Irak: Bagdad erhält erste Kampfjets aus Russland

Russische Su-25 Frogfoot
Russische Su-25 Frogfoot merlion86/Flickr
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Einen Tag nach dem Beginn einer Offensive der irakischen Armee auf Tikrit gehen die Kämpfe mit den ISIS-Milizen weiter. Unterdessen sind die bestellten Militärjets aus Russland eingetroffen.

Für ihren Kampf gegen die ISIS-Jihadisten hat die irakische Luftwaffe am Wochenende Militärjets aus Russland erhalten. Ein erster Teil von erst vor wenigen Tagen erworbenen Kampfjets des Typs Suchoi sei eingetroffen, verlautete am Sonntag aus Regierungskreisen in Bagdad. Die Offensive zur Rückeroberung der Stadt Tikrit wurde mit heftigen Luftangriffen fortgesetzt.

Ministerpräsident Nuri al-Maliki hatte erst am Donnerstag bekannt gegeben, aus Russland mehr als ein Dutzend Suchoi-Flieger für schätzungsweise bis zu 500 Millionen Dollar (367,11 Mio. Euro) zu kaufen. Die Flugzeuge sind besonders für Angriffe auf Ziele am Boden ausgelegt. Es ist aber unklar, ob die irakische Luftwaffe überhaupt ausgebildete Piloten hat.

Ein irakischer Regierungsmitarbeiter sagte am Sonntag, erfahrene Luftwaffenpiloten aus der Zeit Saddam Husseins sollten die russischen Maschinen fliegen. Der frühere Machthaber war wie die Organisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) sunnitisch, und Experten zufolge haben sich zahlreiche frühere Verbündete aus dem Lager Saddam Husseins ISIS angeschlossen.

Die Stadt Tikrit:

Der Kampf gegen den Extremismus

Das irakische Militär wartet noch auf eine zugesagte Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen und Apache-Kampfhubschraubern aus den USA. Bagdad bittet die USA zudem seit Wochen darum, sie im Kampf gegen die Extremisten mit Luftangriffen zu unterstützen. Washington verlegte zunächst jedoch nur 180 Militärberater in den Irak.

Am Samstag sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow bei einem Besuch in Syrien, Russland werde dem Vormarsch der Islamisten im Irak "nicht tatenlos zusehen". Konkrete Schritte kündigte er aber nicht an.

Auch König Abdallah von Saudi-Arabien kündigte in einer Ansprache zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am Sonntag einen entschlossen Kampf gegen den Extremismus an. Einige Muslime würden, "irregeleitet durch falsche Appelle, Reform und Terrorismus verwechseln", kritisierte der König mit Blick auf die ISIS. Saudi-Arabien wird gemäß dem Wahhabismus, einer ultrakonservativen Auslegung des sunnitischen Islam, regiert, die das Königreich weltweit fördert. ISIS und andere radikale sunnitische Gruppen wie Al-Kaida stellen jedoch für Saudi-Arabien eine Bedrohung dar, da sie die Saudi-Monarchie für illegitim halten und ihr das enge Bündnis mit den USA vorwerfen. Das Königreich geht daher seit Jahren mit großer Härte gegen ihre Anhänger vor.

Iran, die Schutzmacht der Schiiten

Aus dem Iran ließ Brigadegeneral Massoud Jazayeri wissen, das iranische Militär sei notfalls bereit, die Regierung im Nachbarland Irak gegen die sunnitischen Rebellen zu unterstützen. Es würden dabei die gleichen Mittel angewendet wie in Syrien. Details nannte der stellvertretende Generalstabschef nicht. Der Iran versteht sich als Schutzmacht der Schiiten und hat erklärt, ihre heiligen Stätten auch in den Nachbarländern zu verteidigen. Sowohl im Irak mit seiner vom Schiiten Maliki geführten Regierung als auch in Syrien kämpfen sunnitische Rebellen gegen die jeweilige Führung.

Ihre am Samstag gestartete Großoffensive gegen das zentral gelegene Tikrit - die Heimatstadt Saddam Husseins - setzten die irakischen Streitkräfte am Sonntag mit zahlreichen Luftangriffen fort. Laut Augenzeugen wurden mehrere Bezirke sowie ein früherer Palast des Ex-Machthabers bombardiert. Mehr als 70 "Terroristen" seien getötet worden, sagte ein Militärsprecher. ISIS-Rebellen hatten die Stadt am 11. Juni in ihre Gewalt gebracht.

"Bagdad werden sie nicht erobern"

Irakische Soldaten rückten am Sonntag auch auf die überwiegend von Schiiten bewohnte Ortschaft Bashir südlich von Kirkuk vor, die ebenfalls von ISIS überrannt worden war. Die Regierungstruppen wurden nach offiziellen Angaben von kurdischen Peschmerga unterstützt. Der irakische Kurdenführer Massoud Barzani machte deutlich, dass er die autonome Region im Norden um die Gebiete erweitern will, aus denen sich die Regierungstruppen beim Start der ISIS-Offensive zurückgezogen hatten.

Der Leiter des irakischen Krisenstabs gegen ISIS, General Ali al-Saidi, unterstützte in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" die Autonomiebestrebungen von Kurden, aber auch Sunniten. "Alle Gruppen sollen ihre eigenen Regionen erhalten. Das ist die einzige Lösung" um ISIS zu isolieren, sagte Saidi. Zwar könnten die Sunniten nicht wie unter Saddam Hussein den gesamten Irak regieren, "aber zumindest sich selbst". Der General betonte, die Hauptstadt Bagdad sei sicher vor ISIS. "Wir haben einen Verteidigungsgürtel rund um Bagdad angelegt, mit vier Divisionen zu je 15.000 Mann. Das sind Elitetruppen. Dazu kommen die Freiwilligen, die immer mehr werden. Isis kann Terroranschläge verüben, aber Bagdad werden sie nicht erobern."

Stadtporträt

Tikrit, die Geburtsstadt Saddam Husseins, liegt etwa 170 Kilometer nördlich von Bagdad. Der vorher bescheiden von Ackerbau und Handel lebende Ort wurde unter dem früheren irakischen Machthaber zur modernen Hauptstadt der Provinz Salaheddin ausgebaut. Am Ufer des Tigris ließ er sich Paläste errichten. Tikrit entwickelte sich damals zu einem Machtzentrum Saddam Husseins. Heute leben ca. 100.000 Menschen in der Stadt.

Für die muslimische Welt hat Tikrit große Bedeutung als Geburtsort von Sultan Saladin im 12. Jahrhundert, der die Kreuzritter besiegte und Jerusalem eroberte. In den vergangenen Jahren war die Stadt mehrfach Schauplatz verheerender Terroranschläge. 2011 wurden bei einer Geiselnahme im Provinzparlament und der anschließenden Befreiungsaktion 65 Menschen getötet, darunter Dutzende Abgeordnete.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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