Laufsteg durch das Brandenburger Tor

(c) AP (Bernd Kammerer)
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Berlin unternimmt mit der „Fashion Week“ einen neuen Anlauf zur Modemetropole. Das Potenzial ist da, der Weg dahin noch weit. Werbeträger ist das Model Eva Padberg.

Im Vorjahr ragte der Laufsteg vor dem Brandenburger Tor, dem Ort für Lustbarkeiten aller Art, bis weit hinein ins johlende Volk. In Zweier- und Dreierformation schlenderten Jürgen Klinsmann, Michael Ballack & Co. bei brütender Hitze sportlich-salopp bis an die Rampe, ließen sich von einer halben Million Fans bejubeln und schossen Fußbälle in die schwitzende Menge.

Wenn heute Abend nach New Yorker Vorbild der Vorhang für die Berliner Fashion Week – eine Premiere – aufgeht, wenn in den kommenden Tagen Eva Padberg & Co. auf dem Catwalk paradieren und ihre Hüften schwingen, bleibt das gemeine Volk allerdings ausgeschlossen: Unter der Quadriga erstreckt sich eine weitläufige Zeltkonstruktion, die die VIPs vor neugierigen Blicken und dem verregneten Berliner Sommer schützt. In den ersten Reihen werden die unvermeidlichen Hauptstadt-Promis Platz nehmen: Sabine Christiansen, Franziska von Almsick, Verona Pooth – und wie sie sonst alle heißen, die die After-Show-Partys in den Schicki-Micki-Lokalen „San Nicci“ und „Grill Royal“ und die Defilees bevölkern.

Und natürlich darf auch Klaus Wowereit, der allgegenwärtige Berliner Bürgermeister, nicht fehlen. „Keine Party ohne Wowi“ lautet das Motto, das ihm nachgesagt wird. Schließlich war er es, der der schwer verschuldeten Metropole den Slogan „Arm, aber sexy“ verpasst hat, der Künstler und Kreative aus aller Welt anzieht.

Nur logisch, dass Berlin erneut einen Anlauf unternimmt, um zur Modemetropole aufzusteigen. Optimisten träumen gar schon von einem „Grand Slam“ der Modewelt: Paris, Mailand, London, Berlin. Aber so schnell wird Berlin den Metropolen nicht den Rang ablaufen. Erst heuer hat die Stadt die Streetwear-Modemesse „Bread&Butter“ an Barcelona verloren, doch alle attestieren ihr ein ungeheures Potenzial. „Keine andere Stadt hat mehr Dynamik und schafft einen solch positiven Spagat zwischen Moderne und Tradition“, schwärmte die schwäbische Modeschöpferin Gabriele Stehle, die mit ihrem Label „Strenesse“ selbst bei der Fashion Week vertreten ist. „Die internationale Modeszene schaut auf Berlin.“

In Mitte und Prenzlauer Berg, den Stadtteilen im früheren Osten, tummelt sich die kreative Szene, und hier wimmelt es auch von kleinen, hippen Boutiquen. „In Berlin gibt es keinen Dresscode – außer den, bloß nicht aufgetakelt zu sein“, findet Eva Padberg. Die gebürtige Ostdeutsche firmiert als Galionsfigur der Modeschauen. Und es gehört quasi zu ihrem Job, die Werbetrommel zu rühren: „Es ist höchste Zeit, dass Berlin eine eigene Modewoche bekommt.“

Die Fashion-Week wird künftig zweimal jährlich über die Bühne gehen, im Jänner und im Juli. Nicht nur bei den Gästen, auch bei den Designern bleibt Berlin das internationale Flair vorderhand jedoch schuldig – bis auf Vivienne Westwood. Die exzentrische britische Mode-Lady, die ihren Zenit überschritten hat, präsentiert ihre „Anglomania“. Stattdessen dominiert das Gütesiegel „Made in Germany“: Eingeführte Marken wie Strenesse, Hugo oder Puma (Rudolph Dassler) zeigen neben den Newcomer-Labels Michael Michalsky oder Sisi Wasabi ihre neuen Kollektionen. Jungdesignern wie deren Kunden gab Westwood unterdessen ihr bewährtes Credo mit auf den Weg: „Kümmer dich nicht darum, ob du modisch bist.“


stadtmenschen@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2007)

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