Von einem, der auszog, das Malen zu lernen

Es war 1972, als der gebürtige Wiener Guido Kolitscher das erste Mal einen Fuß auf La Gomera setzte und sofort wusste, hier will er bleiben. „Diese unkultivierte vulkanische Landschaft! Als ob ich plötzlich gefunden hatte, was ich immer gesucht habe.“

Der damalige Medizinstudent wollte sich fortan hier dem Malen widmen. Die ungezähmte Natur und ihre so zahlreichen unterschiedlichen Farben und Formen faszinierten ihn, vielleicht aber auch die Tatsache, dass er hier dem Zugriff des Vaters und dem Medizinstudium fern war. Allein die Fähre von Teneriffa brauchte damals sieben Stunden, bei gutem Wetter, und verkehrte einmal in der Woche. Heute bewältigen Schnellboote die Strecke in 30 Minuten, es gibt täglich zehn Verbindungen nach La Gomera.

Um damals 1000 Schilling kaufte Kolitscher sein erstes Haus und war damit im Gegensatz zu heute einer der wenigen Ausländer, die sich auf Dauer auf der Insel niederließen. So sind heute auch Immobilien nichts mehr für die kleine Geldtasche. Damals aber war es für die Einheimischen ganz und gar ungewohnt, ein Haus zu verkaufen. Der Hauskauf geriet für Guido Kolitscher recht mühsam. „Das Haus hatte 25 Besitzer, die alle zusammengetrommelt werden mussten. Der Notar musste aus El Hierro kommen, und dann mussten noch zahlreiche Leute gefunden werden, um die Identität der Besitzer zu  bezeugen, weil diese nicht schreiben und lesen konnten.“

Kolitscher renovierte das Haus eigenhändig, schleppte jeden Stein, jeden Sack Zement auf den Hang hinauf, baute Lampen aus Thunfischdosenblech und zimmerte sich seine Möbel selbst. Jedes verkaufte Bild setzte er in Baumaterial um. Das Wasser holte er vom Wasserfall, Licht spendeten Kerzen und Petroleumlampen. Heute haben Fließwasser und Strom Einzug gehalten, die Möbel von einst fielen Holzwürmern zum Opfer, statt schleppen steht ein Seilzug zur Verfügung. Sieben Ein-Raum-Häuser hat Guido Kolitscher auf die Art renoviert, eines davon ist sein Atelier, ein anderes die Radierwerkstatt. Mit seinen Radierungen – wichtige Elemente dabei: die Farben und Formen, die den vulkanischen Ursprung der Insel zeigen – ist Kolitscher international erfolgreich und in der Galería de Arte Luna in San Sebastian permanent ausgestellt. Nach einer Herztransplantation gründete er 2006 eine eigene Stiftung, die etwa mit Radierkursen und Ausstellungen gomerischer Künstler und einem Museum das kulturelle Leben auf La Gomera bereichern soll. „In den 34 Jahren hat mir die Insel viel gegeben. Jetzt ist es an der Zeit, dass ich der Insel etwas zurückgebe.“

Galería de Arte Luna, Calle Real 28, San Sebastian.

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