Das Überrumpelungsmanöver, mit dem Bundeskanzler Faymann die SPÖ mit der Regierungsumbildung vor vollendete Tatsachen stellt, wird offenbar zähneknirschend hingenommen.
Das Überrumpelungsmanöver, mit dem Bundeskanzler Werner Faymann die SPÖ mit der Regierungsumbildung und dem Wechsel von Infrastrukturministerin Doris Bures in das Nationalratspräsidium vor vollendete Tatsachen stellt, wird in den roten Landesorganisationen offenbar zähneknirschend hingenommen. Alles eine Frage des Parteigehorsams. Und des Kalküls, dass ein Aufstand letztlich den eigenen Regierungschef ramponieren würde.
In diesen Tagen wird von SPÖ-Politikern speziell die Zustimmung für die Übersiedlung von Bures an die Spitze des Hohen Hauses gern damit begründet, dass dies ganz im Sinn der verstorbenen Nationalratspräsidentin, Barbara Prammer, wäre. Das mag in dem Punkt stimmen, dass es ein nachträglicher Affront der SPÖ gegenüber der Verstorbenen wäre, wenn keine Frau für die Nachfolge zum Zug käme. Es spricht allerdings nicht für die Personalreserven des roten Parlamentsklubs, dass dafür jetzt eigens eine Nachfolgerin von der Regierungsbank geholt wird oder werden muss.
Prammer hinterlässt ihrer Nachfolgerin nach deren Wahl am 2. September vor allem wichtige Weichenstellungen zur Stärkung der Kontrolle durch das Parlament in Form des Ausbaus der Minderheitenrechte bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Der Nationalrat soll eben nicht bloß die verlängerte Werkbank der Regierung sein. Eine Funktion, die Abgeordnete mit Blick auf die Vergabe der Listenplätze bei der nächsten Wahl ohnehin viel zu oft brav erfüllt haben.
Da kommt auf Bures allerdings eine radikale Umstellung zu. Denn in ihrer schon recht langen politischen Karriere war für sie stets die Loyalität zur SPÖ und zu Regierungschef Faymann zwecks Machterhalt Richtschnur. Jetzt im Hohen Haus das Rad der Zeit wieder zurückzudrehen und an der Spitze des Nationalratspräsidiums brav die rote Parteisoldatin zu geben entspricht ganz sicher nicht dem Verständnis, das die Österreicher von diesem Amt haben. Und es wäre auch nicht im Sinn Prammers.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2014)