Drohnenangriff

„Näher am Abgrund eines Atomkriegs“: Ukraine greift Russlands Atomraketen-Frühwarnsystem an

Symbolbild: Ein Soldat des ukrainischen Sicherheitsdienstes steht neben einer Marinedrohne „SeaBaby“, die während des Jubiläumsgipfels der UNITED24-Fundraising-Plattform am 23. Mai 2024 in Kiew ausgestellt wird
Symbolbild: Ein Soldat des ukrainischen Sicherheitsdienstes steht neben einer Marinedrohne „SeaBaby“, die während des Jubiläumsgipfels der UNITED24-Fundraising-Plattform am 23. Mai 2024 in Kiew ausgestellt wirdAPA / AFP / Genya Savilov
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Der frühere russische Botschafter bei der Nato, Dmitri Rogosin, spricht er von Schäden an „einem Schlüsselelement der militärischen Steuerung der strategischen Nuklearstreitkräfte“. Der Treffer der Ukraine ist wegen Russlands Nukleardoktrin von besonderer Brisanz.

Bei einem ukrainischen Drohnenangriff soll nach inoffiziellen Berichten ein Radar des russischen Frühwarnsystems gegen anfliegende Atomraketen beschädigt worden sein. Fotos von Schäden an der Anlage nahe der Stadt Armawir in Südrussland seien in russischen und ukrainischen Kanälen aufgetaucht, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem Lagebericht am Freitagabend.

Von Moskauer Seite äußerte sich am Samstag der ehemalige russische Botschafter bei der Nato, Dmitri Rogosin. Im sozialen Netzwerk X schrieb er von einem Schaden am Frühwarnsystem - „einem Schlüsselelement der militärischen Steuerung der strategischen Nuklearstreitkräfte“. Rogosin, mittlerweile Senator im russischen Föderationsrat, warf den USA vor, diesen Angriff geplant oder zumindest davon gewusst zu haben. Mit solchen Aktionen rücke die Welt näher an den Abgrund eines Atomkriegs, warnte er. Der Kreml oder das russische Verteidigungsministerium äußerten sich nicht.

Ein Angriff auf das Atomraketen-Frühwarnsystem hat auch wegen Russlands neuer Nukleardoktrin besondere Brisanz. In der Doktrin steht, dass ein Angriff auf Teile des Nuklearwaffenkomplexes einen Nukleareinsatz legitimieren würde. Russlands Präsident, Wladimir Putin, hat seit Kriegsbeginn mehrfach auf die Atomstreitkräfte verwiesen, auch den Einsatz taktischer Kernwaffen angedeutet. Viele Experten aus dem militärisch/strategischen Sektor sehen darin Warngesten im Rahmen der aktuellen, seit 2020 geltenden russischen Nukleardoktrin. Dieser zufolge werden, vereinfacht gesagt, Atomwaffen erst benützt, wenn (1) ein Gegner einen Angriff mit solchen oder anderen Massenvernichtungswaffen bereits begonnen hat; (2) ein Angriff welcher Art auch immer auf Infrastruktur die russische Nuklearmacht zu „unterminieren“ droht - darunter könnte der jüngste ukrainische Angriff fallen; und wenn (3) eine konventionelle Aggression die Existenz des russischen Staates bedroht.

Atomraketen auf 6000 Kilometer Entfernung erkennen

Den Angaben nach geschah der Angriff in der Nacht auf Donnerstag, als die Ukraine auch einen Kommunikationsknoten der russischen Armee auf der Halbinsel Krim nahe Aluschta mit Raketen beschoss. Das russische Frühwarnradar vom Typ Woronesch-DM bei Armawir kann den Berichten zufolge angreifende Atomraketen auf 6000 Kilometer Entfernung erkennen. In der Kette solcher Radarstationen überwacht es den Luftraum über der Krim und Südwesteuropa hinaus bis weit auf den Atlantik.

Der Angriff erfolgte allen Darstellungen nach mit einer ukrainischen Drohne. Er fällt in eine Zeit, in der Ukraine mit ihren westlichen Partnern darüber verhandelt, deren Waffen auch gegen Ziele in Russland einsetzen zu dürfen. Es sei in Zeiten internationaler Spannungen keine gute Idee, solche Objekte anzugreifen, schrieb der unabhängige norwegische Militärexperte Thord Are Iversen auf X. „Es gibt haufenweise Ziele in Russland, die man mit Drohnen angreifen kann. Und es gibt eine Handvoll Ziele, die man vermeidet, und dies gehört dazu.“ (APA/Reuters)

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