Justiz: Der Zorn des Thomas Prinzhorn

(c) FABRY Clemens
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Die Industriellen Thomas Prinzhorn und Cornelius Grupp haben nach Millionenverlusten ihren Vermögensverwalter angezeigt. Doch die Staatsanwälte haben die Sache ad acta gelegt. Jetzt gehen die Anwälte mit ihnen hart ins Gericht.

Im Frühling 2012 war Vermögensverwalter Michael Sares guter Dinge. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Sache in meinem Sinne ausgehen wird“, sagte er damals der „Presse“. Wenige Monate davor hatten die Industriellen Thomas Prinzhorn und Cornelius Grupp Anzeige gegen ihn bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht – weil sie sich durch Investments, die Sares in ihrem Namen getätigt hatte, geschädigt fühlten. Es ging um immerhin 2,5 Millionen Euro. Pro Person.

Für Michael Sares, der sich recht gern in exklusiven Zirkeln bewegt, fiel das zweifellos in die Kategorie „Worst Case“: Zwei höchst prominente Wirtschaftstreibende als Gegner – das ist für das persönliche Fortkommen eher hinderlich. Und negative Schlagzeilen sind für das diskrete Geschäft der Vermögensverwalter sowieso Gift. Doch Sares gab sich gelassen. Und lag damit goldrichtig: Gerade erst ist das zivilrechtliche Verfahren, bei dem Prinzhorn Sares persönlich geklagt hatte, im Sinne des Vermögensverwalters ausgegangen. Vor allem aber: Anfang Juni hat die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingestellt.

Trotzdem ist die Sache nicht vorbei. Die beiden Industriellen schießen nochmals scharf – diesmal aber eher in Richtung Korruptionsstaatsanwaltschaft. Jedenfalls haben ihre Anwälte einen Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens eingebracht. 37 Seiten misst das Werk, in dem sehr detailreich auf die vermeintlich eher schleißigen Ermittlungen hingewiesen wird.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat dazu mittlerweile eine negative Stellungnahme eingebracht, was zu erwarten war. Die Sache wird vom Gericht zu entscheiden sein. Man wird sehen. Spannend ist für Nichtinvolvierte aber ohnehin etwas ganz anderes. Nämlich der Antrag der Anwälte. Der gibt wunderbar Einblick in die Arbeitsweise der Ermittler. Was für Anleger, die um ihr Geld gebracht wurden und eventuell den Klagsweg beschreiten wollen, nicht ganz uninteressant sein dürfte.

Zur Chronologie: Im September 2011 wurde die Anzeige gegen Sares eingebracht – und wurde in der Folge unter den Staatsanwälten quasi weitergereicht: Insgesamt derer drei waren mit der Causa beschäftigt. Nacheinander, nicht gleichzeitig.

Wobei die Qualität der Ermittlungen nach Ansicht der Anwälte nicht proportional zur Zahl der Staatsanwälte zugenommen hat. Eher im Gegenteil. Im Fortführungsantrag wird die Einstellung der Ermittlungen als „unerträgliche Fehlentscheidung“ bezeichnet. Es seien „bewiesene Tatsachen“ vernachlässigt worden, es seien zu „wesentlichen Tatsachen“ keine Beweise aufgenommen worden. Fazit der Anwälte: „Die Staatsanwaltschaft hat einen Großteil des angezeigten Sachverhalts nicht geprüft [. . .], hat Ermittlungen zu wesentlichen Tatsachen unterlassen.“ Und weiter: „Insgesamt fällt auf, dass den Aussagen der Opfer weniger Glauben geschenkt wird als den Aussagen der Beschuldigten.“

Dabei sind die Vorwürfe der Opfer durchaus leicht nachvollziehbar. Sie hatten der Investmentgesellschaft von Michael Sares einst viel Geld anvertraut. Dieser habe aber – ohne ihr Wissen – in Papiere von finanziell klammen Firmen investiert: in Aktien des Computerspieleunternehmens JoWood nämlich, sowie des Raumausstatters Inku. Gar nicht gut: Beide schlitterten später in die Pleite. Der Vorwurf der Industriellen: Sares habe keine Veranlagung im klassischen Sinn übernommen, sondern habe Eigeninteressen verfolgt. Er habe nämlich als Private-Equity-Investor Geld in marode Firmen gesteckt – und dafür auch Gelder von Kunden genommen. Ganz zu schweigen von Investments in eine allgemein unbekannte Firma namens RA Global, deren Wirken sich kaum jemandem erschließt.

