Song Contest

Unpolitische Aufwärmrunde: So war der Song-Contest-Dienstag

Raiven war für Slowenien am Start. Und schaffte es ein wenig überraschend ins Finale.
Raiven war für Slowenien am Start. Und schaffte es ein wenig überraschend ins Finale.Reuters / Jessica Gow
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Kein Israel, kein Österreich. Dafür ganz viel Lasagne-Liebe, Hexen mit Zahnproblemen, Elbinnen in Ganzkörperstrumpfhosen sowie Windows95-Männer, die ihre Hosen suchen. Und Johnny Logan covert Loreen. In anderen Worten: ein ganz normaler Song-Contest-Dienstag.

Alles so wie immer. Selbst das Motto hat man diesmal gleich gelassen: „United by Music“. Und am Dienstag mag das beim ersten Halbfinale des Eurovision Song Contests in der schwedischen Stadt Malmö sogar noch so gewesen sein. Mit Blick auf Israel, das erst am Donnerstag im anderen Halbfinale an der Reihe ist, wird die Sache mit dem „vereint sein“ vielleicht schon eher auf die Probe gestellt.

Aber am Dienstag ist alles wie gewohnt. „Petra, Petra“-Rufe gellen durch die Malmö-Arena. Selbst die Moderatorin scheint vertraut, es ist Petra Mede. Sie moderiert schon zum dritten Mal binnen zwölf Jahren. Sie ist ein wahrer Fan-Liebling. Co-Moderatorin, die Schauspielerin Malin Åkerman muss sich erst die Liebe der Fans erarbeiten – und ein wenige Lockerheit gewinnen.

Minimale Regeländerungen

Das Prozedere des Song Contests hat sich in den letzten Jahren nur scheibchenweise verändert. Auch das lässt so etwas wie Normalitätsfeeling aufkommen, eine aufregerfreie Aufwärmrunde sozusagen. Langweilig könnte man auch sagen. Nicht einmal mitvoten kann man in Österreich im ersten Halbfinale, denn auch die vom ORF ausgewählte Kaleen harrt noch der Dinge in Malmö - bzw. probt sie fleißig an der Performance von „We Will Rave“.

Wirklich alles wie immer? Ein paar Änderungen hat es in den letzten Jahren schon gegeben – und gibt es auch heuer: Per Televoting (keine Jurys in den Halbfinali seit dem Vorjahr) entscheidet das Publikum allein über den Aufstieg von zehn (von 15) Nationen. Und vor allem: die „Big Five“ mit Fixplatz im Finale bzw. das Titelverteidigerland (Schweden) dürfen heuer erstmals in den Halbfinali live auftreten. Einerseits um Routine zu sammeln, andererseits um auch im Rennen um Sympathien und Aufmerksamkeit die gleichen Chancen zu haben, wie die anderen Halbfinalisten.

Nur ja nicht nichts machen

So gab es am Dienstag genug Zeit, sich der Musik zu widmen, der Performance, der Stimme, dem Lied. Beim großen Co-Favoriten des heurigen Events etwa: Baby Lasagna aus Kroatien. Was für eine Show. Harter Stimmeinsatz, ein dadaistischer Refrain-Text, wiedererkennbare Gitarren-Riffs, ein Teil zum Mitgröhlen und ein sympathischer Frontmann – optisch einprägsam mit Botschaft noch dazu. Die Favoritenrolle ist ihm erhalten geblieben. In Zagreb ist Medienberichten zufolge schon der Mai 2025 in einer großen Eventhalle terminlich blockiert worden. Sicher ist sicher. Der zweite Topfavorit auf den ESC-Sieg heißt Nemo und wird am Donnerstag für die Schweiz ins Rennen gehen.

Auch die anderen Beiträge, denen im Finale Top-Ten-Plätze zugetraut werden, enttäuschten nicht. Die Ukraine bringt einmal mehr mit dem Duo Jerry Heil und Alyona Alyona eine spannende Mischung aus Rap und Folklore-Pop („Teresa & Maria“) auf die Bühne - noch dazu optisch dank Videowall und -Boden imposant aufbereitet. Doch das Lied selbst, es will nicht so recht zünden, vor allem wenn Sängerin Jerry Heil in der Emotion in den höheren Tönen klassischeren Zuschnitts etwas übers Ziel hinausschießt.

