Salzkammergut: Hochzeit in der Kaiservilla

Kaiservill Bad Ischl
Kaiservill Bad Ischl(c) ORF
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In Bad Ischl heiratet heute Sisis Ururenkelin. Vom Spagat zwischen modernem Leben, Geschichtsbewusstsein und Kaiserkitsch.

Kaiserstadt“, nennt sich Bad Ischl auf seiner idyllischen Homepage. „Zwischen Tradition und Moderne“ steht als Slogan dort – und wer je in Bad Ischl war, mit seiner Kaisernacht und seinem Kaiserfest, Kaiserzug, Kaisergolf und den Kaiserdesserts, der weiß, wie man das Verhältnis auslegt.

Ein wenig schwerer tut sich da offenbar jene Familie, die in Bad Ischls Kaiservilla wohnt: jene von Markus Habsburg-Lothringen, dessen Tochter Magdalena Habsburg-Lothringen heute, Samstag, heiratet. Kaiserhymne ja oder nein? (Zum Kaisergeburtstag am 18.August singt man sie in Ischl inbrünstig). Die Frage blieb lange unentschieden. Am Ende hieß es: „Ja, aber nur eine Strophe. Aus reiner Familientradition und nicht als politisches Statement.“

Das letzte Mal, dass hier eine Habsburger-Hochzeit stattfand, war 1890: Erzherzogin Marie Valerie, Tochter von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth, heiratete ihren Cousin zweiten Grades, Erzherzog Franz Salvator aus der Toskana-Linie der Habsburger. An der Orgel saß Anton Bruckner. Nach dem Ersten Weltkrieg verzichteten die beiden auf alle Thronansprüche, wodurch die Villa bis heute in Familienbesitz blieb.

Hundert Jahre, zwei Kriege und eine Staatsform später lebt man davon, das Haus mühsam zu erhalten und Touristen zugänglich zu machen: Jedes Jahr schwelgen tausende Touristen darin, nachzuempfinden, wie Franz Joseph und seine Sisi ihre Sommerfrische verbrachten, und sich zwischen Krickeln und Geweihen mit Devotionalien einzudecken. „Wenn dem Vater die Kaiservilla gehört und man Namensträgerin ist, hört sich die Privatheit auf“, findet denn auch ORF-Adelsexperte Helge Reindl, der die Familie in der Frage des Umgangs mit der Öffentlichkeit berät. Gemeinsam hat man eine kurze Erklärung herausgegeben und erlaubt Fotos vor der Kirche und im Park.

Gegen eine Pressekonferenz hat sich das Brautpaar verwehrt. Magdalena Habsburg-Lothringen und Sebastian Bergmann mögen es, so heißt es, schlicht und unaufgeregt. Beide sind Juristen, Bergmann ist Assistenzprofessor an der Johannes-Kepler-Universität Linz, Habsburg-Lothringen Rechtsanwaltsanwärterin – und Franz Josephs und Sisis Ururenkelin. Angesichts der Tatsache, dass ein Gutteil der Habsburger längst nicht mehr in Österreich lebt, „könnte das auf lange Sicht die letzte Habsburger-Hochzeit hier sein“, betont Reindl, der nach eigenen Angaben über das größte Adelsarchiv der Welt verfügt. Zwischen 600 und 800 Mitglieder zählten die Habsburger ihm zufolge, viele leben in Belgien oder der Schweiz, 100 bis 150 in Österreich. Sie seien „nicht sehr präsent“ und nur wenige in einem Ort so verwurzelt wie in Ischl.

Nach einer Brautsoiree gestern Abend findet hier heute um 14 Uhr in der Stadtpfarrkirche St.Nikolaus die Trauung statt (Habsburg-Lothringen hat sich für das Hochzeitskleid ihrer Mutter entschieden), danach geht es per Kutsche zur Kaiservilla. Der Landeshauptmann und der Bürgermeister kommen, außerdem Mitglieder der Familien Habsburg-Lothringen, Hohenberg, Altenburg, Salm-Salm oder Liechtenstein.

„Zukunftsorientierte Menschen“

Sie sei stolz darauf, „Mitglied des ehemals regierenden österreichischen Kaiserhauses zu sein“ und habe dementsprechend „ein besonderes Geschichtsverständnis aus erster Hand“, sagt Habsburg-Lothringen. Sie und ihr Mann seien aber auch „zukunftsorientierte Menschen unserer Zeit“, man wolle versuchen, „im eigenen Wirkungskreis diese Welt im positiven Sinn ein klein wenig mitzugestalten“. Dass am 28. Juli 1914 Franz Joseph just in Bad Ischl die Kriegserklärung unterschrieb, möchte man zumindest heute nicht bedenken müssen. Bis zum Jahrestag ist ja auch noch eine Woche Zeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2014)

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