Bierdeckel und Spitzendeckchen: Das Café des bayerischen Fräuleins

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Stephanie Edtstadtler, Wienerin mit Bayern-Background, etabliert in der Lerchenfelder Straße das Fräulein's: Vintage-Charme mit Butterbrezen.

Es ist ein Café, aber das mit dem Kaffee ist so eine Sache: Die große Espressomaschine ist frisch repariert, aber eher antik, und bis sie den Dienst antritt, dauert es eine halbe Stunde. Eher mehr.

Gut, dass Stephanie Edtstadtler ihr Fräulein's ohnehin erst ab 16 Uhr öffnet – dann dafür bis zwei Uhr früh. Früher war hier in der Lerchenfelder Straße das Kulturcafé Dialog. Ein großer Name für ein kleines, rot-türkis dekoriertes Café, das sich offenbar nicht rasend gut hielt. „Schaut viel freundlicher aus“, kommentiert jedenfalls ein älterer Herr aus der Nachbarschaft die Neueröffnung, als er an diesem Vormittag die offene Tür entdeckt.

Langsam erreicht der hippe Teil von Neubau offenbar die eigene Bezirksgrenze: Die Bäckerei Felzl hat sich an der Ecke zur Schottenfeldgasse radikal neu erfunden, ein Stück die Lerchenfelder Straße hinunter verkaufen Lisa Anderwald und Gernot Ebner im „Passt gut“ seit ein paar Wochen handverlesene Streetwear und mit Barrista-Können zubereiteten Kaffee. Nguyen's Pho House zieht seit dem Vorjahr Freunde vietnamesischer Suppen an, ein neues Feinkostgeschäft soll in der Nähe kommen. Noch wirkt die Lerchenfelderstraße freilich trotzdem eher wie der lange Ausläufer einer Bahnhofsgegend, der sich zwischen 7. und 8. Bezirk Richtung Innenstadt erstreckt.

Salon mit einem Schuss Beisl

Stephanie Edtstadtler ist denn auch keine, die mit dem Vorhaben antritt, nun auch diese Straße zu beleben. Sie habe ein Lokal gesucht, habe auf der Wirtschaftskammerseite für Betriebsübernahmen gestöbert und sei hier, finanziell machbar, fündig geworden. Die Lage habe gepasst, außerdem habe beim ersten Betreten des Lokals das Gefühl gestimmt. „Ich hab schon genau gesehen, wie es ausschauen wird.“

Seit zwei Wochen nun ist es fertig, und das Fräulein's sieht aus wie der Salon eines Fräuleins, mit einem kleinen Schuss Beisl ums Eck. Selbst renovierte Vintage-Möbel, Vasen mit rosa Rosen auf Spitzendeckchen, die Zeitungen sind in altmodische Halter gespannt, beim Eingang wartet eine Schüssel mit Wiener Zuckerln, in der Luft liegt der Geruch von Rauch. Moderne Sachen möge sie prinzipiell nicht, hält Edtstadtler fest. An das Kulturcafé erinnert der alte Dartautomat im Hintergrund. Eigentlich hat ihn Edtstadtler loswerden wollen, aber vielen gefällt er, auf Willhaben hat ihn auch noch niemand gekauft. „Es sieht so aus, als hätte das Schicksal entschieden.“

Klar sei gewesen, dass sie gern alte Türen als Tischplatten hätte. Passenderweise renovieren die Eltern eines ihrer Helfer gerade eine alte Scheune. Deren Tür, in Teile zersägt und frisch bemalt, trägt nun Kaffee, Bionade und Tegernseer Bier vom Fass. Dazwischen freilich schiebt Edtstadtler die zugehörigen bayerischen Bierdeckel – mit gehäkelter Bordüre.

Die bayerischen Einsprengsel sind biografisch begründet. Geboren ist die heute 32-Jährige in Wien, mit fünf übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach Deutschland, in die Nähe von Augsburg, „sehr am Land. Aber die Hälfte der Familie war immer in Wien.“ Vor sechs Jahren ist sie nun zurückgekommen, „jetzt bin ich quasi wieder daheim“. Sie wollte Psychologie studieren, „weil man halt studiert“. Bald wurde der Nebenjob im Event- und Promotionbereich zum anstrengenden Hauptjob, aus dem sie „irgendwann den Absprung schaffte“. Und schließlich holte sie der Gedanke ein: „Warum mach ich nicht das, was ich wirklich will. Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Ein eigenes Café sei immer ihr Traum gewesen, seit sie mit 18 zu kellnern begonnen habe; anfangs in großem Rahmen, Diskotheken. „Eine gute Schule, die Leute in drei Reihen vor dir. Man lernt, schnell zu sein.“ Irgendwann die Erkenntnis: „Glücklich kann ich nur mit so etwas sein. Ich steh so gern hinter der Bar ...“

Das Wort Fräulein ist übrigens Teil eines ihrer Tattoos. „Hey, Fräulein“, wurde sie seither immer wieder gerufen. „Daher war auch der Name schon lange klar.“ Als Snack gibt es beim Fräulein's pikante Strudel und (importierte) Butterbrezen. „Ich hab in Wien noch nie eine gute Breze gegessen. Egal, wo ich sie probier – und ich probier sie immer wieder.“ Vielleicht kommt auch noch Obazda. „Aber da muss ich erst schauen, wie man den macht.“

ZUR PERSON

Stephanie Edtstadtler (32) wurde in Wien geboren, wuchs in Bayern auf und lebt seit einigen Jahren wieder in Wien. Sie arbeitete viele Jahre in der Gastronomie und steht begeistert hinter der Bar. Vor zwei Wochen eröffnete sie das kleine Café Fräulein's. Es gibt u. a. Kaffee, bayerische Biere, Strudel und Butterbrezen, und es darf geraucht werden. Lerchenfelder Straße 69, 1070 Wien; Dienstag bis Sonntag, 16 bis 2 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2014)

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