Ukraine-Hardliner Tusk als Ratspräsident fast fix

Poland´s PM Tusk walks outside the parliament in Warsaw
Poland´s PM Tusk walks outside the parliament in Warsaw(c) REUTERS (STRINGER/POLAND)
  • Drucken

Der polnische Premier erhielt im Vorfeld Unterstützung aus allen wichtigen EU-Hauptstädten.

Brüssel. Letztlich liegt es nur noch an ihm selbst. Polens Premierminister Donald Tusk gilt als Fixstarter für die Nachfolge von Herman Van Rompuy als EU-Ratspräsidenten. In den vergangenen Tagen erhielt er aus allen wichtigen EU-Hauptstädten Zustimmung. Zuerst hatte sich der britische Premierminister David Cameron für den Liberalkonservativen Politiker ausgesprochen, dann kam auch aus Paris ein positives Signal. „Frankreich wird seine Bestellung nicht blockieren“, hieß es aus dem Élysée. François Hollande habe gute Beziehungen zu Tusk aufgebaut. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich schon zuvor dafür ausgesprochen, dem polnischen Politiker einen EU-Spitzenposten zu überlassen.

Heute, Samstag, soll Tusk beim EU-Gipfel in Brüssel als Ratspräsident bestellt werden. Er selbst kündigte am Freitag an, über diese Option nachzudenken. „Er nimmt diese Vorschläge ernst“, erklärte seine Sprecherin Małgorzata Kidawa-Błońska. Allerdings müsse der amtierende Premier die Konsequenzen für die polnische Innenpolitik und für die derzeit angespannte Lage mit dem Nachbarland Ukraine abwägen.

Tusk gilt in der Frage der Beziehungen zu Russland als Hardliner. Er hatte sich für scharfe Reaktionen des Westens gegen die Einmischung Moskaus auf der Krim und in der Ostukraine ausgesprochen. Zuletzt forderte er eine Energieunion der EU-Mitgliedstaaten, um für eventuelle Gasblockaden Russlands besser gerüstet zu sein. Tusk gilt auch als verlässlicher Nato-Partner. Seine Nominierung würde aus diesen Gründen die Auswahl für die Nachfolge von Catherine Ashton als EU-Außenbeauftragte erleichtern. Denn die Bestellung eines Politikers mit guten Beziehungen zu den USA und einer konsequenten Haltung gegenüber Russland würde eine ausreichende Balance für die Nominierung der Italienerin Federica Mogherini schaffen. Die sozialdemokratische Außenministerin hatte in der Politik gegenüber Russland eine vorsichtigere Haltung eingenommen und wurde deshalb von einigen EU-Diplomaten kritisiert. Auch der neue Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, war bisher gegenüber Mogherini skeptisch, er benötigt allerdings eine ausreichende Zahl an Frauen in seinem Gremium. Gelingt ihm das nicht, droht eine Niederlage für die Bestellung des neuen Kommissionskollegiums im Europaparlament. Zu viele Mitgliedstaaten haben bisher Männer für die Kommission nominiert.

Balance innerhalb der Union

Tusks Bestellung würde außerdem eine gewünschte Balance zwischen neuen und alten Mitgliedstaaten herstellen. Bisher waren nämlich die osteuropäischen Länder in den wichtigsten Posten der EU unterrepräsentiert.

Eine weitere wichtige Personalentscheidung dürfte laut EU-Diplomaten noch aufgeschoben werden. Die Ernennung des nächsten Euro-Gruppen-Chefs soll nicht beim EU-Gipfel, sondern beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister beraten werden, heißt es. Favorit ist der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ITALY EU DIPLOMACY
Europa

Blitzkarriere an die EU-Außenfront

Wird Federica Mogherini wie erwartet Außenbeauftragte, wird sie deutlich anders auftreten als ihrer Vorgängerin.
Juncker
Europa

Politologe: „Mit Juncker bleibt die EU dysfunktional“

Politologe Zielonka sieht die EU trotz neuer Führung am Ende. Sie müsste sich vom Macht- zum Dienstleistungszentrum wandeln.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.