Es rumort in der SPÖ – und in der ÖVP

NATIONALRAT MIT BUDGETREDE:SPINDELEGGER/FAYMANN/BURES
NATIONALRAT MIT BUDGETREDE:SPINDELEGGER/FAYMANN/BURESAPA/ROBERT JAEGER
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Die Genossen sind unzufrieden mit Parteichef Faymann. Und auch ÖVP-Chef Spindelegger sieht sich (einmal mehr) mit Querschüssen konfrontiert.

Es rumort in der SPÖ seit der Schlappe bei der EU-Wahl vergangenen Sonntag. Dass die Sozialdemokraten trotz prominentem Frontmann auf ihrem historischen Tiefststand von 24 Prozent stehen geblieben sind, gibt internen Kritikern Aufwind. Der Adressat: Parteichef und Bundeskanzler Werner Faymann.

Bisher sind es zwar nur Genossen aus der zweiten Reihe der SPÖ, die den Kanzler offen kritisieren – allen voran der bisher eher unauffällige burgenländische SPÖ-Landesrat Peter Rezar, der Faymann öffentlich als Schuldigen für den verfehlten ersten Platz bei der Europawahl ausmachte und ihm Untätigkeit in punkto Steuerreform vorwarf. Es folgten der steirische Gewerkschafter Josef Muchitsch sowie die oberösterreichische Parteirebellin und Nationalratsabgeordnete Daniela Holzinger.

Doch sie treffen mit ihrer Kritik etwas, was sich in der ganzen Partei(basis) breitgemacht hat, ein Gefühl der Unzufriedenheit. Vor allem in Bezug auf die Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen – eigentlich ja ein Kernthema der Sozialdemokraten – sei unter Werner Faymann absolut nichts weitergegangen.


Gesamte Parteispitze rückt aus. Längst nicht nur die SPÖ-Jugend und eine Handvoll relativ unbedeutender Kritiker, sondern auch gewichtigere Stimmen in der SPÖ fordern inzwischen, ein Ende der rot-schwarzen Koalition in Betracht zu ziehen, sollte sich die ÖVP im Bezug auf Steuern weiter querstellen (siehe Interview oben).

Dass der Kanzler die Kritik bislang demonstrativ nicht ernst genommen hat („Schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen“), kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage ernst ist. Warum sonst sollte nach der Attacke eines burgenländischen Landespolitikers die gesamte Parteispitze zur Verteidigung Faymanns ausrücken?

Für ihn könnte die Situation noch deutlich unangenehmer werden. Sollte ihm der Gewerkschaftsflügel nämlich die Unterstützung entziehen, könnte es auf dem Parteitag im Herbst zur Obmanndebatte kommen. Bisher haben die Besänftigungsversuche Faymanns – eine Reform käme „möglichst bald“ – nicht gefruchtet. Bis zum Herbst will die rote Basis Tatsachen sehen.


Spindelegger unter Druck. Nicht nur der SPÖ-Chef kommt zunehmend unter Druck aus den eigenen Reihen. Auch ÖVP-Obmann Michael Spindelegger sieht sich mit Querschüssen konfrontiert – und das, obwohl das EU-Wahlergebnis, das Othmar Karas eingefahren hat, kaum Grund zur Klage bietet. Nachdem Spindelegger am Freitag erneut eine „Steuerreform auf Pump“ abgelehnt hatte, kam heftige Kritik aus seiner politischen Heimat, dem schwarzen Arbeitnehmerverband.

Der Tiroler Arbeiterkammer-Chef, Erwin Zangl, legte seinem Parteichef via ORF indirekt sogar den Rücktritt nahe. „Wenn die Volkspartei das Volk auf ihrer Seite haben will, dann muss man etwas ändern“, sagte er auf die Frage, ob Spindelegger weiter ÖVP-Chef bleiben solle, und verglich ihn mit einem Mitspieler, der aufs eigene Tor schieße.

Kritik kommt auch vom steirischen Nationalratsabgeordneten und ehemaligen ÖAAB-Chef Werner Amon. „Eine bürgerliche Partei muss sich für rasche Steuerentlastung aussprechen. Die unteren und mittleren Einkommen brauchen mehr Luft zum Atmen. Dagegen zu sein, verstehe ich nicht.“ Immerhin: Eine Obmanndebatte will zumindest er nicht sehen. beba

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2014)

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