Karstadt gehört jetzt René Benko

Benko übernimmt Karstadt
Benko übernimmt Karstadt(c) APA/dpa
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Der glücklose Karstadt-Retter Nicolas Berggruen überlässt der Signa-Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko das Feld. Bedeutet das die Zerschlagung der Kaufhauskette?

Berlin/Wien. Nun ist es offiziell: René Benko übernimmt Karstadt zur Gänze. Schon ab Montag kontrolliert die Signa-Holding des Immobilienmoguls aus Tirol die schwer angeschlagene deutsche Kaufhauskette. Der glücklose Karstadt-„Retter“ Nicolas Berggruen wirft das Handtuch und zieht sich vollständig zurück. Geld sieht der deutsch-amerikanische Investor dafür nicht. Schon als er Karstadt vor vier Jahren aus der Arcandor-Konkursmasse übernahm, floss nur ein symbolischer Euro. Jetzt muss er als Mitgift für die hässliche Braut sogar seine verbleibenden Minderheitsanteile an den lukrativen Luxus- und Sportfilialen abtreten, an denen Benko bereits seit vorigem Herbst die Mehrheit hält.
Damit herrscht zumindest „Klarheit über die zukünftige Eigentümerstruktur“, wie man bei Signa betont. Der Weg sei „frei für einen Neuanfang“. Wie der aber aussehen soll, darüber rätselt man in Deutschland. Benko ist ein erfolgreicher Immobilienentwickler, der bei reichen Investoren Geld einsammelt und es in Objekte in besten Lagen steckt. Im operativen Handelsgeschäft fehlt dem 37-Jährigen hingegen die Erfahrung.

Angst vor Zerschlagung


Erst recht ist Benko kein Experte für die Sanierung anscheinend todgeweihter Warenhauskonzerne mit einem nicht mehr zeitgemäßen Geschäftsmodell. Groß ist daher die Angst unter den verbliebenen 17.000 Beschäftigten, dass Benko mit der Komplettübernahme nun freie Hand für ein ganz anderes Ziel habe: die Kette zu zerschlagen. Seit seinem ersten Engagement bei Karstadt kursieren Gerüchte, Benko wolle die schlechten Adressen schließen und die guten in Shoppingmalls umwandeln, also an viele Filialisten vermieten.
Entsprechend misstrauisch blicken deutsche Medien nun auf die Biografie des Selfmademans. Bisher kannte man ihn hier nur aus einigen Interviews von Ende 2011, als er erfolglos versucht hatte, den Karstadt-Konkurrenten Kaufhof vom Metro-Konzern zu erwerben. Naserümpfend wird nun berichtet, dass Benko wegen zu vieler Fehlzeiten nicht zur Matura zugelassen wurde. Vor allem aber: dass er wegen Korruption vorbestraft ist, zu einem Jahr Haft auf Bewährung – ein Urteil, das der Oberste Gerichtshof in Wien erst am Montag bestätigt hat. Umso mehr staunt man darüber, dass der tüchtige Netzwerker für den Signa-Beirat auch deutsche Wirtschaftsgrößen wie den Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Beraterlegende Roland Berger gewinnen konnte.
Den Deutschen bleibt die vage Hoffnung, Benko könnte es als Investor ernst meinen und das Wunder vollbringen, Karstadt neues Leben einzuhauchen. Über seinen Vorgänger Berggruen hingegen hat die öffentliche Meinung längst den Stab gebrochen. Dass er seine Investitionsversprechen nicht gehalten habe, kritisierten nicht nur die Betriebsräte, sondern zuletzt auch die Kurzzeitchefin Eva-Lotta Sjöstedt. Die Hoffnungsträgerin war von Ikea gekommen und ergriff im Juli nach nur fünf Monaten an der Konzernspitze die Flucht.
Die Gerüchte, Benko wolle die guten Adressen der maroden Karstadt-Filialen in Shoppingcenter umwandeln, kommen nicht von ungefähr. Damit würde Karstadt einer Entwicklung folgen, die überall sonst in Europa schon längst stattgefunden hat. In Österreich hat das Modell des Warenhauses – mit einem Eigentümer, der die ganze Warenlogistik, den Einkauf und den Verkauf selbst organisiert – schon lange ausgedient. Bereits in den Neunzigerjahren sind die meisten Warenhäuser – wie etwa der berühmte Wiener Einkaufstempel Gerngross – in Shoppingcenter umgewandelt worden. Bei diesem Geschäftsmodell überlässt der Eigentümer der Liegenschaft den Mietern die ganze Arbeit. Das ist nicht nur rationeller, es ist auch das bessere Konzept.

Siegeszug der Marken


Denn die Herzen der Konsumenten schlagen für die Marken und deren Inszenierung. Wer einen Apple-Store oder einen H&M-Shop besucht, der erwartet nicht nur die Produkte, sondern auch ein entsprechendes, wiedererkennbares Umfeld. Das ist in einem Warenhaus nur begrenzt möglich, hier koexistiert die Ware verschiedener Hersteller nebeneinander. Und das ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
Profitabel sind heute mit wenigen Ausnahmen – etwa Kastner & Öhler in Graz – nur noch die Luxuskaufhäuser mit großen Namen wie Harrod's oder das (ebenfalls zum Karstadt-Imperium gehörende) KaDeWe.

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