ÖIAG: Werner Faymanns starker Arm

APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Zuerst war sich die Regierung über eine Reform der Staatsholding ÖIAG einig. Jetzt wieder nicht. Mittlerweile ist nicht einmal sicher, ob die Hypo-Bad-Bank in die ÖIAG kommt. Werner Faymanns Ratgeber Werner Muhm macht Probleme.

Die Meldung kam diese Woche, am Montag: Die Staatsholding ÖIAG wird ihre Hauptversammlung am 26. Juni abhalten. Geht gar nicht anders, die Zeit drängt nämlich: Der bisherige Präsident des ÖIAG-Aufsichtsrates, Peter Mitterbauer, muss nach acht Jahren aus dem Gremium ausscheiden. Höchste Zeit also, Vorkehrungen für seine Nachfolge zu treffen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird Ex-Magna-Manager Siegfried Wolf, der bereits seit Jahren im ÖIAG-Aufsichtsrat sitzt, den Job übernehmen.

Man wird sehen. Quasi amtlich ist hingegen die politische Lähmung im Lande: Mit der beschriebenen Personalrochade hat die Regierung den Beweis erbracht, dass sie mit ihrer Handlungsfähigkeit am Ende ist. Selbst Vorhaben, die im ohnehin mageren Regierungsübereinkommen festgehalten wurden, sind nicht realisierbar.

Am Beispiel der ÖIAG: Die Neubestellung des Aufsichtsrates durch die Regierung wäre der erste, bescheidene Schritt zu einer groß angelegten ÖIAG-Reform gewesen. Doch daraus wird nichts: nicht aus der Neubestellung, und schon gar nicht aus der Reform. Und zu guter Letzt ist mittlerweile nicht einmal sicher, dass ein vor wenigen Wochen von ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger präsentierter Plan umgesetzt werden kann: Ob die Abbau-Einheit der Skandalbank Hypo in die ÖIAG kommen wird, ist mehr als fraglich.

Der Reihe nach: Eigentlich waren sich Spindelegger und SPÖ-Kanzler Werner Faymann schon vor Monaten über die Zukunft der Staatsholding einig. Zunächst sollte die vom seinerzeitigen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gesetzlich festgelegte Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrates wieder rückgängig gemacht werden. Diese sieht vor, dass der Aufsichtsrat selbst neue Mitglieder in das Gremium wählt - für Grasser war das damals der Garant für die Entpolitisierung der ÖIAG. Doch mittlerweile ist in der Regierung große Ernüchterung eingekehrt: Mit einem derart (politisch) unabhängigen Aufsichtsrat lassen sich Pläne generell nicht so anstandslos durchführen. Es sollte dort also zum großen Kehraus kommen.

Lange Zeit wurde über schwarze und rote Sitzplätze gestritten. Doch als der Konfliktpunkt endlich bereinigt war, kam Werner Muhm. Und seitdem geht nichts mehr.
Muhm ist Direktor der Arbeiterkammer Wien. Vor allem aber: Er ist seit Jahren klassenkämpferischer Ezzesgeber von SPÖ-Kanzler Werner Faymann. Was an sich noch kein Problem wäre. In dem speziellen Fall ist es aber so, dass Muhm über die Jahre zu einer ganz schön mächtigen Person geworden ist - naheliegenderweise, weil Faymann in wirtschaftspolitischen Belangen alles andere als firm ist.
Und so kommt es, wie selbst Genossen monieren, dass Faymann die schöne Symbiose einigermaßen entglitten ist: Muhm sagt, Faymann macht.

So auch bei der ÖIAG. Vor Wochen teilte Faymann Spindelegger mit, dass er natürlich zu ihrem Abkommen stehe. Aber: Werner Muhm müsse in den ÖIAG-Aufsichtsrat, ansonsten bringe er die Reform nicht durch. Spindelegger lehnte das Ansinnen empört ab. Motto: Wäre ja noch schöner, wenn ein Quertreiber im ÖIAG-Aufsichtsrat säße.

