Verfassungsgericht in Madrid stoppt das Referendum. Doch der Premier gibt nicht nach.
Madrid. Spanien steht ein heißer politischer Herbst bevor. Nachdem das spanische Verfassungsgericht in Madrid die für 9. November anberaumte Volksbefragung im abtrünnigen Katalonien über die Unabhängigkeit vorerst auf Eis gelegt hat, steigen die Spannungen. Katalanische Separatistenbewegungen riefen zum zivilen Ungehorsam auf und kündigten Massenproteste an.
Nun müssen die obersten Richter darüber beraten, ob die von Katalonien beschlossene Befragung, die anders als in Schottland nicht bindend sein soll, ganz verboten wird. Ein Verbot gilt als wahrscheinlich, da laut Verfassung regionale Referenden vom spanischen Staat genehmigt werden müssen. Diese Erlaubnis ist von Spaniens Parlament mit großer Mehrheit verweigert worden.
Klare Mehrheit für Unabhängigkeit
Doch Kataloniens oberster Separatist, der katalanische Ministerpräsident Artur Mas (58), will sich auch vom Verfassungsgericht nicht aufhalten und auf jeden Fall abstimmen lassen. „Wie alle Nationen in der Welt hat auch Katalonien das Recht, über seine politische Zukunft zu entscheiden“, sagt Mas. Wenn nicht in einer Volksbefragung, dann eben in einer vorgezogenen Regionalwahl, die von keinem Richter verboten werden kann.
Soweit die Umfragen nicht täuschen, werden dann Mas und seine separatistischen Weggefährten ihre Mehrheit in Katalonien weiter ausbauen können. Auch das dürfte ein klares Signal sein, das den Konflikt mit Spanien weiter befeuern und die Fahrt Richtung Unabhängigkeit eher beschleunigen dürfte.
Rajoy zu Gesprächen bereit
Ministerpräsident Mariano Rajoy hat sich nun erstmals offen für Gespräche über eine Stärkung der Regionen und eine entsprechende Änderung der Verfassung gezeigt. Er sei bereit, die Vorschläge der oppositionellen Sozialisten anzuhören, sagte Rajoy am Dienstag im Senat. "Ich bin bereit, Ihre Vorschläge anhören, aber lassen Sie mich eines sagen: Sie müssen zunächst einigermaßen klar erklären, was Sie machen wollen", sagte der konservative Politiker.
Die Sozialisten plädieren für eine Neuordnung der Machtverteilung zwischen dem Zentrum und den Regionen. Der Vorsitzende der Sozialisten, Pedro Sanchez, erklärte am Dienstag, bei der geplanten Reform der Verfassung von 1978 gehe es nicht allein um territoriale Fragen, sondern allgemein um das soziale und politische Zusammenleben in Spanien.
(ze)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2014)