Pakt mit Piloten sichert AUA-Zukunft

APA/ROBERT JAEGER
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Luftfahrt. Um das Horrorszenario AUA light zu vermeiden, wird fieberhaft um einen neuen Bord-Kollektivvertrag gerungen. Die Lufthansa macht Druck – es gibt keinen Cent mehr.

Wien. Zwei Jahre nach der Fastpleite ringt die AUA noch immer um einen neuen Kollektivvertrag für das Bordpersonal. Nur dieser sichert als Kern des Sparkonzepts das Überleben der Fluglinie. Jetzt scheint eine Einigung in greifbarer Nähe. Am Dienstag präsentierte Airline-Chef Jaan Albrecht dem Aufsichtsrat Eckpunkte einer tragfähigen Lösung bzw. alternative Sparvarianten. Heute treffen sich erneut die Sozialpartner. Bestenfalls könnte der neue Bord-KV fixiert werden. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den AUA-Krimi.

Warum steckt die AUA in einer so tiefen Krise?

Die Misere hat mehrere Ursachen: Über viele Jahre herrschte ein Missmanagement, und es gab eine verfehlte Flotten- und Netzwerkpolitik. Das schwächte die AUA so sehr, dass sie durch externe Schläge wie Terror (9/11), den hohen Ölpreis, die massive Konkurrenz der Billigairlines und die anhaltende Wirtschaftskrise in schwere Turbulenzen geriet.

Hat sich die Situation mit dem Kauf durch die Lufthansa geändert?

Ja und nein: Die Lufthansa hat zwar gut eine Milliarde Euro zugeschossen. Dazu kam noch die „Mitgift“ der Republik Österreich in Höhe von 500 Millionen Euro. Dieses Geld wurde jedoch verbrannt, weil trotz des Drucks der deutschen Mutter die Sanierung zu zaghaft angegangen wurde und die Wirtschaftskrise die AUA in ihrem Kerngeschäft Osteuropa besonders hart traf.
Ende des Jahres 2011 war die Fluglinie mit einer Eigenkapitalquote, die unter der von der EU für Airlines vorgegebenen Marke von acht Prozent lag, daher praktisch neuerlich pleite.

Wie konnte der Konkurs abgewendet werden?

Die Lufthansa spendierte 140 Mio. Euro Überlebenshilfe und 40 Mio. Euro für die Flottenmodernisierung. Airline-Chef Jaan Albrecht leitete ein Sparprogramm ein. Die Verhandlungen um einen kostengünstigeren Bord-Kollektivvertrag (KV) scheiterten. Albrecht kündigte den alten KV. Das AUA-Bordpersonal wurde auf die Tyrolean zwangsübersiedelt. Erstmals nach sechs Jahren gab es 2013 ein positives Betriebsergebnis.

Was macht die Sanierung so schwierig?

Wer verzichtet freiwillig auf Privilegien? Ein Teil der AUA-Piloten erhält bis zu 39 Monatsgehälter Abfertigung und eine leistungsorientierte Betriebspension. Generell liegen die Gehälter rund 20 Prozent über jenen bei Tyrolean. Dazu kommt, dass der Europäische Gerichtshof in dem von Betriebsrat und Gewerkschaft initiierten Rechtsstreit entschied, dass der alte KV nachwirkt. Das Arbeits- und Sozialgericht wiederum sieht den Betriebsübergang als nicht rechtens. Im Extremfall hieße das zurück an den Start und wieder Konkursgefahr. Es drohen millionenschwere Nachzahlungen für die eingefrorenen Gehälter.

Gibt es einen Ausweg aus dieser Pattsituation?

Ein neuer Bord-KV mit neuen Arbeitszeiten, Pensionsregelungen, Gehaltsschemata und Karrieremodellen würde alle Rechtsstreitigkeiten auf einen Schlag beseitigen. Deshalb verhandeln die Streitparteien seit einiger Zeit wieder intensiv. Zumal die Lufthansa klar gemacht hat, dass sie keinen Cent mehr herausrückt – die AUA müsse aus eigener Kraft gesunden.

Was passiert, wenn die KV-Verhandlungen doch noch scheitern?

Alle Alternativen sind grausig: Sie reichen von Änderungskündigungen mit Gehaltsverzicht über eine Schrumpfung der AUA auf eine Regionallinie ohne Langstrecke bis zur Eingliederung in die von der Lufthansa geplante Billigschiene Wings. Das bedeute einen gewaltigen Stellenabbau. Ein „geplanter“ Konkurs hat einen Haken: Die AUA verlöre ihre gesamten Flugrechte.

("Die Presse", Printausgabe vom 8.10.2014)

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