MIPIM: Cannes entdeckt das grüne Gewissen

(c) MIPIM 2008
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Erstmals wurde bei der MIPIM ein Preis in der Kategorie „Green Building“ verliehen. Doch auch in Österreich tut sich in dieser Hinsicht einiges.

Cannes.Fassaden, die Solarstrom erzeugen, Hochhäuser, die Windenergie nutzen: Bei der Gewerbeimmoblienmesse MIPIM, die diese Woche in Cannes über die Bühne ging, drehte sich ausnahmsweise nicht alles um Renditen und Marktanalysen, Deals und Networking. Heuer standen auch „Green Buildings“ im Mittelpunkt, ökologisch und nachhaltig konzipierte Projekte, für die erstmals eine Preiskategorie eingeführt wurde. Noch schlug das „grüne Herz“ nicht überall auf den Ausstellungsflächen im Palais des Festivals, wo sich die Immobilienexperten tummelten – mit über 28.000 Teilnehmern wurde übrigens wieder ein Rekordergebnis erzielt.

Ausgezeichnet, Amsterdam!

Doch zumindest die drei für den „Green Building Award“ nominierten Projekte zogen die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Speziell natürlich der Gewinner des ersten, vergangenen Donnerstag verliehenen Preises: das Büroobjekt „Crane Track“ der niederländischen Architektin Troude Hooykaas auf einem früheren Hafenkai in Amsterdam. Der Bau scheint auf den Fundamenten alter Kranschienen zu schweben – und punktet mit der teilweisen Verwendung recycelbaren Materials, mit Solarpaneelen und einer Wärmepumpe. Damit verwies das Projekt den energieeffizienten Sitz des amerikanische Statistikamts in Maryland (mit grünen Dächern und Sonnenschutz aus Bauholz) sowie das britische „Pines Calyx Centre“, ein Veranstaltungsgebäude an der Küste von Kent (mit Passivhausstandard und eigenem Wasserkreislauf) auf die Plätze.

Weitere spektakuläre Projekte mit ökologischem Hintergrund bei der MIPIM: „Sunny Valley“, eine Öko-Stadt am Ural, der „Masdar City“-Komplex in den Vereinigten Arabischen Emiraten, der in Sachen Energie vollständig von der Sonne versorgt werden soll. Oder der „Incity Tower“ am Lyon-Stand, der mit seinem Windkraftwerk auf dem Dach die Blicke vieler MIPIM-Besucher auf sich zog.

Betrachtet man die ausgestellten Projekte genauer, bemerkt man schnell, dass dabei Standards angewandt werden, die ambitionierten Bauvorhaben in Österreich nachhinken. Diese wurden zwar nicht unter den Palmen von Cannes vorgestellt, machen aber im internationalen Vergleich trotzdem gute Figur. So wurde etwa der Uniqa-Tower unlängst mit einem Zertifikat der EU als „Energiesparendes Bürogebäude“ versehen. Verdanken tut er dies dem Faktum, dass er vierzig Prozent weniger Energie als vergleichbare Gebäude benötigt.

Ein Bereich, in dem hierzulande viel geforscht, produziert und exportiert wird, sei die Solartechnik, sagt dazu Tim Selke vom Austria Research Center. In Wien etwa wird gerade der Einsatz beim Passivbürohaus „Energybase“ in Wien 21 getestet, das im Betrieb sogar 80 Prozent Energie sparen soll. Interessant sei vor allem auch das Gebiet der solaren Kühlung. Nicht nur in Wien, „gerade in südlichen Ländern ist das eine Technologie der Zukunft“, sagt Selke. Mit Solartechnik allein ist es in unseren Breiten aber nicht getan. Hier ist das Hauptthema die Isolierung des Gebäudes. Glasbauten, die einem auf der MIPIM auf Schritt und Tritt begegnen, sind in dieser Hinsicht natürlich nicht das Wahre. „Vollverglasungen sind nur in bestimmten Fällen sinnvoll. Da muss man aber wissen, was man tut und wie man es tut“, sagt die Planerin des Energybase, Ursula Schneider. Energieeffiziente Bürogebäude benötigen „genaue Kenntnisse über die Zusammenhänge in der Planung, etwa was das Verhältnis von Volumen zu Oberfläche oder die Orientierung des Baus betrifft“, so Schneider.

Anreize zum Energiesparen

Der Anreiz, Geld zu sparen, sei noch nicht sehr groß, meint Markus Aschbacher, Geschäftsführer des Facility Spezialisten ATGA. „Das Energiesparen wird verstärkt diskutiert, aber tatsächlich handelt man noch kaum danach“, nicht zuletzt, weil Miet- und andere Kosten (noch) stärker wahrgenommen werden als jene für die Energie.

In Cannes machte daher Liz Peace, Geschäftsführerin des öko-engagierten British Property Fund bei einer Diskussionsrunde klar, dass man hier ansetzen sollte. „Bei den Nutzern muss das Energiebewusstsein gestärkt werden, es braucht Anreize, um die Kostenanteile neu zu bewerten.“ Dann sollte auch die Umwelt als Gewinner aussteigen, nicht nur das Projekt „Crane Track“ mit seinem „Green Building Award“.

AUF EINEN BLICK.

Die MIPIM, die diese Woche über die Bühne ging, zog über 28.000 Immobilienexperten nach Cannes. Erstmals wurde heuer der „Green Building Award“ für ökologische Bauten vergeben, den der niederländische Bau „Crane Track“ gewann.
Der Vergleich zeigt aber: Auch heimische Projekte, etwa „Uniqa-Tower“ oder „Energybase“ müssen sich in Sachen Ökologie nicht verstecken. Was allerdings weltweit gilt: Noch ist der Energieverbrauch nicht durchwegs als entscheidendes Bau- oder Investitionskriterium verankert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2008)

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