Glaubensfrage

Die Schmierereien zu Favoriten

Die Antonskirche (benannt nach dem Heiligen Antonius von Padua) im 10. Wiener Bezirk; Kaiser Franz Joseph war bei der Kirchweihe 1902 dabei.
Die Antonskirche (benannt nach dem Heiligen Antonius von Padua) im 10. Wiener Bezirk; Kaiser Franz Joseph war bei der Kirchweihe 1902 dabei.Clemens Fabry
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Freude muss keine aufkommen. Es ist, was es ist: Migration und Integration bleiben auf der politischen Agenda. Was eine von außen alles andere als bescheiden wirkende Kirche in Favoriten damit zu tun hat.

„Der Islam wird siegen“, „Fürchtet Allah“, „Betet, bevor es zu spät ist“. Mit derartigen Parolen ist die Antonskirche in Favoriten, dem mittlerweile nach der Donaustadt zweitgrößten Wiener Bezirk, verunziert. Schon seit einiger Zeit.

Die katholische Kirche und der örtliche Seelsorger sehen die Dinge offenbar sehr gelassen. Und lassen die Schmierereien. Wenn die Fassade des Gotteshauses teuer gereinigt wird, sei ohnedies sehr bald wieder mit neuen Schmierereien zu rechnen, heißt es. Ein betont pragmatischer, um nicht zu sagen phlegmatischer Ansatz ist das.

Minorität in der Metropole Wien

Man kann es schon so sehen: Die Zeiten von ausgeprägtem kirchlichem Triumphalismus, von katholischer Hegemonie sind passé. Die Kirche fügt sich in dieses ihr Schicksal als Minorität in einer Metropole wie Wien. Erst recht gilt das natürlich in Favoriten, wo mehr als jede zweite Person ausländischer Herkunft ist (heißt: keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder außerhalb des Landes geboren ist). Schmierereien gehören zu jeder Großstadt. Was soll‘s?

Es könnte ja auch sein, dass manche gerade kirchliche Wände für Botschaften deshalb auswählen, „weil sie sonst einfach nicht gehört, oder gesehen werden“. Sagt Matthias Felber, Favoritner Dechant (ein Titel fast ohne Mittel, eine Art Oberpfarrer der Pfarrer eines Bezirks). Kann man so sehen.

Das Innere der Antonskirche
Das Innere der AntonskircheClemens Fabry

Resignation vor Hassparolen?

Kann man aber auch anders sehen. Welches Signal in Richtung Täter auf der einen Seite, der Katholiken, der Gesellschaft insgesamt geht davon aus, wenn die Verantwortlichen der Kirche derartige Parolen ausgerechnet von einem ihnen doch als heilig angesehenen Gebäude nicht entfernen lassen? Dass sie ein Vorbild an Toleranz sind, und jenen eine Stimme geben möchten, die sonst angeblich keine haben?

Oder vielleicht doch eher, dass ihnen die Verunstaltung eines ihrer Gebetshäuser gar nicht so wichtig ist? Dass sie womöglich resigniert haben, auch und insbesondere vor Kampf- und Hassparolen?

Ignoranz, falsch verstandene Toleranz

Interessanterweise findet sich das Thema Rolle der katholischen Kirche in einer auch glaubenstechnisch extrem ausdifferenzierten Gesellschaft in einem kurz gehaltenen Exkurs des soeben in den Vatikan gesendeten Österreich-Berichts zur großen Synode im Herbst. Wörtlich ist da unter dem Titel Interreligiöser Dialog zu lesen: „Der öffentliche Umgang mit dem eigenen katholischen Bekenntnis - in Österreich eher zurückhaltend geübt - stellt im Rahmen kultureller Vielfalt eine Herausforderung dar: Hier bedarf es der Ermutigung zum aktiven Glaubenszeugnis.“ Da gibt es tatsächlich aus Ignoranz oder falsch verstandener Toleranz viele Fehlstellen.

Die gute Nachricht zum Sonntag: Die Antonskirche wird von den Parolen doch noch befreit. Das heißt es jetzt jedenfalls aus der Erzdiözese. Kleine Einschränkung: Sobald finanzielle Mittel vorhanden sind. Das wird schon werden. Geld-Sammeln hat noch nie zu den größten Schwächen der Kirche gezählt.

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