Die US-Behörden werfen der französischen Großbank vor, gegen Iran-Sanktionen verstoßen zu haben. Die drohende Strafe von zehn Mrd. Dollar übersteigt die Rückstellungen.
New York/Paris. Mutmaßliche Verstöße gegen Iran-Sanktionen der USA dürften die französische Großbank BNP Paribas mehr als zehn Milliarden Dollar kosten. Diese für ein europäisches Institut rekordverdächtige Summe strebt das US-Justizministerium an, berichte das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Das wäre doppelt so viel wie bislang angenommen und würde die Rückstellungen des französischen Geldhauses um ein Vielfaches übersteigen. Diese Nachricht verschreckte die Anleger am Freitag: Die BNP-Aktie brach in der Spitze um über sechs Prozent ein. In dem Sog fielen auch die Titel von Deutscher Bank und Commerzbank deutlich.
Härtere Gangart der USA
BNP und das US-Justizministerium lehnten eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Die Bank zittert schon lange, was sie in dem Streit an Strafzahlungen zu erwarten hat. Hintergrund sind Finanzgeschäfte der BNP mit dem Iran.
Die USA prüfen, ob Geldhäuser wie auch die Deutsche Bank gegen amerikanische Sanktionen verstoßen haben, mit denen die Islamische Republik im jahrelangen Atomstreit zum Einlenken gezwungen werden sollten. Mehreren Instituten wurden deshalb bereits Strafen ausgesprochen, darunter Standard Chartered aus Großbritannien.
BNP hat für den Streit nach früheren Angaben 1,1 Milliarden Dollar zur Seite gelegt. Die gesamten Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten belaufen sich auf umgerechnet 3,7 Milliarden Dollar. Sollte das Institut nun zehn Milliarden zahlen müssen, ginge das an die Substanz, wie die Analysten der Citigroup vorrechnen. So würde die harte Kernkapitalquote nach den strengeren Basel-III-Standards von zuletzt 10,6 Prozent auf etwa 9,5 Prozent abschmelzen und die Bank bei der Erfüllung der härteren Anforderungen der Regulierer zurückwerfen. Laut „Wall Street Journal“ kann die Festlegung auf das Strafmaß aber noch Wochen dauern. Ob sich das US-Justizministerium am Ende mit der Maximalforderung durchsetze, sei offen.
Dem Vernehmen nach soll BNP-Chef Jean-Laurent Bonnafe vor Ort höchstpersönlich um mildernde Umstände gebeten habe. Denn die Geldstrafe ist nur eine Seite der Medaille. BNP droht nach Angaben eines Insiders auch der vorübergehende Ausschluss vom wichtigen Dollar-Clearing in New York. Die Behörden bestehen offenbar darauf, dass sich BNP in der Sache offiziell schuldig bekennt. Das entspräche der jüngsten Einigung mit der Schweizer Großbank Credit Suisse: Diese hat den jahrelangen Steuerstreit mit den USA gegen eine Zahlung von 2,5 Milliarden Dollar eingestellt und sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung amerikanischer Kunden schuldig bekannt. Damit wird es kein Strafverfahren in den USA geben, und auch die wichtige US-Lizenz kann das Institut behalten. Experten zufolge drohen wegen des Schuldeingeständnisses aber Schadenersatzklagen von Kunden.
Affäre bei Deutscher Bank
Auch die Deutsche Bank befürchtet eine Strafe in einer Devisenaffäre. Es geht um Tricksereien beim russischen Rubel und beim argentinischen Peso. Beide Währungen zählen zwar nicht zu den Leitwährungen. Sollte sich der Manipulationsverdacht erhärten, drohen vonseiten der Behörden trotzdem empfindliche Strafen.
Etliche Großbanken rund um den Globus sind in den Devisenskandal verwickelt. Sie nehmen bei ihren internen Untersuchungen insbesondere die Schwellenländerwährungen unter die Lupe. Eine Sprecherin der Deutschen Bank meinte dazu: „Unsere interne Untersuchung zu den Devisenmärkten läuft noch.“ (Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2014)