Grossmann: "Heinisch-Hosek wurde es nicht leicht gemacht"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann verteidigt ihre Parteikollegin. Das heimische Schulsystem werde schlechter geredet, als es sei. Die Neue Mittelschule sei aber auf halbem Weg stecken geblieben.

Die Presse: Die Zeugnisverteilung steht vor der Tür. Welche Note würden Sie Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) für die bisherige Performance geben?

Elisabeth Grossmann: Ein Gut. Potenzial nach oben gibt es immer. Die Legislaturperiode ist noch jung.

In der jungen Legislaturperiode steckte die Bildungsministerin aber schon in vielen Krisen. Stichwort Datenleck, PISA-Stopp und Sparpaket.

Es waren wirklich schwere, schwere Prüfungen. Die Ministerin war noch nicht lang im Amt, und schon war da das Datenleck, das sich schlussendlich als krimineller Akt herausstellte. Auch das Konsolidierungsziel, das der Ministerin in dieser Kurzfristigkeit abverlangt wurde, war ein riesiger Brocken. Ihr wurde es nicht leicht gemacht. Aber sie hat es gut bewältigt.

Aber vieles ist noch nicht erledigt. Die Ministerin muss etwa noch weitere Sparmaßnahmen finden.

Es wurde aber bereits eine große Maßnahme gefunden. Die Ankündigung der Ministerin, die nicht abgeholten Mittel bei den Ganztagsschulen nicht jetzt auszuschütten, sondern später, war ein sehr guter Zug, der ihr gelungen ist.

Dieser Zug war vor allem eines: sehr spät. Die Ministerin hat zuerst andere Sparideen verkündet. Dabei wäre direkt in den Klassen gespart worden.

Dagegen habe ich auch protestiert.

Sie haben damals gesagt, dass Sie die drakonischen Sparvorgaben nicht kampflos hinnehmen. Am Sparziel hat sich nichts geändert. Doch wo ist Ihr Kampf geblieben?

Dadurch, dass nun nicht mehr direkt in den Klassen gespart, sondern bei den Ganztagsschulen besagte Anleihe genommen wird, ist viel Luft herausgenommen worden. Nun hat man mehr Zeit, sich Strukturreformen zu überlegen. Es kann etwa nicht sein, dass die Länder die vorgegebenen Lehrerkontingente weiter maßlos überziehen.

Die Länder argumentieren, dass Kontingente überzogen werden, weil sie zu knapp bemessen sind. Der sonderpädagogische Förderbedarf sei etwa größer als angenommen.

Es braucht Adaptierungen. Man muss zudem Kriterien finden, die es ermöglichen, dass Schulen mit hohem Migrantenanteil bzw. mit vielen Schülern aus sozial schwachen Familien mit den Dienstposten das Auslangen finden.

Sie haben gesagt, dass die Neue Mittelschule auf halbem Weg stecken geblieben ist. Woran merkt man das?

An den zunehmend kritischeren Stellungnahmen und daran, dass das Prinzip der Selektion nicht beseitigt wurde. Wir haben immer noch die Sogwirkung in die AHS.

Ist die NMS angesichts dessen ein Schultyp für die Ewigkeit?

Sie sollte auf jeden Fall weiterentwickelt werden.

Das Teamteaching funktioniert auch nicht wirklich. In Wien sind in 80 Prozent der NMS sowieso keine Bundeslehrer im Einsatz.

Es ist dennoch ein gutes Konzept. Ob hier zwei Lehrer eingesetzt werden, die an der PH oder der Uni ausgebildet wurden, ist nicht so bedeutend, dass man das Prinzip an sich infrage stellen muss.

Welche Note würden Sie dem heimischen Schulsystem geben?

Ein Befriedigend. Es wird teilweise schlechter geredet, als es ist. Es gibt aber noch sehr viel Luft nach oben.

Wo sollte die Nachhilfe ansetzen?

Die Lehrpläne müssen durchforstet und die Inhalte praxisnäher werden. Es brauchte außerdem eine ausgeprägtere Feedbackkultur.

ZUR PERSON

Elisabeth Grossmann (45) ist Bildungssprecherin der SPÖ und damit Nachfolgerin von Laura Rudas. Grossmann ist studierte Juristin und seit 2013 Nationalrätin. Davor war sie Landesrätin für Bildung, Frauen, Jugend, Familie und Generationen in der Steiermark. [ Fabry ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2014)

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