Westenthaler: "Wollte mit Finanzen nicht belastet werden"

Westenthaler-Prozess: Ex-BZÖ-Obmann bestritt auch Untreue-Vorwurf
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Der ehemalige BZÖ-Obmann will weder eine Änderung des Glücksspielgesetzes verhindert noch eine "Schmiergeldzahlung" erwirkt haben.

Im Prozess gegen den ehemaligen BZÖ-Obmann und Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler geht es am Montag im Wiener Straflandesgericht um den zweiten Anklagekomplex - eine Zahlung von 300.000 Euro der Österreichischen Lotterien an die BZÖ-eigene Werbeagentur "Orange". Westenthaler wird Untreue als Beteiligter vorgeworfen, er bekannte sich "nicht schuldig".

Er habe "aus Realität und Freundschaft zu Doktor Jörg Haider" seinen gut dotierten Job bei Magna aufgegeben und sich zum BZÖ-Obmann und Spitzenkandidaten für die Nationalratswahlen im Herbst 2006 küren lassen, sagte Westenthaler aus.  Nach seiner Wahl zum Obmann am 23. Juni 2006 war Westenthaler formal einige Wochen als geringfügig Beschäftigter bei der "Orange"-Webeagentur angestellt, weil er zunächst kein Einkommen und damit auch keinen Versicherungsschutz hatte. Um die Agentur selbst und die Finanzen der Partei habe er sich "bewusst nicht gekümmert."

In diesem Zusammenhang legte Westenthaler dem Schöffensenat (Vorsitz: Wolfgang Etl) eine schriftliche Vereinbarung mit Haider vor, in welcher dies festgehalten wurde. "Ich wollte mit den Finanzen nicht belastet werden. Das war für mich eine conditio sine qua non, heißt das glaub' ich." Auch um das Wahlkampfbudget des BZÖ habe er sich nicht gekümmert. Haider habe ihm drei Millionen Euro zugesichert, darauf habe er sich verlassen.

Anklage geht von "Schmiergeldzahlung" aus

Oberstaatsanwältin Barbara Schreiber vermutet, dass der Wahlkampf des BZÖ mit einer "Schmiergeldzahlung" der Österreichischen Lotterien mitfinanziert wurde. Am Abend des 11. Juli 2006 hatten der Vorstand der Österreichischen Lotterien, Friedrich Stickler, und der Chef der Casinos Austria AG, Leo Wallner, erfahren, dass die damalige ÖVP-BZÖ-Regierung im Parlament eine Abänderungsantrag behandeln lassen wollten, der das Glücksspielgesetz nachhaltig geändert hätte. Das Glücksspielmonopol der Casinos Austria wäre gefallen.

In dieser Situation sollen die Telefone bei Regierungsvertretern heiß gelaufen sein. Friedrich Stickler, damals auch Präsident des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB) und in dieser Funktion mit Westenthaler seit dessen Zeit als Bundesliga-Vorstand bekannt, soll bei diesem interveniert haben, um die Novelle zu verhindern. In einem Telefonat beschied Westenthaler jedoch Stickler "Da kann man nix mehr machen. Die Kugel ist bereits aus dem Lauf".

Überraschenderweise wurde am 13. Juli die in Aussicht genommene Gesetzesänderung im Parlament aber nicht behandelt. Dafür erstellte die BZÖ-Agentur den Österreichischen Lotterien kurze Zeit später laut Anklage ein "Scheingutachten", wofür die Lotterien immerhin 300.000 Euro springen ließen. Einem Gutachten zufolge war die vermeintliche Expertise praktisch wertlos.

"Habe mit der Sache nichts zu tun"

"Ich habe mit der Sache mit Sicherheit nichts zu tun", betonte Westenthaler vor Gericht. Die Änderung des Glücksspielgesetzes habe nicht das BZÖ verhindert, sondern die ÖVP. Ihm habe das der damalige ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer mit der Bemerkung "Die (gemeint: Vertreter der Casinos Austria, Anm.) sind uns die Tür eingelaufen" persönlich am Telefon gesagt. Er sei "not amused" gewesen, so Westenthaler.

Auf die Frage, wofür die Lotterien der BZÖ-Agentur 300.000 Euro gezahlt hätten, erwiderte Westenthaler: "Das entzieht sich meiner Kenntnis." Fakt ist, dass sein langjähriger Mitarbeiter Kurt Lukasek übers Wochenende auf Ersuchen Westenthalers eine Studie zum Thema "Responsible Gaming" erstellt hatte. Das Zustandekommen dieser neunseitigen Ausführungen, die laut einem Gutachten höchstens 15.000 Euro und damit nur einen Bruchteil der von den Lotterien gezahlten Summe wert waren, schilderte der Ex-BZÖ-Chef folgendermaßen: Ein "Orange"-Mitarbeiter habe ihm eines Tages mitgeteilt, dass seit Wochen eine "Anfrage" der Lotterien unbeantwortet herumliege.

Er sei davon ausgegangen, dass es sich um eine politische Anfrage handelte ("Ich hab' das so aufgefasst, dass die Lotterien an unserer politischen Meinung interessiert waren"), und habe Lukasek mit den Worten "Kurt, mach das" mit der Bearbeitung beauftragt. Damit sei die Sache für ihn abgehakt gewesen. Lukasek habe eine "Stellungnahme" geschrieben, die er erst nachträglich im Zuge des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens gelesen habe. Auf die Frage des Richters, ob er nicht "schockiert" sei, wenn er sich nun den eher dürftigen Inhalt der Stellungnahme durchlese und sich vergegenwärtige, dass dafür 300.000 Euro bezahlt wurden, sagte Westenthaler: "Natürlich. Wenn man das liest, fällt man aus allen Wolken."

Der frühere BZÖ-Chef unterstrich wiederholt, er habe mit der von der BZÖ-Agentur "Orange" gelegten Rechnung nichts zu tun gehabt: "Die Rechnung trägt nicht meine Unterschrift. Ich hab' die Rechnung nicht in Auftrag gegeben."

Die Rechnung ist mit 24. Juli 2006 datiert. Sollte das Datum stimmen und nicht fingiert worden sei, wäre die Studie über "Responsible Gaming" überhaupt erst danach erstellt worden. Kurt Lukasek, der dazu im Ermittlungsverfahren als Zeuge vernommen wurde, hat im Zusammenhang damit erklärt, Westenthaler habe von ihm vor einem Wochenende ein "Gutachten" im Umfang von acht bis zehn Seiten "bis zum Montag verlangt". Er, Lukasek, sei mit der Materie bis dahin nicht vertraut gewesen und habe sich erst mithilfe von Google schlaumachen müssen.

Der langjährige Chef der Casinos Austria AG hätte sich aufgrund der 300.000 Euro-Zahlung zulasten der Österreichischen Lotterien als unmittelbarer Täter wegen Untreue vor Gericht zu verantworten, da sie auf sein ausdrückliches Zutun beglichen wurde. Leo Wallner, der Anfang November 79 Jahre alt wird, soll sich aber in einem gesundheitlich schwer angeschlagenen Zustand befinden. Das Verfahren gegen ihn wurde ausgeschieden. Ob Wallner überhaupt verhandlungsfähig ist, soll ein medizinisches Gutachten klären.

(APA)

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