Ein Haus aus zweiter Hand

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Kaufen statt Bauen. Der Markt für „gebrauchte“ Einfamilienhäuser: von Lagen und Baujahren, Verkaufsschlagern und Ladenhütern.

Warum sich um knappes Bauland raufen und viel Geld für einen Neubau ausgeben, wenn's doch einfacher geht? Das Haus aus zweiter Hand ist für immer mehr Immobiliensuchende im Raum Wien und Umgebung eine Alternative zum selbst errichteten Heim. „Die Nachfrage ist gestiegen. Und wird nach unserer Einschätzung heuer weiter steigen“, bestätigt Remax-Österreich Geschäftsführer Alois Reikersdorfer den Trend.

Dass deshalb die Preise abheben könnten, sei allerdings nicht zu befürchten. Das Angebot an „gebrauchten“ Häusern ist groß genug. Doch nicht alle Regionen und Immobilien sind gleich begehrt. Will man sich – der guten Anbindung und der schönen Lage wegen – um Baden oder Mödling herum ansiedeln, ist die Konkurrenz groß. Gerade hier ist der Hauskauf sehr bedeutend, sagt Michael Pisecky, Geschäftsführer der s Real Immobilienvermittlung, nicht zuletzt, weil der Neubau eines Hauses dort „ein fast unerschwinglicher Luxus ist.“ Und auch wenn die Preisdynamik aufgrund der Turbulenzen auf den Finanzmärkten einen Dämpfer erlitten habe, werde es „in gefragten Lagen sehr wohl ein dezentes Anziehen der Preise geben.“

Retro-Charme zieht nicht

Potenzial sieht der Experte daher ebenfalls in diesem Immobiliensegment in Gegenden, in denen bislang nur verhalten nachgefragt wurde. „Der Norden und der Osten von Wien werden interessanter und als preisgünstigere Alternative zum Süden immer öfter gewählt.“

Wählerisch sind die Interessenten vor allem, was das Baujahr des Hauses betrifft. „Viele Einfamilienhäuser, die jetzt auf den Markt kommen, wurden in den Jahren 1960 bis 1980 errichtet“, stellt Valerija Karsai von Wüstenrot Immobilien fest. Diese Bauten sind meist nicht mehr top in Schuss, „nahezu immer sind thermische Sanierungsmaßnahmen vonnöten“. Und auch Baustil und Wohnkomfort – Stichwort Panoramafenster der 70er-Jahre – treffen nicht immer den Geschmack der Suchenden, der Retro-Charme hört in Sachen Immobilien auf zu wirken. Lediglich Häuser, bei denen eine Renovierung oder Adaptierung auf zeitgemäße energetische Standards nicht allzu schwierig ist, finden ihre Klientel. „Etwa junge Familien mit eher beschränkten finanziellen Mitteln legen dann auch selbst Hand an“, sagt Karsai.

Der Druck auf „Energieschleudern“ wird nach Meinung Piseckys höher werden. Ein Grund: Der Energieausweis, der für gebrauchte Immobilien mit 1. Jänner 2009 in Kraft tritt, „wird bereits heuer Auswirkungen zeigen“. Er rechnet für 2008 mit Preisabschlägen, wenn kein „Pickerl“ vorhanden ist oder schlechte Werte ausgewiesen werden. Wenig Chancen, schnell einen Käufer zu finden, haben außerdem Objekte, die nach heutigen Maßstäben nur noch genügend Platz für einen Wochenendsitz bieten. 80 Quadratmeter Wohnfläche, der Windfang als Vorraum und im Bad nur eine Dusche? Zu klein, um eine Schar von Interessenten anzuziehen.

Renner: (fast) neue Häuser

Die Verkaufsschlager in und um Wien sind andere Objekte. „Häuser, die zwischen 1990 und 2000 gebaut wurden“, berichtet Karsai. Die geringe Anzahl an Objekten auf dem Markt reiche kaum aus, um die Nachfrage zu decken. Schließlich verkaufen die Besitzer ihre – im Schweiße des Angesichts – errichteten Häuser nur in Sonderfällen. Der häufigste Grund: die Scheidung der Eigentümer.

Meist sind die Häuser in technisch zeitgemäßem Zustand und können mit geringem Aufwand an die Wohnwünsche der neuen Bewohner angepasst werden. Die meistgesuchte Größenkategorie bei Häusern: 120 bis 130 Quadratmeter Wohnfläche. Ist ein Garten mit kompakten 600 bis 800 Quadratmetern dabei, schlägt das Herz vieler Suchender höher.

TOPS & FLOPS.

Verkaufsschlager: 120–130 m2große Häuser, Garten bis zu 800 m2, Baujahr zw.1990 und 2000.

Ladenhüter: bis 80 m2 groß, erbaut in den 60er- und 70er-Jahren, sanierungsbedürftig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2008)

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