hieß es. Passt gut zur Charme-Offensive zu Beginn der Ära Bachmann.

Premieren im Burgtheater

„Hamlet“ von Shakespeare (Regie: Karin Henkel), 5. 9.
„Johann Holtrop“ nach dem Roman von Ronald Goetz (R: Stefan Bachmann), 7. 9.
„Holzfällen“ nach dem Roman von Thomas Bernhard (R: Musicbanda Franui), 12. 9.
„Schachnovelle“ von Stefan Zweig (R: Niels Strunk), 29. 9.
„Toto“ von Sibylle Berg (R: Ersan Mondtag), 24. 10.
„König Lear“ von Shakespeare (R: Rafael Sanchez), 10. 11.
„Liliom“ von Molnár (R: Philipp Stölzl), 6. 12.
„Akins Traum“ von Akin Emanuel Sipal (R: Bachmann), 15. 12.
„Tartuffe“ von Molière (R: Barbara Frey), 26. 1.
„Der Fall McNeal“ von Ayad Akhtar (R: Jan Bosse), 1. 3. 2025
„Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Brecht (R: Antú Romero Nunes), 29. 3.
„Elisabeth!“ von Mareike Fallwickl (R: Fritzi Wartenberg), 11. 4.
„Gefährliche Liebschaften“ (R: Jan Bosse), 19. 4.
„Burgtheater“ von Elfriede Jelinek (R: Milo Rau), 18. 5.

Premieren im Akademietheater

„Orlando“ nach dem Roman von Virginia Woolf (R: Therese Willstedt), 8. 9.
„Der eingebildete Kranke“ von Molière (R: Bachmann), 13. 9.
„Das große Heft / Der Beweis / Die dritte Lüge“ nach den Romanen von Ágota Kristóf (R: Mina Salehpour), 14. 9.
Stefko Hanushevsky erzählt: Der große Diktator“ (R: Rafael Sanchez), 5. 10.
„Manhattan Project“ von Stefano Massini (R: Bachmann), 7. 11.
„Der Revisor“ von Gogol (R: Mateja Koležnik), 14. 12.
„Egal“/ „Ellen Babić“ von Marius von Mayenburg (R: Thomas Jonigk), 15. 2.
„Alles ist erleuchtet“ nach dem Roman von Jonathan Safran Foer (R: Mina Salehpour), 20. 3.
„Die Wurzel aus Sein“ von Wajdi Mouawad (R: Bachmann), 10. 4.
„Die Vegetarierin“ nach dem Roman von Ha Kang (R: Marie Schleef), 9. 5.

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