Halbleiter

China verschärft Wettlauf um Halbleiter

Chinas Chipindustrie will mit staatlicher Hilfe Vorankommen.
Chinas Chipindustrie will mit staatlicher Hilfe Vorankommen.APA / AFP / Rebecca Bailey
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Chips. Die Regierung in Peking will der Halbleiter-Industrie unter die Arme greifen. Und stellt dafür umgerechnet fast 44 Milliarden Euro zur Verfügung.

Wien. Der Handelskonflikt zwischen China und dem Westen hat viele Facetten. Da geht es nicht nur um höhere Zölle für E-Autos, Batterien und Solarzellen, sondern auch um die Vormachtstellung in der Halbleiterindustrie. Überraschend, aber nicht verwunderlich ist daher, was China am Montag angekündigt hat: Die Volksrepublik nimmt über ihren China Integrated Circuit Industry Investment Fund 344 Milliarden Yuan oder umgerechnet rund 43,7 Mrd. Euro in die Hand, um die nationale Chip-Industrie zu unterstützen. Chinas Finanzministerium stellt rund 17 Prozent des Geldes zur Verfügung und damit so viel wie keiner der anderen Beteiligten, zu denen auch die führenden Banken des Landes, wie die Industrial and Commercial Bank of China oder die Agricultural Bank of China, gehören.

Es ist nicht das erste Mal, dass China über seinen Integrated Circuit Industry-Fonds, der auch unter dem Synonym „Big Fund“ firmiert, der Chip-Branche unter die Arme greift. Eine erste fünfjährige Finanzierungsphase gab es bereits ab 2014 (bis 2019), als dem Sektor rund 139 Mrd. Yuan zuflossen. Eine weitere, deutlich höher dotierte Geldspritze erfolgte dann 2019 (bis 2024) mit 204 Mrd. Yuan. Mit den Summen unterstützte man unter anderem die beiden größten Chip-Firmen des Landes, Semiconductor Manufacturing International (SMIC) und Hua Hong Semiconductor, sowie einen Hersteller von Flash-Speichern namens Yangtze Memory Technologies. Nun geht der Fonds in seine dritte Phase.

Die Aktien der wichtigsten chinesischen Chiphersteller stiegen am Montag jedenfalls sprunghaft an. Semiconductor Manufacturing International kletterte an der Börse in Hongkong um über acht Prozent, während Hua Hong Semiconductor um über zehn Prozent zulegte.

Scharfe Exportschranken

Die Förderungen des Fonds sind Teil von Chinas Strategie „Made in China 2025“, sich selbst mit Halbleitern zu versorgen. Der Plan wurde bereits im Jahr 2015 auf den Weg gebracht. Damals noch unter dem inzwischen verstorbenen Premier Li Keqiang. Staatspräsident Xi Jinping war zu dieser Zeit Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Der Plan von damals passt nun allerdings auch in eine Welt voll von Handelsbeschränkungen und fügt sich unter anderem ins Bild rund um das Thema De-Globalisierung ein.

Denn die USA haben aus Sorge um ihre nationale Sicherheit Richtlinien auf den Weg gebracht, die es dem Reich der Mitte erschweren sollen, an US-Chips für Künstliche Intelligenz (KI) zu kommen. Konkret verbieten die USA dem Techkonzern Nvidia und dessen Partnern, den Verkauf von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. In Washington herrscht die Befürchtung, dass China KI-Chips etwa für militärische Aktivitäten nutzen könnte.

Erst kürzlich schlug die US-Administration zudem vor, dass US-Unternehmen, die große Cloud-Speicher betreiben (das sind etwa Amazon oder Microsoft), die Regierung in Washington darüber informieren sollen, wenn ausländische Kunden die Dienste der Unternehmen nutzen, um leistungsstarke KI-Modelle zu trainieren, die für Cyberangriffe verwendet werden könnten.

„Auch das chinesische Volk hat ein legitimes Recht auf Entwicklung, und keine Macht kann Chinas wissenschaftliche und technologische Entwicklung und den Fortschritt aufhalten“, ließ Chinas Präsident Xi Jinping im März wissen. Anlass für Xis Äußerungen war die Entscheidung der Niederlande, auf Wunsch der USA die Ausfuhr von Maschinen zur Chip-Produktion nach China ab dem Jahreswechsel 2024 einzuschränken. Konkret entzog die Regierung dem Chipausrüster ASML bestimmte Exportlizenzen. ASML ist der weltweit führende Anbieter solcher Anlagen, China ist einer seiner wichtigsten Absatzmärkte.

Hochrüsten im Chipsektor

Die USA befinden sich seit 2018 in einem Handelskonflikt mit China, der unter anderem mit Zöllen auf Solarpaneele und Waschmaschinen begann und sich im Laufe der Jahre zunehmend ausweitete. Auch der chinesische Telekomausrüster Huawei ist seit langem mit US-Sanktionen belegt, dem Unternehmen wurde unter anderem Spionage vorgeworfen. Berichten zufolge hat China mittlerweile jedoch ein Netzwerk von Chip-Firmen rund Huawei unterstützt, um dessen Versorgung mit Halbleitern zu sichern.

Doch auch die Pandemie hat abseits des Handelskonflikts der beiden Weltmächte dazu beigetragen, die Abhängigkeit des Westens von Produkten aus Asien infrage zu stellen. So haben die USA etwa 39 Mrd. Dollar an staatlichen Zuschüssen für Chiphersteller vorgesehen. Das Geld soll unter anderem in den Bau neuer Fabriken fließen. Unterm Strich stellen die USA im Rahmen des „Chips and Science Act“ 52,7 Mrd. Dollar bereit. Weitere 75 Mrd. Dollar stehen der Branche in Form von Darlehen zur Verfügung. Erst im April wurde bekannt, dass der taiwanesische Hersteller TSMC 6,6 Mrd. Dollar an Subventionen für seine Fertigung im US-Bundesstaat Arizona erhält.

Die EU fördert auch

Auch die EU hat im Vorjahr den European Chips Act auf den Weg gebracht, um seine Abhängigkeiten in der Chipproduktion zu verringern. Das Ziel Brüssels ist, den Weltmarktanteil Europas bei Computerchips bis zum Jahr 2030 von zehn auf rund auf 20 Prozent verdoppeln. 43 Milliarden Euro an staatlichem und privatem Geld soll dafür in die Hand genommen werden.

Die üppigen Förderungen in Europa haben auch bereits einige Großinvestitionen losgetreten. Der weltgrößte Auftragsfertiger für Chips, TSMC, investiert im deutschen Dresden, der US-Konzern Intel kündigte den Bau einer neuen Fabrik in Polen an. Auch der österreichische Halbleiterhersteller Ams-Osram will 588 Mio. Euro in Premstätten (Steiermark) investieren und hat dafür erst kürzlich eine EU-Förderung von bis zu 200 Mio. Euro im Rahmen des European Chips Act beantragt.

Auf einen Blick

China will seine Halbleiter-Industrie mit umgerechnet fast 44 Mrd. Euro unterstützen - nicht zum ersten Mal werden nationale Firmen aus der Chipbranche mit staatlichem Geld subventioniert. Doch China ist nicht das einzige Land, dass Interesse an seiner Halbleiter-Industrie hat. Auch die USA und die EU stecken viel Geld in den Ausbau von Fabriken.

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