Thiems nächstes Service Richtung Weltspitze

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Dominic Thiem bezwang in Madrid mit dem Weltranglistendritten Stanislas Wawrinka erstmals einen Top-Ten-Spieler. Der 20-Jährige ist die Entdeckung der Saison.

Madrid/Wien. Internationale Wettanbieter hatten eine Vorahnung. Für gewöhnlich lässt sich mit Tipps auf den Sensationssieg eines Qualifikanten gegen einen der Superstars der Szene sehr gutes Geld verdienen. Doch vor dem Madrider Zweitrundenduell zwischen dem 70. der Weltranglisten, Dominic Thiem, und der Nummer drei, Stanislas Wawrinka, waren Rollen und Quoten längst nicht so klar verteilt wie sonst üblich.

Das außergewöhnliche Talent des 20-jährigen Niederösterreichs, der erst seit wenigen Monaten fester Bestandteil der ATP-Tour ist, hat sich auch unter Buchmachern herumgesprochen.
Mit dem 1:6, 6:2, 6:4-Erfolg gegen den amtierenden Australian-Open-Sieger und erfolgreichsten Spieler des Jahres hat der rasante Aufstieg des Lichtenwörthers seinen bisherigen Höhepunkt erreicht.

Wawrinka, der mit dem aggressiven und teils unberechenbaren Spielstil seines Kontrahenten große Probleme hatte, kassierte erst die vierte Niederlage 2014. Dass der Schweizer darüber anschließend nicht sonderlich überrascht wirkte, unterstreicht das Standing, das sich Thiem mittlerweile erarbeitet hat. „Er ist ein guter Spieler, wir alle wissen das. Und wir alle sehen seine Entwicklung in diesem Jahr“, unterstrich der 29-Jährige.

Wer wagt, gewinnt

Tatsächlich ist der junge Österreicher die Entdeckung der Saison. Experten haben ihm schon zu Juniorenzeiten großes Potenzial bescheinigt, nun ruft er dieses immer regelmäßiger ab. Gemeinsam mit Günter Bresnik, der Thiem seit dessen zwölften Lebensjahr als Trainer betreut, hat sich das „Team Thiem“ gegen den vermeintlich einfacheren Weg in Richtung der Top 100 entschieden. Er verzichtete darauf, bei schwächer besetzten Challenger-Turnieren Punkte zu sammeln. Stattdessen wagte er den Sprung ins kalte Wasser, bestritt Qualifikationen für große ATP-Turniere – immer verbunden mit dem Restrisiko, früh auszuscheiden und kaum Punkte zu ergattern.

Doch der eingeschlagene Weg erwies sich als goldrichtig. Thiem qualifizierte sich bei acht Anläufen nur ein einziges Mal nicht, er misst sich nun Woche für Woche mit Spielern aus dem Kreis der Top 100. „Die vielen Matches in der Qualifikation haben mir ungemein geholfen. Ich konnte mich an das Level gewöhnen. Und genau das ist das Allerwichtigste: praktisch jeden Tag gegen gute Gegner zu spielen. Nur auf diese Weise kann ich selbst besser werden.“

Thiem ist mittlerweile nicht nur ein höchst unangenehmer Kontrahent, sondern auch ein gefragter Trainingspartner. In Miami etwa stand er mit Roger Federer auf dem Platz, in Monte Carlo schlug er sich mit Novak Djoković die Bälle um die Ohren. Die Topstars nutzen diese Einheiten nicht ohne Hintergedanken. „Noch bin ich eher ein Unbekannter für sie. Sie wissen nicht so recht, wie ich spiele, versuchen in Trainings mehr darüber herauszufinden“, berichtete Thiem der „Presse“ bei einem vor wenigen Wochen geführten Interview.

Mit jedem Sieg klettert der glühende Chelsea-Fan die Weltrangliste nach oben. Im Fall einer Niederlage im heutigen Achtelfinale gegen den Spanier Feliciano Lopez (ORF Sport Plus überträgt ab 19 Uhr live) würde er sich am Montag etwa um Position 60 wiederfinden. Und mit jedem Sieg steigen zugleich die Erwartungen an den Rechtshänder, zu dessen Stärken auch eine gewisse Gelassenheit zählt. Druck, sagt Thiem, verspüre er keinen. „Es ist doch eine Ehre, wenn etwas von mir erwartet wird. Das zeigt mir, dass ich hart arbeite und auf dem richtigen Weg bin.“

Kein Vergleich mit Muster

Unter heimischen Tennisfans wächst nicht zuletzt aufgrund des Sieges gegen Wawrinka die Hoffnung, zukünftig einem Top-Ten-Spieler zujubeln zu können. Auch Vergleiche mit Thomas Muster, der ehemaligen Nummer eins, werden bereits gezogen. Solchen kann Thiem nichts abgewinnen. „Diese Vergleiche sind völlig unangebracht. Muster war die Nummer eins der Welt, außerdem sind wir völlig verschiedene Charaktere und Spielertypen.“

Doch wie einst Muster hat auch Thiem heute eines: großes Selbstvertrauen. „Ich weiß jetzt, dass ich die Besten schlagen kann.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2014)

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