Linzer Swap: Eine Stadt, eine Bank und keine Gnade

APA/ROLAND SCHLAGER
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Prozess. Seit drei Jahren streiten die Bawag und die Stadt Linz über ein missglücktes Swap-Geschäft. Die Kosten liegen schon bei über 500 Millionen Euro, doch die Sache zieht sich. Mit Absicht? Die skurrile Chronologie des Rechtsstreits.

Der große Paukenschlag erfolgte am Mittwoch dieser Woche. Und zwar in Linz. Dort hat der sogenannte Lenkungsausschuss des Stadtsenats eine aufsehenerregende Entscheidung getroffen: Die Stadt Linz will eine Befangenheit des Wiener Richters Andreas Pablik prüfen lassen.

Der ist natürlich nicht irgendwer. Sondern jener Richter, der den nicht minder aufsehenerregenden Prozess der Stadt Linz gegen die Bawag führt. Ein Prozess, in dem über ein missglücktes Swap-Geschäft der Linzer - eingefädelt von der Bawag - gestritten wird. Mittlerweile hat sich ein Verlust von mehr als 500 Millionen Euro angehäuft. Bei dem üppigen Betrag sind die Prozesskosten noch gar nicht inkludiert. Die sind auch nicht ohne: Eine Prozessstunde kommt auf 36.000 Euro. Ein Tag auf rund 140.000 Euro. Bisher sind rund zehn Verhandlungstage angefallen.
Aber das wird sicher noch teurer. Irgendwie kann man sich nämlich des Eindrucks nicht erwehren: Die Linzer setzen alles daran, um einen Urteilsspruch hinauszuzögern. Man kann es fast verstehen: Im September 2015 stehen in Linz Gemeinderatswahlen an.

Solche Gedankenspiele weist der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger natürlich stets entrüstet zurück. Er wird schon recht haben. Aber seltsam muten die Ereignisse rund um das seit drei Jahren dauernde Verfahren trotzdem an.
Das begann schon Ende 2011, als die Stadt Linz mit einem Mal beschloss, die Zahlungen an die Bawag einzustellen. Es folgte eine Klage der Stadt und eine Gegenklage der Bawag. Als beide Parteien sich im Sommer 2012 erstmals vor Gericht trafen, kam der händeringende Appell des Richters: Die beiden Streitenden mögen sich doch, bitte schön, einer Mediation unterziehen. Sonst werde die Sache teuer.
Das taten die beiden auch. Ohne Erfolg. Im Jänner 2013 brach die Bawag die Mediation ab. Man komme auf keinen grünen Zweig, so die Begründung sinngemäß.
Also doch ein Prozess. Da wurde es abermals kompliziert. Allein die Frage, ob unter Beiziehung von Laienrichtern verhandelt werden soll, nahm Monate in Anspruch. Die ersten drei Kandidaten wurden von der Stadt Linz als befangen abgelehnt, der vierte war der Bawag nicht genehm. Also ein Einzelrichter, nämlich Pablik.

Im Mai 2013 kam es zum ersten Verhandlungstag. Im folgenden Sommer sogar zu abermaligen Vergleichsgesprächen, ganz diskret. Immer wieder trafen sich Bawag-Chefjurist Alexander Schall und der Finanzdirektor der Stadt Linz, Hermann Kepplinger. Und siehe da: Die beiden merkten, dass sie gar nicht so weit auseinanderlagen. Die Bawag war bereit, sich mit rund 300 Millionen Euro zufriedenzugeben. Kepplinger sprach von maximal 200 Millionen Euro, die die Linzer bereit wären zu bezahlen. Es schien Bewegung in die Sache zu kommen: Immerhin hatte der damalige Linzer Bürgermeister Franz Dobusch stets von maximal 100 Millionen Euro gesprochen. Das roch nach einem Durchbruch.

Mitte September 2013 sollten also Nägel mit Köpfen gemacht werden. Aus New York wurde Bawag-Aufsichtsratspräsident Franklin W. Hobbs eingeflogen. Bürgermeister Dobusch bequemte sich daher auch nach Wien, legte aber größten Wert auf einen höchst diskreten Treffpunkt. Es wurde ein Büro in der Wollzeile aufgetrieben. Das Gespräch fand unter vier Augen statt - sieht man von anwesenden Dolmetschern ab. Und es dauerte bloß eine halbe Stunde. Dobusch war bei seinen maximal 100 Millionen Euro geblieben.

Halb so schlimm. Kurze Zeit später trat Dobusch ohnehin als Bürgermeister zurück. Und sein Nachfolger Klaus Luger tat gleich kund, dass er großes Interesse an einem Vergleich mit der Bawag habe.

Also wieder zurück zum Start: Lange wurde um einen Gesprächstermin gerungen. Im März 2014 (!) war es dann so weit. Bawag-Chef Byron Haynes fuhr nach Linz, später reiste Luger nach Wien. Das Ergebnis: Luger erklärte, maximal 150 Millionen zahlen zu wollen. Die Vergleichsgespräche waren gescheitert.

Dann ging es munter weiter. Nämlich im Kreis: Es sollte ein Sachverständiger beauftragt werden. Beide Streitparteien legten dem Gericht Vorschläge vor. Auf beiden Listen fand sich der Name Uwe Wystup, Professor an der Universität Antwerpen. Bingo. Bis es sich die Linzer doch anders überlegten und seine Unbefangenheit infrage stellten. Das Oberlandesgericht Wien prüft die Sache derzeit noch.
Ein besonders denkwürdiges Ereignis begab sich aber am 27. Mai. Da sollte der ehemalige Linzer Finanzdirektor Werner Penn einvernommen werden. Jener Mann, der im Jahr 2007 den Swap mit der Bawag abgeschlossen hatte. Richter Pablik machte die Linzer noch tags davor darauf aufmerksam, dass Penn von der Amtsverschwiegenheit entbunden werden müsse. Am Verhandlungstag stellte sich heraus: Das war nicht geschehen. Stunden später kam der Entbindungsbescheid. Penn verweigerte dennoch die Aussage.

Der Richter - leicht verärgert - stellte den Linzern daraufhin 36.000 Euro für den Prozesstag in Rechnung. Grund genug für die Stadt, den nun beschlossenen Befangenheitsantrag zu stellen.

Das ist freilich nicht der einzige Grund: Es ist nämlich so, dass der Richter noch am 27. Mai die Stadt Linz aufgefordert hat, Aufsichtsratsprotokolle der städtischen Immobiliengesellschaft zu übermitteln. Dort war nämlich Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr Aufsichtsratschef. Und Bürgermeister Luger sein Vize. Das Interessante dabei: Die Gesellschaft hatte ebenfalls Swap-Geschäfte laufen und den Aufsichtsrat damit befasst. Womit die Argumentation, man habe beim Bawag-Swap nicht gewusst, worauf man sich einlässt, irgendwie brüchig werden würde.

Bis zum 18. Juni sollten die Linzer die Aufsichtsratsprotokolle liefern. Taten sie aber nicht. Worauf der Richter Bürgermeister Luger für den 4. Juli als Zeuge lud.

Die Ladung ist jetzt mit dem Linzer Befangenheitsantrag hinfällig. Vorerst jedenfalls.

("Die Presse", Printausgabe vom 28.5.2014)

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