Richard Rauch: Mit Schwein und Blut an die Spitze

 Richard Rauch
Richard Rauch(c) Anna Burghardt
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Koch des Jahres Richard Rauch spornt Erdbeerbauern zu Albinoexperimenten an und mutet den Gästen Blut zu. Höflich angekündigt, natürlich.

Das Demonstrationslabor des Richard Rauch enthält bunt gefüllte Pipetten, Haferwurzeln und eigentümliche Kugeln mit integriertem Küchengarn. „Fermentierte gelbe Wassermelone“, erklärt der Koch eine Pipette, „fermentierte Zwetschken in Bienenwachs“ die Kugeln, die er wie ein altmodisches Klick-Klack-Spiel baumeln lässt und konzentriert begutachtet. „Ein Experiment.“

Richard Rauch, Jahrgang 1985, Küchenchef des Steirawirt in Trautmannsdorf, ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Koch. Nun kürte ihn der Gault Millau zum Koch des Jahres. Ungewöhnlich jung war Rauch etwa, als er in die Riege der Gastronomenvereinigung Jeunes Restaurateurs aufgenommen wurde, „sie haben das Eintrittsalter von 25 für mich ausnahmsweise gesenkt“. Richard Rauchs Kochvorbild – „ich bin sehr froh, dass ich die klassische Küche gelernt hab“ – ist auch nicht unbedingt ein modisches: Statt wie andere seines Alters etwa René Redzepi vom Noma als Inspiration anzuführen, nennt der ungewöhnlich Eloquente den Namen eines älteren Elsässers: Jean-Georges Klein vom L'Arnsbourg. „Nicht so sehr von dem her, was er gekocht hat, das war toll, klar, aber mehr beeindruckt hat uns, wie das alles funktioniert. Mitten in der Pampa, drei Sterne, nichts, wo man schnell einmal hingeht, und trotzdem war an einem Mittwoch der Parkplatz voll!“ „Da haben wir gewusst, wir können das auch in Trautmannsdorf schaffen. Es muss halt einen Grund geben, dorthin zu fahren“, wirft Sonja Rauch ein. Sie führt gemeinsam mit ihrem Bruder den Steirawirt, ist für Service und Wein verantwortlich.

„Zeigen, was Schwein kann“

Richard Rauch kocht seit 14 Jahren im Steirawirt, seit zehn Jahren ist er Küchenchef. Das Küchenkonzept läuft zweischienig: „Es gibt die Wirtshauskarte, aber keine räumliche Trennung, und es gibt das große Menü.“ Die Wirtshauskarte listet dank elterlicher Fleischhauerei eine Vielzahl an Innereien – auch Kuheuter oder Stierhoden –, die Karte für das große Menü indes ist seit einiger Zeit nur eine Zutatenliste, nennt keine konkreten Gerichte. Mit einer Liste an erlaubten Zutaten kommen freilich manche Gäste „und sagen, damit bitte neun Gänge. Aber ich bin keine Kuranstalt.“ Neuerdings serviert er im großen Menü nur mehr Schweinefleisch in zwei Etappen als Hauptgang, „Dry-Aged-Schwein, acht bis zwölf Wochen gereift, jeweils ein rosa Stück und einen minderwertigen Teil. Um zu zeigen, was Schwein kann. Das ist ja nur mehr traurig, wenn Sie ein Aktionsblatt aufschlagen und da steht: ,Ein Kilogramm Schwein um drei Euro.‘“ Für die Steiermark typisch sei Schwein sowieso. „Wurzelfleisch, Klachlsuppe, Bluttommerl,...“ Das Bluttommerl, einst die erste Jause eines Schlachters, kommt im Steirawirt dank heutiger Technik als luftig-harmloser Schwamm zu Tisch.

Richard Rauch reißt mit seinem Engagement auch nahe Gemüsebauern mit, macht vor, wie Köche heute im Kleinen die Landwirtschaft verändern können. „Albino-Erdbeerpflanzen habe ich in Deutschland gekauft, mein Erdbeerbauer wird sie jetzt ziehen. Ich bin einfach hingefahren mit den Geiztrieben und habe gesagt: ,Jetzt machen Sie's.‘“ Auch die Wassermelonenbäuerin hat er angestachelt: zur Gurkenvielfalt. Haferwurzeln kommen ebenfalls aus der Umgebung, Rauch serviert sie geschmort mit Mohnbutter, dem Pilz Krause Glucke und Erdmandeln. Er kann nämlich nicht nur Schwein.

ZUR PERSON

Richard Rauch, Jahrgang 1985 und schon früh Mitglied der Jeunes Restaurateurs, wurde gestern, Freitag, von Gault Millau gemeinsam mit Agrana zum Koch des Jahres ernannt – er hält bei drei Hauben und 17Punkten. Schon seit 14 Jahren steht Rauch im elterlichen Betrieb im südoststeirischen Trautmannsdorf am Herd, seine Schwester, Sonja, ist nach Jahren am Arlberg heute als Patronne für den Service und die Weinkarte des Steirawirt verantwortlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2014)

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