Sares hat die Vorwürfe empört zurückgewiesen und betont, dass seine Kunden stets über Investments informiert wurden.

Aussage gegen Aussage also. Und die Ermittler? Die scheinen sich tatsächlich während der zweieinhalb Jahre dauernden Ermittlungen nicht den sprichwörtlichen Haxen ausgerissen zu haben, um der Wahrheitsfindung zu dienen.
Im Fortführungsantrag heißt es, dass „die Auswahl der einvernommenen Zeugen sehr willkürlich war“. So wurde der Frage, inwieweit Sares möglicherweise Eigeninteressen verfolgte, nicht weiter nachgegangen. Zum Sachverhaltskomplex RA Global gab es überhaupt keine Ermittlungen und keine Befragungen von Mitarbeitern. Ein eigenes Gutachten wurde von den Staatsanwälten auch nicht in Auftrag gegeben. Man begnügte sich mit einer Expertise, die im Zivilverfahren in Auftrag gegeben worden war. Da ging es unter anderem darum, eine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung mit der tatsächlich durchgeführten zu vergleichen. Strafrechtlich relevante Tatsachen blieben dabei ausgeklammert.

Auch die Frage, ob Sares Eigeninteressen gehabt habe, wurde nur am Rande behandelt. Die Staatsanwaltschaft stützte sich in der Frage auf Aussagen der Beschuldigten. Und ließ die Sache auf sich beruhen. Es wurden keine Hausdurchsuchungen durchgeführt, in keine Bankkonten Einsicht genommen.

Moniert wird auch, dass sich die Staatsanwälte nicht mit der Frage der Interessenkollision auseinandergesetzt haben. Michael Sares war Aufsichtsratspräsident bei JoWood und stellvertretender Vorsitzender bei Inku. Der Vorwurf der Prinzhorn-Anwälte: Die Staatsanwälte seien nicht der Frage nachgegangen, „warum Aktien an Unternehmen, in denen die Beschuldigten Organfunktionen ausgeübt haben, erworben worden sind“. Vielmehr hätten sie sich mit der Argumentation begnügt, dass Sares somit besser an Informationen für seine Kunden gekommen sei. Was mit der Verschwiegenheitspflicht eines Aufsichtsratsmitglieds eher schwer in Einklang zu bringen ist.

Außerdem: Gerade in den Aufsichtsratssitzungen ist laut den vorgelegten Protokollen über die schwierige finanzielle Situation der Unternehmen gesprochen worden. Fazit der Anwälte: „Die Behauptung der Beschuldigten, dass Inku- und JoWood-Aktien eine positive Kursentwicklung versprochen haben, ist falsch.“ Es gebe „keinen nachvollziehbaren Grund für die Veranlagung in die Aktien“.

Ein Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft weist die Vorwürfe jedenfalls zurück: Man habe die Vorwürfe „sehr ernst genommen“, habe mehr als 20 Zeugen einvernommen und auch Wirtschaftsexperten um die Prüfung von Unterlagen gebeten – ein eigener Gutachter sei nicht notwendig gewesen. Außerdem sei beispielsweise der E-Mail-Verkehr betreffend JoWood gesichtet worden.
Und Michael Sares? Der ist wieder zuversichtlich. „Der Fortführungsantrag war zu erwarten“, sagt er. „Da wird das Gleiche herauskommen wie beim ersten Mal.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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