Murathan Muslu: Von der Baustelle auf die Leinwand

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Er ist ein Shootingstar der heimischen Schauspielszene. Mit der Hauptrolle in „Risse im Beton“ steht Murathan Muslu vor seinem ganz großen Durchbruch.

Mit seiner kleinen, für die Handlung aber unverzichtbaren Schlüsselrolle in „Kuma – Zweitfrau“ (2012) stahl er allen anderen Darstellern die Show und avancierte zum heimlichen Star des mehrfach preisgekrönten Films. Seine Performance als gebrochener Exhäftling in dem Sozialdrama „Risse im Beton“, das bei der diesjährigen Berlinale seine umjubelte Premiere feierte und im September ins Kino kommt, gilt unter Kritikern bereits jetzt als eine der besten des Jahres und könnte seinen endgültigen Durchbruch im deutschsprachigen Raum bedeuten.

Umut Dag, Regisseur der beiden Streifen, vergleicht den 32-jährigen Murathan Muslu wegen seiner akribischen Vorbereitung auf seine Rollen und seiner bedingungslosen Hingabe beim Spiel sogar mit dem dreifachen Oscar-Preisträger Daniel Day-Lewis („Lincoln“, „There Will Be Blood“, „Gangs of New York“). Er selbst hingegen übt sich trotz der vielen Anerkennung für seine Arbeit in Bescheidenheit und will „einen Schritt nach dem anderen machen, um nicht Gefahr zu laufen abzuheben“, wie er betont.

„Sehen Sie dieses Handy“, sagt er und deutet auf sein in die Jahre gekommenes Mobiltelefon. „Ich besitze kein teures Smartphone. Auf dem Bau, wo ich bis vor Kurzem als Installateur gearbeitet habe, wäre es innerhalb weniger Tage kaputt.“ Sein altes Handy hingegen sei robust und halte einiges aus. „Es ist eine Art Mahnmal der Bodenständigkeit. Falls es mit der Schauspielkarriere irgendwann einmal zu Ende sein sollte, werde ich auf die Baustelle zurückkehren müssen. Und dieses Handy erinnert mich daran.“

„Tatort“ und „CopStories“

Sehr wahrscheinlich ist es aber nicht, dass der Wiener mit türkischen Wurzeln je wieder seinem alten Beruf nachgehen muss. Nach seiner überragenden Leistung in „Kuma“ folgten Rollen in dem Thriller „Blutgletscher“ und dem Kinderfilm „Das Pferd auf dem Balkon“, in dem er zusammen mit Alexander Fennon einen Schlägertypen verkörpert. In der „Tatort“-Folge „Kopfgeld“ spielt er an der Seite von Til Schweiger einen Friedensrichter – „also das Sprachrohr zwischen Gangstern und Polizei“, erklärt er. Weitere „Tatort“-Engagements sind so gut wie fix.

Seit April 2014 gehört er zudem zum Cast der ORF-Serie „CopStories“. „Derzeit kann ich von der Schauspielerei ganz gut leben. Ich liebe diesen Beruf, es ist ein Privileg, ihn ausüben zu dürfen“, bekennt Muslu. „Und ich habe das Gefühl, von Rolle zu Rolle besser zu werden. Ich hole jedes Mal alles aus mir heraus und versuche, jeden Charakter so zu spielen, dass man das Gefühl hat, ihn zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen.“

Damit er künftig nicht nur von Geschichten anderer abhängig ist, schreibt er mittlerweile auch selbst an Drehbüchern. Von seinem Herzensprojekt „Blockfieber“ liegt bereits eine fertige Drehbuchfassung vor, die er zusammen mit seinem guten Freund Aimen „Shino“ Seghaier geschrieben hat. „Es geht um drei Jugendliche, die einander kennen und sich innerhalb von 24 Stunden auf ziemlich dramatische Art und Weise im Weg stehen“, sagt Muslu. „Eine Aktion bedingt die nächste, es kommt zu einem Schneeballeffekt. Mehr will ich nicht verraten.“ Einen Wunschregisseur hat er auch schon. „Eigentlich kann den Film nur Umut Dag inszenieren. Er stand uns schon beim Schreiben als dramaturgischer Berater zur Seite und wäre der perfekte Regisseur für diese Geschichte.“

Die beiden kennen einander seit der Dokumentation „Aus eigener Kraft“, die Dag 2010 über Muslus Band Sua Kaan drehte. Im selben Jahr wurde die Hip-Hop-Combo, die von Seghaier produziert wurde, für einen Amadeus-Award nominiert. „Musik mache ich immer noch, aber nur für mich selbst, veröffentlichen will ich nichts mehr“, meint der 32-Jährige. „Oder höchstens noch ein Video. Ich habe da nämlich eine recht schräge Idee für ein Video, die ich gern realisieren würde. Aber das ist noch nicht spruchreif.“ Erst einmal wolle er abwarten, wie „Risse im Beton“ beim Publikum ankommt und welche Aufgaben danach auf ihn warten werden. „Wie gesagt“, so Muslu, „ein Schritt nach dem anderen.“

Zur Person

Charakterdarsteller. Der 32-jährige Murathan Muslu wird als Sohn türkischer Einwanderer in Wien-Ottakring geboren. Die Handelsakademie bricht er ab, um als Installateur zu arbeiten. Nebenher macht er mit seiner Band Sua Kaan Musik und wird von Regisseur Umut Dag für seinen ersten Langspielfilm „Kuma – Zweitfrau“ engagiert. Es folgen Rollen in weiteren Kinofilmen wie etwa „Blutgletscher“ und TV-Serien wie „Tatort“ und „CopStories“. Umut Dags neuer Film, „Risse im Beton“, mit Muslu in der Hauptrolle, kommt am 19. September ins Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2014)

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