Der beliebte schmale Grat zwischen Musik, Unterhaltung und Trash

Oder auch Litauen (Silvester Belt mit „Luktelk“). Cooler Beat, simpel, aber effektiv – im Sinne von: möchte man noch einmal hören. Für Abwechslung auf dem TV-Bildschirm sorgten Irland (gruselig, optisch beeindruckend), Slowenien (ähnlich bizarr, aber eher Elbin statt Hexe) vor allem in der Kategorie Show - oder Finnland: Windows95man suchte drei Minuten lang scheinbar untenrum unbekleidet seine kurze Jeansshort zu einem Neunziger-Jahre-Trashlied („No Rules“). Alle vier Länder stehen im Finale. Die inoffizielle Kategorie Haare und Choreografie gewinnt die erst 17-jährige Silia Kapsis aus Zypern mit „Liar“. Einen ähnlichen Latin-Beat bringt heuer Luxemburg (Tali mit „Fighter“) auf die Bühne, dick bezopft und choreografisch noch mit Potenzial – es reicht beim ersten Song-Contest-Auftritt seit 31 Jahren wieder fürs Finale.

Einfach nur Singen? Gibt‘s fast nicht. Da überzeugte Portugal noch am ehesten. Iolanda sang „Grito“ mit wunderschöner, sicherer und vor allem ausdrucksstarker Stimme mit akzentuiertem Staging und hat da vor Serbien (Teya Dora mit „Ramonda“) leicht die Nase vorne. Auch diese beiden Nationen dürfen im Finale noch einmal ihre Lieder präsentieren.

Warum so pessimistisch, Deutschland?

Eine erste Vorschau gab es am Dienstag auch auf den viel diskutierten deutschen Beitrag. Warum Isaaks „Always on the run“ gar so schlechtgeschrieben wird, fragt man sich. Eigentlich hat Deutschland da ein radiotaugliches Lied bei der Hand mit einem authentischen Künstler, der noch dazu wirklich gut singt. Vielleicht reißt ihn der gute Semifinalauftritt bei den Wettquoten doch noch ein wenig raus. Vielleicht hilft ihm der Semifinalauftritt auch, den Druck aus der Performance zu nehmen. Vielleicht.

Über eines werden Song-Contest-Fans – neben dem Auftritt von Baby Lasagna – sicher noch länger reden: Johnny Logan, irische ESC-Legende mit zwei Siegen als Sänger und einem als Songwriter, performte „Europhoria“, das ikonische Siegerlied von Loreen aus dem Jahr 2012. - in einer Orchesterversion. Das kann man dem in einer Woche 70 Jahre alt werdenden Sänger durchaus als Zeichen von Bescheidenheit anrechnen, nicht auf einen eigenen Titel bestanden zu haben. Die gesanglichen Missgeschicke seien der Legende verziehen.

Ins Finale aufgstiegen:

Zypern: Silia Kapsis mit „Liar“

Serbien: Teya Dora mit„Ramonda“

Litauen: Silvester Belt mit „Luktelk“

Irland: Bambie Thugmit „Doomsday Blue“

Ukraine: Jerry Heil & Alyona Alyona mit „Teresa & Maria“

Kroatien: Baby Lasagna mit „Rim Tim Tagi Dim“

Slowenien: Raiven mit „Veronika“

Finnland: Windows95man mit „No Rules“

Portugal: Iolanda mit „Grito“

Luxemburg: Tali mit „Fighter“

Zweites Halbfinale am Donnerstag, 9. Mai

Startplatz 1: Malta – Sarah Bonnici mit „Loop“

Startplatz 2: Albanien – Besa Kokëdhima mit „Titan“

Startplatz 3: Griechenland Marina Satti mit „Zari“

Startplatz 4: Schweiz – Nemo mit The Code“

Startplatz 5: Tschechien – Aiko mit „Pedestal“

Startplatz 6: Österreich – Kaleen mit We Will Rave“

Startplatz 7: Dänemark – Saba mit „Sand“

Startplatz 8: Armenien – Ladaniva mit „Jako“

Startplatz 9: Lettland – Dons mit „Hollow“

Startplatz 10: San Marino – Megara mit „11:11“

Startplatz 11: Georgien – Nutsa Buzaladze mit Fire Fighter“

Startplatz 12: Belgien – Mustii mit „Before The Party‘s Over“

Startplatz 13: Estland – 5Miinust & Puuluup mit „(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi“

Startplatz 14: Israel – Eden Golan mit „Hurricane“

Startplatz 15: Norwegen – Gåte mit „Ulveham“

Startplatz 16 : Niederlande – Joost Klein mit „Europapa“

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