Die französische Großbank muss wegen Verstößen gegen US-Sanktionen vermutlich neun Mrd. Dollar zahlen. Auch Dollargeschäfte darf sie eine Zeit lang nicht abwickeln.
Wien. Die französische Großbank BNP Paribas steht in den USA vor einer Rekordstrafe von neun Mrd. Dollar (6,61 Mrd. Euro). Nach wochenlangen Verhandlungen habe sich das Geldhaus im Verfahren wegen Sanktionsverstößen nun auf einen Vergleich geeinigt, sagten mit den Vorgängen vertraute Personen.
Die Höhe der Geldstrafe war bereits vor einer Woche durchgesickert. Es ist die höchste Strafe für eine europäische Bank wegen Verstößen gegen US-Sanktionen. Die Behörden werfen dem Geldhaus vor, Strafmaßnahmen vor allem gegen den Sudan, aber auch gegen den Iran und Kuba umgangen zu haben. Den Ermittlungen zufolge sei dies bei Transaktionen im Volumen von mehr als 100 Mrd. Dollar der Fall gewesen, sagte ein Insider.
Beide Seiten hatten im Vorfeld hoch gepokert: Das Ministerium hat vorübergehend 16 Mrd. Dollar gefordert, nachdem die Bank selbst nur rund eine Milliarde angeboten hatte. Im Gegenzug dafür dürfte die Bank die Banklizenz in den USA behalten. Im Vorfeld hatten die Behörden mit deren Entzug gedroht.
Der Fall zeigt, dass die USA bei der Ahndung von Vergehen im Finanzsektor zunehmend Ernst machen. Auch andere Geldhäuser wie die Deutsche Bank werden wegen mutmaßlicher Verletzungen von Sanktionen überprüft. Gegen mehrere Institute wurden bereits Strafen verhängt, darunter Standard Chartered aus Großbritannien. Auch im Skandal um Zinsmanipulationen und im Steuerstreit mit Schweizer Banken verhängten die US-Behörden Bußen in Milliardenhöhe.
Hollande bat um Milde
Schmerzhaft für die Bank dürfte zudem werden, dass BNP einem Insider zufolge wohl für bis zu einem Jahr bestimmte Abwicklungsgeschäfte in Dollar untersagt werden sollen. Dies betreffe insbesondere die Finanzierung von Öl- und Gasgeschäften. Dahingehend hatte es offenbar zuletzt noch den meisten Abstimmungsbedarf zwischen der Bank und den US-Behörden gegeben. Ein Insider sagte Bloomberg, dass BNP nun ein halbes Jahr Zeit bekommen soll, um den Bann vorzubereiten. Unter Experten gilt es als unklar, welche Folgen ein Verbot von Dollarabwicklungen für die Bank tatsächlich hat. Möglich ist, dass BNP Kundenaufträge zwischenzeitlich von einem Konkurrenten abwickeln lässt. Damit riskiert die Bank aber, dass die Kunden gleich ganz dorthin wechseln. Frankreichs Präsident, François Hollande, persönlich hatte während der Verhandlungen an höchster Stelle um Milde für das Institut gebeten. Doch sein US-Kollege Barack Obama erklärte, der Fall sei allein Sache der Justiz.
Kurz vor dem Wochenende hatte BNP-Chef Jean-Laurent Bonnafe seine Mitarbeiter bereits vorgewarnt: „Ich will ganz deutlich sagen, wir werden eine saftige Strafe bekommen“, schrieb er an die Belegschaft. Analysten zufolge könnten sich die Strafzahlung und die Geschäftseinschränkungen negativ auf die Dividendenausschüttung, die Kernkapitalquote und die Geschäftsziele im Investmentbanking auswirken. Der Vorsteuergewinn des Instituts lag im Jahr 2013 bei umgerechnet 11,2 Mrd. Dollar. Im Zuge eines Vergleichs könnte die französische Bank rund ein Dutzend Angestellte entlassen und Disziplinarverfahren gegen einige andere einleiten, sagte ein Insider.
Eine BNP-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme ab. Das Institut hat sich zu dem Fall seit Mitte Mai nicht mehr geäußert. Damals hatte es die Aktionäre gewarnt, dass die Strafe höher als 1,1 Mrd. Dollar ausfallen könnte. Nur für diese Summe hatte die Bank bis dahin Rückstellungen gebildet. Erst in der Vorwoche hatte das „Wall Street Journal“ berichtet, dass BNP sich frisches Geld von Investoren durch die Ausgabe einer milliardenschweren Anleihe besorgen will. (Reuters/dpa)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2014)