Challa-Brot und koscherer Schnaps

Koschere Bäckerei
Koschere BäckereiMichaela Bruckberger
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Seit rund fünf Jahren gibt es einen kleinen Koscher-Boom in Wien.

Einst waren jüdische Lokale selbstverständlicher Bestandteil der kulinarischen Landschaft in Wien. Die Schoah hat auch hier ein großes Loch in die Gesellschaft gerissen. Seit einigen Jahren finden jüdische Lokale aber wieder Einzug in Wien, manche sprechen sogar von einem Koscher-Boom, auch wenn so manches neue Lokal weniger koscher und eher israelisch oder orientalisch ist. Und im Vergleich zu Städten wie Berlin oder Paris ist der Trend hierzulande noch eher verhalten, aber immerhin, er ist da.

Nicht ganz unbeteiligt daran war Haya Molcho, die – mit ihren Söhnen – neben dem Neni auf dem Naschmarkt u. a. den Tel Aviv Beach betreibt. Seit ungefähr fünf Jahren, meint sie, gebe es einen Trend zu israelischem Essen.

Das wohl älteste Lokal in Wien ist allerdings das Alef Alef, das gleich um die Ecke der Synagoge in der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt liegt. Es wurde 1981 unter dem Namen Arche Noah gegründet und serviert seitdem traditionell ashkenasische Küche.


Mazzesinsel. Die meisten jüdischen Lokale findet man weiterhin in der Mazzesinsel in der Wiener Leopoldstadt. In der Taborstraße gibt es das Bahur Tov, das mediterrane Speisen anbietet. Weiter stadtauswärts serviert man im Simchas usbekische und russische Gerichte. Auf dem Volkertmarkt wiederum kann man am Marktstand Samarkand allerlei orientalische Grillgerichte konsumieren. Und in der Zirkusgasse gibt es die Pizzeria Novellino, an die auch eine Bäckerei angeschlossen ist.

Das Jüdische Museum schätzt, dass vor dem Zweiten Weltkrieg mehr als die Hälfte der Bäckereien und Brotfabriken von Juden betrieben wurden, darunter die Ankerbrotfabrik. Inzwischen haben auch koschere Bäckereien in Wien wieder Fuß gefasst, etwa die Bäckerei Ohel-Moshe in der Lilienbrunnengasse. Sie ist bekannt für ihre Challa-Brote, also die traditionellen weißen Zöpfe. Schokoladefans kommen in der Confiserie Pains et Chocolat auf dem Hohen Markt auf ihre Kosten. Wer gern noch andere Speisen zu Hause haben möchte, findet in mehreren Supermärkten im zweiten Bezirk ein vielfältiges Angebot sowie in mehreren koscheren Fleischereien und Fischgeschäften. Ein koscheres Wiener Gasthaus allerdings, wie es das früher gegeben hat, fehlt – noch.

Zu diesen koscheren Lokalen und Geschäften gesellen sich, auch außerhalb des zweiten Bezirks, Lokale, die – inklusive Humus und Falafel – israelische oder orientalische Küche anbieten. Zu den bekanntesten zählen hier Haya Molchos Neni oder und das Maschu Maschu. Diese Lokale werden von manchen Koscher-Style genannt. Dies bedeute, dass die Küche entweder rein vegetarisch ist oder aber manche Regeln beachtet.

Molcho selbst sieht das anders: „Meine Küche ist die moderne israelische Küche.“ Diese bezeichnet sie als „eklektische Küche“. „Es ist eine Sammlung der Welt. Ich selbst bin in Israel geboren, und unsere Eltern haben ihr Essen nach Israel mitgebracht.“ Ihre Mutter etwa sei rumänischer Abstammung, von ihr habe sie Polenta schätzen gelernt – und daraus etwas Neues gemacht. „Wir machen eine Version aus dem, was wir von den Eltern bekommen haben“, beschreibt sie das Wesen der israelischen Küche.


Koscherer Wein. An einer anderen alten jüdischen Tradition knüpft man hingegen im Burgenland an. Die Siebengemeinden (Scheva Kehillot), wie die alten jüdischen Gemeinden im Burgenland genannt werden, waren einst berühmt für ihre Weine. In einer dieser Gemeinden, genauer gesagt in Frauenkirchen, liegt der Großteil der Weinberge der Familie Hafner. Seit 1980 stellt sie koschere Weine her, in den Sorten Chardonnay, Pinos Gris, Welschriesling, Zweigelt und Blaufränkisch, aber auch Muskat-Ottonel und Eiswein. Damit Wein koscher ist, dürfen die Trauben nur von einem Rabbiner oder einem Maschgiach bewegt werden – und zwar während des gesamten Prozesses, angefangen vom Traubenpflücken bis zu dem Moment, in dem die Flasche mit dem Korken verschlossen wird. Die Trauben eines Weinstocks dürfen zudem erst im vierten Jahr, nachdem dieser eingepflanzt wurde, geerntet werden. Selbstverständlich dürfen weder Zusatzstoffe noch sonstige Materialien verwendet werden, die nicht koscher sind.

Ebenfalls aus den Siebengemeinden bezieht der Niederösterreicher Josef Farthofer seine Trauben, aus denen er eine koschere Cuvée herstellt. Auch koscheren Schnaps hat er zu bieten, etwa Zitronenschnaps, Haselnussgeist, Gin, Rum oder Vodka. Auch hier gilt, dass der Schnaps koscher ist, wenn es die Zutaten sind.

Adressen

Alef Alef
(fleischig), Seitenstettengasse 4,
1010 Wien, ✆ 01/535 25 30, Mo–Fr, So 17–22 Uhr, Feiertag 18–22 Uhr

Bahur Tov
Taborstraße 19, 1020 Wien, ✆ 0676/ 847 761 200, Mo–Do, So 12–22 Uhr, bahur-tov.com

Pizzeria Novellino
(milchig und parve),
Zirkusgasse 15, 1020 Wien, ✆ 01/212 81 69, www.novellino.at

Ohel Moshe Bäckerei
Lilienbrunngasse 18, 1020 Wien,
✆ 01/2145617

Pains et Chocolat
Hoher Markt 12, 1010 Wien, jeden Freitag und vor Feiertagen, und im Jüdischen Museum: 1., Dorotheerg. 11,

Neni
Naschmarkt 510, 1060 Wien, ✆ 01/585 20 20, www.neni.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2014)

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