Kakao

Fairtrade-Chef: Schokolade vor deutlichem Preissprung

Die Rohstoffpreise für Kakao und Kaffee kletterten zuletzt in bisher ungekannte Höhen.
Die Rohstoffpreise für Kakao und Kaffee kletterten zuletzt in bisher ungekannte Höhen.Reuters/Francis Kokoroko
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Noch merken die Konsumenten die Preisexplosion auf den Rohstoffmärkten kaum. Bald werde es aber erhebliche Preiserhöhungen bei Schokolade geben, sagt Fairtrade-Chef Hartwig Kirner. Dafür sorgen auch neue EU-Regularien.

„Sehr viel Bauchweh“ habe er im vergangenen Jahr gehabt, sagt Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich. Und das, obwohl der Zertifizierer vergangenes Jahr ein Rekordergebnis erzielt hat: 663 Mio. Euro wurden 2023 mit Fairtrade-Produkten umgesetzt – zwölf Prozent mehr als im Vorjahr, wie aus dem Finanzbericht hervorgeht, der am Mittwoch präsentiert wird. 73  Euro geben die Österreicher pro Jahr für Produkte mit dem Siegel aus, weltweit zahlen nur die Schweizer mehr für Fairtrade-Produkte.

Dass sich die Geschäftszahlen trotz der Kaufzurückhaltung bei höherpreisigen Lebensmitteln positiv entwickelt haben, liegt vor allem am Kakao. Während der Absatz bei zertifiziertem Kaffee und Bananen zuletzt stagnierte, wurde im Vorjahr um 13,4 Prozent mehr Fairtrade-Schokolade als 2022 verkauft. Das liegt vor allem daran, dass große Handelsketten (Billa und Hofer) bei ihren Eigenmarken sukzessive auf Fairtrade-Schokolade umstellen.

Marktpreis weit über Fairtrade-Mindestpreis

Und trotzdem war 2023 „eines der schwierigsten Jahre überhaupt“, so Kirner. Schuld daran waren vor allem die zuletzt extrem volatilen Rohstoffmärkte, die den Kaffee-, vor allem aber den Kakaopreis im Frühjahr in „völlig absurde“ Höhen geführt haben. Kaffee kostete Mitte April 30 Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn, der Kakaopreis verdreifachte sich im selben Zeitraum gar.

Klimatisch bedingte Ernteausfälle, die sich durch das Wetterphänomen El Niño zusätzlich verstärkten, setzten den Kakaobauern in den Hauptanbauregionen in Westafrika zu. Dazu kommt ein Pilz, der sich auf den Plantagen ausbreitet und die Rentabilität alter Kakaobäume minimiert. Auch Spekulationen von Rohstoffhändlern hätten ihren Anteil an der ungeheuren Preisrallye, ist sich Kirner sicher.

Obwohl sich die explodierenden Preise auf den Märkten zuletzt etwas beruhigt haben, werde es für Endkonsumenten bald „erhebliche Preisanhebungen geben“, so Kirner. Viele Kakaoverarbeiter würden auf leeren Lagern sitzen, weil sie die Preisrallye durchtauchen wollten, sagt auch ­Katharina Koßdorff vom Fachverband Lebensmittelindustrie: „Die Hersteller müssen auf das wenige zurückgreifen, das auf dem Markt momentan verfügbar ist. Der Beschaffungsdruck ist gerade massiv.“

Dazu kommt die ab Jahresende geltende EU-Entwaldungsrichtlinie. Diese soll verhindern, dass für den Anbau von Kakao, Kaffee sowie Palmöl Wald gerodet wird. Hersteller müssen künftig nachweisen, dass die Produkte entlang der Lieferkette „entwaldungsfrei“ hergestellt wur­den – für die Unternehmen ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. „Die Optimierungsspielräume der Produzenten sind dann endgültig ausgeschöpft“, so Koßdorff. Schon sehr bald werde es zwangsläufig zu einer spürbaren Kostenüberwälzung auf die Supermärkte und in weiterer Folge auf die Konsumenten kommen. Die allermeisten Kakaobauern würden von den hohen Weltmarktpreisen aktuell nicht profitieren, betont Fairtrade-Chef Kirner.

Kakaoschmuggel legt zu

Vor allem in Westafrika, wo rund zwei Drittel des globalen Kakaos herkommen, wird ein erheblicher Teil der Ernte vorab über staatlich festgelegte Preise auf den Terminmärkten verkauft. Erst mit der Oktoberernte wird der staatliche Preis an den Weltmarktpreis angepasst. Bis dahin würden viele Kleinbauern versuchen, ihre Bohnen über Zwischenhändler an den von Fairtrade unterstützten Kooperativen vorbei aus dem Land zu schmuggeln. Dadurch verdienen sie bei den aktuellen Marktpreisen bis zu dreimal mehr als den Fairtrade-Mindestpreis. Dieser liegt bei 2400 US-Dollar pro Tonne Kakaobohnen.

Gerade in dieser volatilen Marktsituation sei die Fairtrade-Prämie aber besonders wichtig, sagt Kirner. Die Vorfinanzierung beschaffe den Kooperativen, an die die Kleinbauern ihre Bohnen abliefern, zumindest Planungssicherheit.

Auf einen Blick

Fairtrade Österreich erwirtschaf­tete 2023 ein geschätztes Umsatzplus von knapp zwölf Prozent –Umsatztreiber war Kakao, dessen Absatz auf österreichweit knapp 10.000 Tonnen stieg. Erstmals seit 30 Jahren wird Fairtrade dieses Jahr seine Lizenzgebühren anheben: um sechs Prozent.

Fairtrade Österreich wird als ­gemeinnütziger Verein geführt und ist Teil von Fairtrade International.

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