Ein Justizopfer namens Bernie Ecclestone

Es wäre besser gewesen, den Prozess zu Ende zu führen.

Skandal! Ein Multimilliardär erkauft sich die Freiheit. Schuldig + reich = unschuldig. So ähnlich lauteten die Reaktionen auf die Einigung von Bernie Ecclestone und der Justiz, das Verfahren wegen Bestechung gegen die Zahlung von 100 Mio. Dollar fallen zu lassen. Und es stimmt: Auf den ersten Blick mutet es wie ein schlechter Witz an, dass jemand, der wegen Schmiergeldzahlungen vor Gericht steht, gerade durch die Zahlung von Mio. den Prozess beenden kann.

Der Fall verdient aber einen zweiten Blick: So war die Einigung kein Deal zwischen Gericht und Ecclestone, sondern die Anwendung eines Gesetzes, das im Vorjahr in 126.174 Fällen angewandt wurde. Wenn sich andere freikaufen dürfen, warum Ecclestone dann nicht? Weil er reich ist?

Zweitens lief das Verfahren schlecht für die Anklage. Laut Richter wurden die „Vorwürfe in weiten Teilen nicht erhärtet“. Es hätte also durchaus zu einem Freispruch kommen können. Und da nahm die Justiz lieber die 100 Mio. Dollar.

Zynisch könnte man Ecclestone sogar als Justizopfer bezeichnen, der sich wegen seines Alters ja freikaufen musste. Für den Rechtsstaat wäre ein ordentliches Urteil wohl trotzdem besser gewesen. Auch, wenn es vielen noch weniger gepasst hätte.

jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2014)

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