In der Datenverwaltung etablieren sich Web-2.0-Anwendungen.
Bauen ist Teamwork. Haben sich Planer und ausführende Unternehmen erst einmal gefunden, gilt es, die Zusammenarbeit über Firmengrenzen hinweg zu koordinieren. Eine Flut von Dokumenten wie Plan- und Vertragsunterlagen, Protokolle, Lieferscheine und Notizen muss täglich organisiert und ausgetauscht werden. Bislang nutzte man dafür hauptsächlich Fax und E-Mail. Neuerdings kommen aber auch verstärkt Web-Plattformen zum Einsatz.
„Auch wenn das Bauhandwerk nach wie vor zu den traditionellen Wirtschaftszweigen gezählt wird, etablieren sich Web 2.0-Anwendungen zunehmend“, bestätigt Max Harnoncourt, Geschäftsführer von Factline, einer Software-Entwicklungsfirma mit Sitz in Wien. „Plattform-Lösungen ermöglichen die zentrale Ablage und den Austausch sämtlicher Projekt-Dokumente. Daten müssen nicht länger gefaxt oder als E-Mail-Attachment versendet werden, sondern stehen allen Beteiligten sofort zur Verfügung.“ Eingesetzt werde die von Factline gemeinsam mit Praktikern entwickelte Plattform für die Bau- und Immobilienbranche derzeit für die Abwicklung von zwei millionenschweren Bauvorhaben: ein Hotel-Projekt in repräsentativer Lage in Wien und die Errichtung einer Badeanlage in Villach.
Datenaktualität als Grundvoraussetzung
Seit mehreren Jahren investiert auch die Strabag in Kooperation mit Buildonline in die Entwicklung von Web-Plattformen. Alexander Wersonig, der bei der Strabag für das elektronische Dokumenten-Management verantwortlich ist, sieht den Vorteil darin, dass alle Beteiligten am virtuellen Tisch vereint sind: „Die Projektteilnehmer werden durch einen automatischen Benachrichtigungsmechanismus über aktuelle Änderungen informiert und erhalten auf virtuellem Weg auch gleich konkrete Anweisungen. Zeitgleich liefern die involvierten Repro-Dienste den Plandruck für die Umsetzung vor Ort.“
Lückenlose Dokumentation gewährleistet
Die Gefahr, dass auf der Baustelle nach einem veralteten Plan gebaut wird, könne so nahezu ausgeschlossen werden. Das spart nicht nur Kosten, sondern spielt auch bei eventuellen späteren Rechtsstreitigkeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle, erklärt Harnoncourt: „Jedes Dokument, das auf die Plattform geladen wird, erhält eine eigene Internetadresse (URL) und ist damit eindeutig referenzierbar. Die Referenzierungsnummer gibt Hinweis auf die Version des Dokuments. Veraltete Versionen werden in den Hintergrund verschoben, bleiben aber somit verfügbar.“ Und wie sieht es mit der Datensicherheit aus? Harnoncourt: „Alle Einträge auf der Plattform können mit einer Bestandsgarantie versehen werden, was wiederum eine lückenlose Projektdokumentation gewährleistet.“
Dass damit Bearbeitungsfehler vermieden werden können, stellt auch für den Architekten Thomas Hoppe vom gleichnamigen Architekturbüro einen wesentlichen Vorteil von Bauplattformen dar: „Heute bauen fast alle Konsulenten und auch bereits Firmen auf der digitalen Planung des Architekten auf. Über externe Referenzen werden die Pläne untereinander ,zusammengespielt‘, wodurch kritische Punkte frühzeitig erkannt werden.“ Hoppe sieht aber auch die Notwendigkeit, Änderungen kurzfristig und unbürokratisch vor Ort durchführen zu können. Dafür wäre ein digitales Ausgabemedium oder „digital paper“ notwendig, um auf das Projekt zugreifen zu können.
Kommunikation wird effizienter
Ob dank Plattform auch die persönliche Zusammenarbeit der ausführenden Firmen verbessert wird, kann der Architekt jetzt noch nicht sagen: „Die Kommunikation gewinnt jedenfalls an Effizienz, da Daten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten aufgeladen und synchronisiert werden können. Die im Vorfeld angelegten, übersichtlichen Ordnerstrukturen und eindeutigen Dokument-Benennungen vereinfachen die Arbeitsprozesse.“ Gerade im Vorfeld der Nutzung sieht Ingo Marienfeld, Geschäftsführer von CTSpace, dem weltweit größten Plattform-Anbieter, eine Herausforderung: „Die Beteiligten müssen sich einigen, wer die Ordnerstrukturen, Dokument-Benennungen und Kommunikationsstrukturen für das Projekt festlegt.“ Wie effizient dieser Schritt gestaltet wird, hänge von der Projektgröße und vom Auftraggeber ab. Er als Anbieter könne dabei beratend zur Seite stehen und Empfehlungen abgeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2008)