48 urbane Stunden am Thermaischen Golf

Homolka lebt und arbeitet in Wien und in Athen und hat nun auch seine Liebe für das lebensfrohe Thessaloniki entdeckt.


1. Le Nouveau Café. Nicht nur für den ersten Café eignet sich dieses gar nicht mehr so neue Etablissement an der Ecke von Platz und Promenade prächtig. Mit Blick auf Meer und Aristotelous-Platz findet man beim Nescafé Frappé rasch einen Plan für den Tag, falls doch nicht, kann man bis zum Sundowner bleiben. Plateia Aristotelous 2


2. Café Olympeion. Etwas weiter nach hinten, unter die Arkaden, kann man sich hier nicht nur zurückziehen, wenn der Wind vom Meer her weht, auch so manches schnelle Geschäft wird hier abgeschlossen. Nicht zu empfehlen, wenn man incognito bleiben will. Plateia Aristotelous 10 & Mitropoleous 37

3. Kitchen Bar. Am Pier Nummer eins legen schon lange keine Schiffe mehr an, dafür finden Hungrige nun hier einen sicheren Hafen. Und zwar egal, ob ihnen der Appetit nach physischer oder geistiger Nahrung steht. Man sitzt entweder in der alten Lagerhalle rund um die offene, innovative Küche oder draußen am Wasser mit Blick auf die Skyline. Und das von früh bis spät, aber erst nachts wird es hier richtig proppenvoll. Pyli 1, Warehouse B, Limani, +30/2310/50 22 41

4. I Giannoula. Wem beim Sightseeing plötzlich der Hunger packt, der ist bei Kyria Giannoula bestens aufgehoben. Oberhalb der römischen Agora kocht sie seit 1974 beste Hausmannskost, wie man es von einer 80-jährigen griechischen Jiaja erwarten darf. Das Beste steht oft nicht auf der Karte, fragen und ein wenig Geduld zahlt sich aus! Od. Kassandrou 50, +30/2310/26 39 28

5. Fri. Ladadika nennt sich das verwinkelte Viertel nahe am Hafen nach den Lagerhäusern der Olivenöl-Dealer, die von hier ihre Geschäfte machten. Nach dem großen Feuer von 1917 ist die Gegend eine der wenigen, in der noch die alte Struktur erkennbar ist, ideal geeignet für kleine Lokale. Das Fri ist ein Ouzeri-Mezedopoleio, Ersteres steht für den sprichwörtlichen griechischen Lebenssaft, Zweiteres für die kleinen Vorspeisen, ohne die man hierorts niemals dem Alkohol huldigt. Doxis 4 & Salaminos, Ladadika, +30/2310/22 20 08


6. Ouzo Melathron. Lassen Sie sich nicht von den zahlreichen Touristen täuschen, diese Ouzeri in einer engen Seitengasse beim Markt neben der Aristotelous zählt auch zu den Favoriten der Einheimischen. Neben den üblichen Mezedes frönt man hier der Fleischeslust, bestes Lamm, ob gegrillt oder in Süßweinsauce ist Geschmacksache. Karypi 21, +30/2310/275 01

7. To Inglis. Kallitheas heißt der Platz ums Eck hier in der Oberstadt, zur schönen Aussicht, die hat man aber auch von der Terrasse dieser Taverne. Und dazu pontische Küche, das heißt, hier schmeckt's fast wie im alten Konstantinopel. Und dienstags und mittwochs spielen dazu die Rembetes live auf ihren Bouzukis und Tsambounas. Irodotou 32, Ano Poli, +30/2310/119 67

8. The Met Hotel. Das Haus wirft alle Griechenland-Klischees erbarmungslos über den Haufen, würde man ein solches doch eher in Londons Docklands erwarten. Bei den Docks liegt es dann auch, und doch nicht weit vom Zentrum, von der hippen Bar auf dem Dach sieht man sogar hinüber. Beim Frühstück im schattigen, grünen Hof blickt man auf einen fetten Porsche von Erwin Wurm, moderne Kunst ist allgegenwärtig, wie auch das dezente Service des zuvorkommenden Personals. Od. 26 Oktobriou, +30/2310/01 70 00, themethotel.gr


9. Electra Palace. Historisches Haus, absolut privilegierte Lage, traumhafte Aussicht. Am Aristotelous-Platz logiert, ja, logiert man mitten im Zentrum der Stadt, die Ausstattung und der Service sind luxuriös, und beim Frühstück auf der großen Dachterrasse sieht man die ersten Sonnenstrahlen die Heimat der Götter auf dem Olymp wachküssen. 9, Pl. Aristotelou, +30/2310/29 40 00, electrahotels.gr

10. Bristol. Das Hotel in einem prachtvollen Gründerzeithaus liegt in einer ruhigen Gasse im Zentrum und ist das einzige historische Hotel der Stadt. Seit 1860 beherbergt es anspruchsvolle Klientel, im Jahr 2000 wurde es authentisch restauriert und kombiniert nun moderne Ausstattung mit ottomanischem Stil. 2, Od. Oplopiou & Katouni, +30/2310/506500, bristol.gr

11. City Hotel. Ganz modern hingegen bietet das City einen Zufluchtsort nach einem anstrengenden Tag in der City, neben gelungenem Design sind Ökologie und Nachhaltigkeit Leitlinien des Eigners, der schräg gegenüber mit dem Excelsior auch noch ein traditionelles Luxushotel betreibt. Dessen klassizistische Fassade zeigt die schöne Aussicht vom Balkon, den Apivita City bietet nur das City. 11, Od. Kominion, +30/2310/26 94 21, cityhotel.gr