Faymann war in der Bredouille

Den ganzen Plan wegen Werner Muhm zu schmeißen, wäre imagemäßig eine Katastrophe gewesen. Gut, dass die ÖVP mit einem einigermaßen seltsamen Vorschlag kam: Der ÖIAG-Aufsichtsrat solle neu bestellt werden. Danach sollte er sich aber wieder - wie gehabt - selbst erneuern. Die SPÖ zog die Reißleine.

Jetzt wird also wohl Siegfried Wolf Aufsichtsratschef der ÖIAG. Ein Kandidat, den weder ÖVP noch SPÖ wollten. Aber das ist halt der Preis für das politische Patt.
Damit ist auch Spindeleggers schöner Traum von einer reformierten ÖIAG geplatzt: Mit Faymann war schon längst akkordiert, dass die ÖIAG aufgewertet wird. So sollte sie als Mittelstandsfinanzierer neue Aufgaben bekommen. Und sie sollte zusätzliche Staatsbeteiligungen unter ihrem Dach vereinen - etwa die 51 Prozent der Republik am Stromkonzern Verbund. Oder den Anteil an den Casinos Austria, der von der Münze AG erworben werden sollte.

Auch hier hat Werner Muhm im Hintergrund die Fäden gezogen. Für die „Presse" war er nicht zu sprechen, dafür hat er vor eineinhalb Monaten dem „Kurier" ein Interview gegeben. O-Ton zum Thema ÖIAG als Mittelstandsfinanzierer: „Dafür hat sie (die ÖIAG, Anm.) weder die Erfahrung noch die Qualifikation." Zitat zum Thema Ausweitung der ÖIAG-Beteiligungen: „Wie's derzeit aussieht, richtet die ÖVP die ÖIAG neu auf weitere Privatisierungen aus. Anstatt sich darum zu kümmern, dass die Mehrheiten und damit die Konzernzentralen und Arbeitsplätze in Österreich bleiben."

Womit die SPÖ-Parteilinie wunderbar dargelegt worden wäre. Und Werner Faymann lächelt.

Doch jetzt ist wieder Feuer am Dach: Die Hypo-Abbaubank soll ja nach den Plänen der Regierung in die ÖIAG eingegliedert werden. Die Zeit drängt, das entsprechende Gesetz muss noch vor der Sommerpause beschlossen, also noch im Juni in die Begutachtung geschickt werden. Ganz schlechtes Timing - angesichts des koalitionsinternen ÖIAG-Disputes.

Und so ist alles wieder einmal höchst kompliziert: Mittlerweile ist man vom ursprünglichen Plan abgerückt, die Bad Bank der ÖIAG-Tochter Fimbag zuzuordnen. Offizielle Begründung: Der Finanzmarktbeteiligungsgesellschaft sei es gesetzlich untersagt, sich an einer unregulierten Abbaufirma zu beteiligen. Im Kreditsektor darf sie nur Aktien von Banken mit Banklizenz halten. Inoffiziell ist es aber auch so, dass Klaus Liebscher Fimbag-Chef ist. Jener Klaus Liebscher, der vor wenigen Monaten wutentbrannt sein Mandat als Präsident des Hypo-Aufsichtsrates hingeschmissen hat. Spindeleggers Vertrauen gegenüber Liebscher ist seitdem enden wollend.

Doch wohin mit dem Hypo-„Abfall"? Die zuletzt ventilierte Idee: Er soll in die ÖIAG via Zwischengesellschaft, um andere ÖIAG-Beteiligungen nicht zu „infizieren". Der Haken: Werner Muhm ist skeptisch. „Ich frage mich, wie gescheit es ist, in der ÖIAG einen Konkurskandidaten aufzunehmen", sagte er kürzlich. Natürlich eine rein rhetorische Frage.

Spindelegger muss also in den sauren Apfel beißen. Jüngstes Gerücht: Die Bad Bank kommt ins Finanzministerium. Zu ihm.

(Die Presse" - Printausgabe vom 31.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.