Telekom Austria: Der Rest gehört Österreich

Mexican billionaire Slim arrives to the opening of the Inbursa Aquarium in Mexico City
Mexican billionaire Slim arrives to the opening of the Inbursa Aquarium in Mexico City(c) REUTERS (TOMAS BRAVO)
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Kleinaktionäre verkaufen ihre Anteile an der Telekom in Scharen an Carlos Slim. Der mexikanische Milliardär übernimmt mehr als die Hälfte der Telekom, der Staat wird Juniorpartner. Das wird etwas ändern.

Wien. Der reichste Mann der Welt, Carlos Slim, ist der neue Herrscher der Telekom Austria. 14 Jahre nach dem Börsengang des Ex-Staatsmonopolisten verkauften die Kleinanleger ihre „Volksaktien“ zu tausenden an den mexikanischen Milliardär. Für einen Preis von 7,15 Euro (zehn Prozent über dem relevanten Durschnittskurs) sammelte Slim weitere 23,5Prozent am Unternehmen ein und hält nun knapp 51 Prozent an der Telekom Austria. Drei Monate bleibt das Angebot für Spätentschlossene noch aufrecht. Die Republik ist über die Staatsholding ÖIAG (derzeit 28,4Prozent) nur noch Juniorpartner.

Aber was bedeutet die endgültige Machtübernahme durch den Zigarre rauchenden Mexikaner für die Zukunft des Unternehmens?


•Personalrochaden. Am schnellsten sichtbar wird der Machtwechsel wohl in den Gremien der Telekom Austria werden. Wie schon im Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und Carlos Slims América Móvil festgeschrieben, erhalten die Mexikaner das Recht, künftig acht von zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat und zwei von drei Vorständen zu nominieren. Dafür wird erwartet, dass noch im Spätsommer eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen wird, heißt es aus dem Unternehmen.

Die Aufsichtsratsmitglieder werden dort installiert werden. Die Personalrochade im Vorstand könnte hingegen noch etwas dauern. Der Vertrag von Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer läuft noch ein Jahr, Telekom-Chef Hannes Ametsreiter und Technikvorstand Günther Ottendorfer wurden erst im Vorjahr für drei Jahre wiederbestellt. Wünscht Slim ihre Ablöse früher, muss er entsprechend Geld in die Hand nehmen.


•Apropos Geld. Die Telekom Austria darf sich mit der Übernahme durch den Mexikaner auch auf den lange erwarteten Geldregen einstellen. Eine Milliarde Euro haben Slim und ÖIAG stets versprochen. Geld, das die angeschlagene Telekom nach der teuren Frequenzvergabe und den Rückschlägen in Osteuropa bitter nötig hat. Die Staatsholding dürfte bei der Kapitalerhöhung nicht voll mitziehen. Mittelfristig peilt sie die Sperrminorität von 25Prozent und einer Aktie an. Einige Aktien könnte auch América Móvil wieder abgeben, um die vereinbarten 24 Prozent Streubesitz zu garantieren.


•Zurück nach Osteuropa. Strategisch wird das wohl die größte Weichenstellung für den Mobilfunkkonzern sein. América Móvil sieht Österreich als Plattform für die Ost-Expansion. Die Telekom Austria wird in den kommenden Jahren also (wieder) in viele Märkte im Osten gehen und dort vorwiegend Festnetzgesellschaften aufkaufen, um die bestehenden Mobilfunktöchter zu stärken, erwartet LBBW-Analyst Stefan Borscheid. Allzu glücklich agierte die Telekom Austria im Osten zuletzt nicht. Nach dem Debakel in Weißrussland musste das Unternehmen erst vor Kurzem bekannt geben, dass auch die Tochter Mobiltel in Bulgarien ein 400 Millionen Euro großes Loch in die Bilanz reißen wird.
•Neues Machtzentrum in Mexiko. Die Telekom Austria behält zwar ihr Hauptquartier in Wien, ansonst werden die Uhren im Konzern aber ganz auf Mexiko eingetaktet. In Hinkunft ist die Telekom Austria ein Tochterunternehmen der América Móvil und wird als solches auch voll in die Bilanz des mexikanischen Konzerns konsolidiert. Dafür müssen auch die Veröffentlichungstermine angepasst werden. Der nächste Jahresabschluss der Telekom wird wohl eine Woche früher kommen, zeitgleich mit der Bilanz der América Móvil.


•Staat verliert seinen Einfluss. Diesen Punkt haben die Grünen am Dienstag gehörig ausgeschlachtet. Und auch wenn die ÖIAG darauf pocht, dass die Holding ein Vetorecht behält: Fakt ist, dass im Unternehmen künftig die Mexikaner das Sagen haben werden. Damit steht kein einziges Unternehmen in der österreichischen Telekombranche mehrheitlich in österreichischem Besitz. T-Mobile Austria gehört Deutschen, Hutchison Chinesen, und im Festnetz sieht es nicht anders aus. Das muss jedoch nicht viel bedeuten. In anderen Branchen sind große „österreichische“ Leitbetriebe ebenfalls in Besitz ausländischer Geldgeber.

Allerdings kommt mit Carlos Slim ein Mann, der in seiner eigenen Heimat nicht unumstritten ist. Sein Unternehmen kontrolliert 80 Prozent des Festnetz- und 70Prozent des Mobilfunkgeschäfts. Mexiko will das ändern und plant Gesetze, die Slim zur Zerschlagung zwingen könnten. Derzeit verkauft der Milliardär einen Teil des Unternehmens, um sein Quasi-Monopol in Mexiko zu retten.

AUF EINEN BLICK

Carlos Slim ist laut US-„Forbes“ gemeinsam mit Microsoft-Gründer Bill Gates der reichste Mensch der Welt. Das Vermögen der beiden soll bei jeweils rund 58 Milliarden Euro liegen.
743 Millionen Euro
nimmt der Mexikaner nun in die Hand, um seinen Anteil an der Telekom Austria auf knapp 51Prozent zu hieven. Eine weitere Milliarde verspricht Slim dem Unternehmen als Kapitalspritze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2014)

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