12. Augustos. Das historische Dreisternehaus aus dem Jahre 1920 wurde soeben renoviert, sogar die Deckenfresken strahlen jetzt in neuem Glanz. Direkt an der Egnatia, der alten Römerstraße nach Byzanz und in der Nähe von Hafen und Bahnhof liegt es verkehrsgünstig und doch mitten in der Stadt. Typisch griechische Gastfreundschaft zu fairen Preisen. 4, Od. Elenis Svorou, +30/2310/52 25 50, augustos.gr


13. Religiös byzantinisch. Wieder einmal Zweiter, steht Saloniki nur Byzanz selbst, heute Istanbul genannt, in Sachen byzantinischer religiöser Sehenswürdigkeiten nach. Schon im 4. Jahrhundert wurde die erste Kapelle zu Ehren des Stadtpatrons Agios Dimitrios eingeweiht, die, wie auch die folgenden dreischiffigen Basiliken, Raub der Flammen wurden. Basis der existenten Kirche ist die 634 fünfschiffig errichtete und 1493 bis 1912 als Moschee genutzte größte Kirche Griechenlands, die vom großen Feuer 1917 schwer in Mittleidenschaft gezogen erneut wiederhergestellt wurde. Neben Mosaiken aus dem 7. Jahrhundert fasziniert die Krypta, in den einstigen römischen Bädern soll Demetrios als Märtyrer gestorben sein. Die als einzige unzerstört erhalten gebliebene Kirche Panagia Archiropoetos aus dem 5. Jahrhundert bezaubert mit fragilen Steinmetzarbeiten, die Hagia Sophia, im 8. Jahrhundert nach dem Vorbild jener in Konstantinopel als Kathedrale der Stadt auf römischen Thermen erbaut, durch ihre Mosaike und Fresken. Byzantinisches Museum, 2, Leof. Stratou, mbp.gr

14. Imperial römisch. Eine bewegte Geschichte hat die 306 von Kaiser Galerius als Pantheon oder Tempel für Zeus errichtete Rotonda. Erst wurde sie zum Mausoleum für Galerius, dann zur Kirche, unter den Osmanen zur Moschee und schließlich wieder zu einem christlichen Gotteshaus umgewidmet. Ein Jahr früher wurde der Galerius-Bogen fertig, ein Triumphtor in der römischen Mauer, das den Sieg über die Perser feiert und in filigranen Reliefs darstellt. Durch das Tor führt noch immer die Via Egnatia, Verbindungsstraße zwischen den beiden Roms, westlich liegen die Ausgrabungen des Palastes von Caesar Galerius und des Hippodroms, östlich davon das Forum Romanum, das anlässlich des geplanten Neubaus des Gerichtsgebäudes und der Metro zum Vorschein kam. Beide ermöglichen nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit, sondern zeigen auch eindrücklich die Spannungen des Alltagslebens an einem derart geschichtsträchtigen Ort. Archäologisches Museum, 6, Od. M. Andronikou, amth.gr


15. Kommerziell osmanisch. Als Shopping-Arterie zieht sich die Tsimski Avenue durch die Stadt, benannt nach dem byzantinischen Kaiser armenischer Herkunft, der im 10. Jahrhundert die heranstürmenden Abassiden abgewehrt hat. Ob sein Name nun von den roten Schuhen oder der kleinen Statur herrührt, ist einerlei, er hätte sich in den zahlreichen Boutiquen jedenfalls problemlos einkleiden können. Der Kapani-Markt wiederum kümmert sich um das leibliche Wohl, übersichtlich wird alles feilgeboten, was den Appetit anregt, die Atmosphäre ist levantinisch. Ähnlich das Angebot auf dem Modiano-Markt ein Stück weiter nördlich, der Name erinnert an die bedeutende jüdische Kaufmannsfamilie, aus der auch der Architekt der klassizistischen Markthalle aus dem Jahre 1922 stammt. Im Giebel erinnern die stehen gebliebenen Zeiger der großen Uhr an das Erdbeben von 1978. Das Gebäude des Bezesteni-Marktes ist durch und durch osmanisch, sechs Kuppeln überdecken die Halle, in der Gold, Schmuck und feine Textilien gehandelt werden. Und gleich nebenan steht noch immer das türkische Bad zur Erfrischung bereit. Ethnologisches Museum, 162, Leof. Vas Olgas, www.lemmth.gr

16. Kulturell modern. 2014 ist Thessaloniki Europas Jugendhauptstadt, dementsprechend reich fällt das kulturelle Angebot aus. Schon seit Langem behauptet dagegen das jährliche Filmfestival seinen hervorragenden Rang, im November geht es zum 55. Mal über die Bühne. Etwas jünger, aber nicht weniger bedeutend, ist das Dokumentarfestival im März. In der Fotographie spielt man mit der Biennale und dem Photo-Festival international mit, das Photomuseum am Pier 1 ist dann das Hauptquartier der Veranstaltung, aber auch die restliche Zeit mit seinen Ausstellungen immer einen Besuch wert Film- und Photomuseum, Warehouse A, Limani, cinemuseum.gr, photobienniale-greece.gr

17. Filmempfehlung. „One step ahead“: Dimitris Athiridis hat Iannis Boutaris während seines Wahlkampfes 2010 mit Kamera und Mikrofon begleitet und ein tolles Dokument über den unkonventionellen Stil des heute 71-jährigen Rebellen geschaffen, der sich weder von den Drohungen des Metropoliten noch den Warnungen seiner Berater von seinem Weg abbringen lässt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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