Strukturreformen sollen Geld für die Steuerentlastung bringen: Spindelegger eckt wegen der Beamten erstmals bei Mikl-Leitner an.
Wien. Beim Termin einer Steuerreform traten die Chefs der beiden Regierungsparteien am Dienstag nach dem Ministerrat auf der Stelle. Bundeskanzler Werner Faymann wünscht sich eine Steuerentlastung – Größenordnung vier Milliarden Euro – samt Vermögenssteuern nach Vorschlägen der Reformkommission im Herbst ab 2015. Vizekanzler Finanzminister Michael Spindelegger verwies darauf, dass in den Budgets 2014/15, die am 23. Mai im Nationalrat beschlossen werden, für eine Steuerreform nichts vorgesehen sei.
Zugleich sind beide bemüht, dem zunehmenden innerparteilichen Druck bei SPÖ wie ÖVP offensiv zu begegnen. Der SPÖ-Vorsitzende reagiert auf den Unmut der Genossen, indem er die ÖVP öffentlich mit den populären Vermögenssteuern vor sich hertreiben will. Der ÖVP-Obmann versucht in der Diskussion, bei der seine Partei als Entlastungs-Bremser dasteht („erst wenn wir es uns leisten können“), nun den Spieß umzudrehen. Schnell Strukturreformen, dann sei Geld für eine Steuerreform vorhanden, lautet sein Kommando, um in die Offensive zu kommen: „Erarbeiten wir uns den Spielraum.“
Die ÖVP-Führung hat ihre Linie und Strategie für den Budget- und Steuerkurs, und um aus der Defensivrolle in der Koalition herauszukommen, erst am Samstag erneut beraten. Manche Teilnehmer waren nach Informationen der „Presse“ dafür kurzfristig zur Sitzung nach Wien beordert worden.
Neues Amt als Schaltstelle
Der Hebel für Einsparungen soll, darüber sind SPÖ und ÖVP einig, in der Verwaltung angesetzt werden. Die Koalition stellte daher im Ministerrat am Dienstag die Weichen zur Schaffung eines Amtes der Bundesregierung. Bei diesem werden unter anderem Personalangelegenheiten, IT-Ausstattung oder Aus- und Weiterbildung für alle Ministerien gebündelt.
Allein bei diesem Projekt zeigt sich das Hauptproblem beim versuchten ÖVP-Befreiungsschlag: Erstens ist der Start nach einem Zwischenbericht Ende 2014 erst für 2016 vorgesehen, sodass Einsparungen erst ab dann möglich sind. Zweitens gibt es teilweise schon Einrichtungen wie die Bundesbeschaffungsagentur, deren Zukunft nun erst geklärt werden muss.
Mit anderen Vorschlägen eckt Spindelegger bisweilen auch in seiner Partei an. So hat der Finanzminister in der „Kleinen Zeitung“ angekündigt, dass im öffentlichen Dienst Beamte nicht nur freiwillig den Posten wechseln sollen, sondern dass der Versetzungsschutz gelockert werden müsse. Damit legt sich Spindelegger, der selbst Chef des ÖVP-Arbeitnehmerflügels (ÖAAB) war, mit seiner Nachfolgerin in dieser Funktion, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, an. „Ich will keine Zwangsversetzungen, weil es genauso gut – oder sogar besser – auch freiwillig geht“, ließ sie die „Presse“ wissen. Das beweise ihr Innenressort mit der Übernahme von Postbediensteten. Bemerkenswert ist das, weil es eine der wenigen Anlässe der sonst Obmann-loyalen Niederösterreicherin ist, bei der sie offen ausschert.
Einschnitte beim 16-Milliarden-Fördertopf hat der Finanzminister bei der Budgeterstellung selbst zurückgestellt. Bei anderen Vorschlägen für eine Beschleunigung des Reformtempos stößt er auf Widerstand bei der SPÖ: Das gilt für die Verländerung der Schulverwaltung ebenso wie für ein Nachziehen der Beamtenpensionsreform durch die Stadt Wien.
Faymanns Problem
Faymann seinerseits versucht der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, er sei Schrittmacher für eine rasche Steuerreform. Seine Parteigenossen sind aber der Ansicht, dass die Glaubwürdigkeit der Kanzlerpartei leidet, wenn diese ständig am Nein der ÖVP abprallt. Symptomatisch ist die nun von der SPÖ Oberpullendorf und Landesrat Peter Rezar übermittelte Resolution für rasche Reform samt Vermögenssteuern. Die SPÖ-Bezirksorganisationen Oberwart und Güssing folgen diesem Vorbild. Die für die Wahlkämpfe wichtigen SPÖ-Gewerkschafter mit ihrem Chef Wolfgang Katzian liegen insofern auf Linie der Bundespartei, als sie bloß bis zum Herbst Pläne für eine Steuerentlastung verlangen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2014)