TV: Bringt der Netflix-Start einen Paradigmenwechsel?

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Wie der Streaming-Anbieter das Fernsehverhalten der US-Nutzer verändert hat und was Nutzer hierzulande erwartet.

1997 startete Netflix als Videoleihunternehmen, heute können Kunden ihre Lieblingsserie am Tablet und Smartphone schauen. Und das auch schon bald hierzulande. Bereits ab nächster Woche ist Netflix auch in Österreich und Deutschland verfügbar. In 17 Jahren hat Netflix die Fernsehwelt in den USA und dabei maßgeblich auch das Verhältnis der Verbraucher zu Film und Fernsehen von Grund auf verändert. 

Mit dem Start von Netflix in den USA 1997 begann das Sterben der traditionellen DVD und Video-Geschäfte, sagen Experten. "Ihr Angebot war riesig und einfach zu nutzen", erklärt Robert Thompson, Professor für Pop-Kultur an der New Yorker Syracuse University. Abonnenten konnten für einen festen Monatsbeitrag eine unbegrenzte Anzahl an DVDs anschauen, die sie direkt nach Hause geliefert bekamen und der Kunde einfach wieder zurückschickte. Am Grundprinzip hat sich nichts geändert, denn auch heute noch hält das Unternehmen an seinem Abo-Preis fest.

Streaming: Netflix erkennt Potenzial

Doch die Firma aus Los Gatos in Kalifornien hat das Potenzial des Video-Streamings schnell erkannt und für sich zu nutzen gewusst. Ab 2007 beginnt das Unternehmen sein zweites Standbein auf- und auszubauen. Konkurrenten wie Hulu.com und andere waren in diesem Bereich zwar bereits etabliert, aber Netflix hatte einen entscheidenden Vorteil: Das Unternehmen verfügte bereits über Millionen von Abonnenten, denen das neue, DVD-freie Modell leicht nahe gebracht werden konnte. Und damit war auch der Grundstein für eine Expansion außerhalb der USA gelegt. Der Siegeszug von Smartphones und Tablets begünstigte die Entwicklung von Netflix enorm.

"Es gibt heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, Programme im Fernsehen, aber auch auf Tablets, Smartphones und Computern zu gucken", erklärt der Technologie-Analyst Jeff Kagan. "Netflix ermöglicht es seinen Nutzern, ihre Programme zu schauen wann sie wollen und wo sie wollen." Doch ist das Film-Angebot im Internet nach wie vor deutlich geringer als das Angebot an DVDs. Zudem bekommt Netflix zunehmend die Konkurrenz von anderen Streaming-Anbietern zu spüren.

Netflix als Produzent

Mit einem neuen Ansatz will Netflix-Chef und Mitgründer Reed Hastings untreu gewordene Abonnenten wieder zurück- und neue Kunden anlocken: in Zusammenarbeit mit Bezahlsendern wie HBO und Showtime produziert Netflix eigene Serien. Als David Fincher, Regisseur von Filmen wie "Fight Club", "Seven" und "The Social Network", die Idee einer US-Politik-Serie nach britischem Vorbild hatte, schlug Netflix zu. Es entstand die preisgekrönte Serie "House of Cards" mit Oscar-Gewinner Kevin Spacey in der Hauptrolle. Und anstatt, wie üblich, zunächst nur eine Pilot-Folge oder eine Staffel der Serie zu kaufen, ließ Netflix direkt zwei komplette Staffeln produzieren.

Kevin Spacey ist nicht nur der Hauptdarsteller in der US-Serie, sondern auch ein großer Verfechter des Streamings. (Siehe Video unten.)

"Mit dem gleichen Engagement und in der gleichen Qualität machen sie auch die Serie 'Orange Is the New Black' mit im Grunde unbekannten Schauspielern", sagt Medienexperte Tom Nunan von der Universität von Kalifornien in Los Angeles über die Comedy-Serie, in der es um das Leben einer Frau im Gefängnis geht und bei den diesjährigen Emmys, US-Fernsehauszeichnung, ebenfalls mit einem Preis bedacht wurde.

Netflix habe verstanden, dass ein oder zwei Sendungen reichten, um Abonnenten zu gewinnen. So hätten zunächst viele Kunden von HBO den Sender abonniert, um "Die Sopranos" und "Sex and the City" sehen zu können.

Der Nutzer hat selbst die Wahl

Eine weitere Innovation schaffte Netflix, indem es nicht nur eine Folge pro Woche veröffentlichte, sondern gleich die ganze Staffel für seine 50 Millionen Abonnenten verfügbar machte. "Sie erlauben es den Zuschauern, eine ganze Staffel in einem Rutsch, an einem Wochenende zu schauen", sagt Nunan.

In Österreich und Deutschland startet Netflix kommende Woche mit einem monatlichen Abopreis von 7,99 Euro. Nach wie vor ist aber unklar, wie das Angebot sich konkret gestalten wird. Viele Nutzer hoffen darauf, dass die Filme und Serien neben Deutsch auch in der Originalsprache angeboten werden.

(red)

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