Stahlbau

Unger Stahl geht Joint Venture mit US-Bauriesen Bechtel ein

Unger Steel macht Joint Venture mit US-Baukonzern.
Unger Steel macht Joint Venture mit US-Baukonzern.Peroutka/WB
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Der Stahlbauer aus Oberwart im südlichen Burgenland rüstet gemeinsam mit dem US-Konzern LNG-Terminals, Halbleiterwerke und Bergbaubetriebe aus. Die gemeinsame Fabrik steht in Dubai und beschäftigt mittlerweile 1000 Mitarbeiter.

Wir fangen gerade erst an“, sagt Matthias Unger und blickt auf eine 72 Jahre alte Unternehmensgeschichte zurück. Denn was einst als kleine Schlosserei im südburgenländischen Oberwart begonnen hat, ist heute ein internationaler Player im Stahlbau. Am 10. April unterzeichnete das Familienunternehmen Unger Steel einen Vertrag mit dem US-amerikanischen Bauriesen Bech­tel. Das Joint Venture soll Unger in neue Sphären katapultieren, betont Firmenchef Unger im Gespräch mit der „Presse“. Konkret betrifft die Kooperation das Unger-Stahlwerk in Hamriyah bei Dubai. Dort produziert das Unternehmen Stahl für Industrieanlagen. Seit einigen Jahren arbeite man mit Bechtel beim Bau von LNG-Terminals zusammen, berichtet Unger. Die Kooperation begann lang vor dem Ukraine-Krieg, nahm aber mit der Energiekrise rasant an Fahrt auf. Binnen weniger Jahre hat sich die Belegschaft in Dubai auf 1000 Mitarbeiter verdreifacht.

Aktuell baut Bechtel zwei riesige Flüssiggas-Terminals in Texas am Golf von Mexiko. Unger liefert den Stahl dazu. „Pro Terminal benötigt man Stahl im Volumen von fünf Eiffeltürmen“, erzählt Unger. Somit fertigt sein Unternehmen also jährlich zehn Eiffeltürme. Die Kooperation mit Bechtel betrifft nur die Niederlassung in Dubai. Die Werke in Oberwart und Leipzig sind davon nicht tangiert und bleiben zu 100 Prozent im Familienbesitz. Auch an der Ungar Steel Fabrication in Dubai halten die Burgenländer weiterhin mit 51 Prozent die Mehrheit.

Diskreter US-Partner

Die Partnerschaft mit Bechtel stellt zweifelsohne einen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte dar. Bechtel hat knapp 90.000 Mitarbeiter, ist somit das zweitgrößte Bauunternehmen in den USA. Das Unternehmen war in den 1930er-Jahren maßgeblich am Bau des Hoover-Staudamms beteiligt. Es ist berühmt, hält sich allerdings in der Öffentlichkeit sehr bedeckt. Diskretion ist dem Familienunternehmen wichtig und hat in der Vergangenheit immer wieder für Spekulationen und Gerüchte gesorgt. Gute Kontakte habe die Familie nicht nur zu einer Reihe amerikanischer Präsidenten, sondern auch zur saudischen Königsfamilie gepflegt, berichteten US-Medien.

Für Unger Stahlbau ist der neue Partner auch ein Türöffner für den amerikanischen Markt. Dabei fokussiert sich Unger neben dem Bau von LNG-Terminals auch auf Halbleiterwerke und den Bergbau. Und welche Vorteile bietet die enge Zusammenarbeit für Bechtel? „Durch die Gründung dieses neuen Unternehmens und die vertikale Integration mit Unger Steel stellen wir sicher, dass wir Bechtel-Projekte auf der ganzen Welt pünktlich mit hochwertigem Stahl werden versorgen können“, betont Tarek Amine, Chief Supply Chain Officer von Bechtel, in einem schriftlichen Statement. Es geht also um die Absicherung der Lieferkette.

Genau aus diesem Grund ging Unger seinerzeit nach Dubai. „Es ging uns 2007 darum, einen Standort an einem Hafen zu haben, von dem man die ganze Welt beliefern kann“, sagt Matthias Unger. Immerhin erreiche man von Dubai aus binnen vier Flugstunden 60  Prozent der Weltbevölkerung. Der strategische Weitblick sorgte bereits vor 30 Jahren für den ersten Meilenstein in der Unternehmensgeschichte.

Bis in die 1990er-Jahre baute Unger Hallen für die Landwirtschaft. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wagte Josef Unger als einer der ersten österreichischen Unterneh­mer den Schritt in die ehemaligen „Ostblock“-Länder. „Wir waren das erste österreichische Industrieunternehmen in Ungarn und Rumänien“, erzählt sein Sohn Matthias Unger. In Ungarn errichtete man das erste Coca-Cola-Werk in Osteuropa und sorgte damit für internationale Aufmerksamkeit.

Mittlerweile ist das Unternehmen in knapp 20 Ländern tätig. 70 Prozent des Umsatzes werden im Ausland erzielt. Wichtigster Markt ist Deutschland, wo Unger in der Nähe von Leipzig ein drittes Werk betreibt. 150  Mitarbeiter produzieren für Großkunden wie Airbus. In Österreich sorgte Unger Stahlbau vor allem mit architektonisch anspruchsvollen Projekten für Aufsehen. Von Unger Steel stammt die Rautendachkonstruktion des Wiener Hauptbahnhofs, die Sport-Arena Wien auf dem Gelände des ehemaligen Dusika-Stadions oder die Zentrale des ÖAMTC. Auch die Konstruktion für den SAP Garden in München wurde in Oberwart entworfen und bei Unger gefertigt. Die Eventhalle, in der die Basketballer von Bayern München und der Eishockeyclub Red Bull München künftig ihre Heimspiele austragen werden, wird im Herbst eröffnet.

Oberwart bleibt die Zentrale

Und was geschieht in Oberwart, wo knapp 450 der insgesamt 1600 Mitarbeiter tätig sind? „Oberwart bleibt die Zentrale und ist nach wie vor unser strategisches Headquarter“, betont der CEO und Eigentümer. Im südlichen Burgenland finde man „optimale Produktionsbedingun­gen“ vor und habe mit der HTL in Pinkafeld eine hervorragende Ausbildungsstätte vor der Tür. „Sowohl mein Vater als auch ich haben diese Schule besucht“, erzählt Unger. Nur über Umsatz- und Gewinnzahlen spricht er nicht. So viel sei verraten: „Wir verzeichneten in den vergangenen Jahren ein starkes Umsatzwachstum“, sagt Matthias Unger. Und: „Wir fangen gerade erst an.“

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