Frank Stronach zum Richter: "Den Armen das Geld geben"

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Frank Stronach sagte teils philosophisch, teils amüsant aus. Und schlug dem Richter vor, den Armen zu helfen.

Wien. „Ich sage immer die Wahrheit.“ Wer kann das schon von sich behaupten? Frank Stronach offensichtlich. Denn mit diesem Zitat stellte sich der 82-Jährige am Dienstag im Straflandesgericht Wien dem Leiter des Westenthaler-Prozesses, Richter Wolfgang Etl, vor. Letzterer hatte Stronach über die für Zeugen geltende Wahrheitspflicht belehrt.

Alsdann erzählte der aus Kanada angereiste Gründer des Weltkonzerns Magna, der zuletzt als Team-Stronach-Politiker aktiv war, dem Richter von den seinerzeitigen Geldproblemen der Fußballbundesliga. Er erzählte weiter, dass er – Stronach war von 1999 bis 2005 Liga-Präsident – „viele, viele Millionen in den Fußball reingegeben“ habe. Und dass Fußball, „ein Massensport“, gut für Kinder sei, da er diesen „Sportcharakter“ beibringe – und dass „du für Fußball nur Turnschuhe, eine Turnhose und ein Ruderleiberl brauchst“.

Mit dem Prozessthema, nämlich mit der Frage, ob die beiden Angeklagten, der Ex-BZÖ-Chef und spätere Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler und dessen seinerzeitiger Ko-Vorstand, Thomas K., Betrug mit Fördergeld begangen haben, waren Stronachs Erklärungen – wenn überhaupt – dann nur allgemein-hintergründig in Einklang zu bringen. Zuerst wollte der junge, konsequent fragende Richter die Sache abkürzen und fragte den Zeugen, der unter tosendem Blitzlichtgewitter den Saal betreten hatte, ob er es denn nicht fragwürdig finde, dass öffentliches Geld, eine Million Euro für den Fußballnachwuchs, in einen privaten Verein (Bundesliga) gepumpt würde. Nachsatz des Richters: „Sie treten doch immer für Werte ein.“

Stronach meinte, dass er die Liga nicht als privaten Verein sehe. Sie fördere den Fußball, den „vielleicht wichtigsten Sport“. Dann versuchte es der Richter chronologisch: Wodurch sich Westenthaler als Ligavorstand qualifiziert habe? „Ganz nett“ sei er ihm bei einem gemeinsamen Essen vorgekommen, „der Peter“, sagte Stronach.

„Peter, drück dich zivilisierter aus!“

Außerdem sei „der Peter“ Austria-Fan gewesen und habe viel über Fußball geredet. In den Zeitungen habe er aber „zu kräftige“ Worte Westenthalers gelesen und gesagt: „Peter, du musst dich zivilisierter ausdrücken, dann würden Stellen für dich offen.“ Offenbar gab sich Westenthaler Mühe (Stronach: „Ich war wie ein Vater zu ihm“), denn wenig später war er gewählter Ligavorstand. Und nun der Betrugsvorwurf: Die Fördermillion sei nicht den jungen Fußballtalenten zugutegekommen, sondern zur Tilgung von Schulden der Bundesliga verwendet worden.

Stronach: „Ich kann nicht sehen, dass der Peter schuld ist.“ Schließlich seien alle Einnahmen und auch alle Verbindlichkeiten der Liga abzurechnen gewesen. Es habe praktisch einen alles umfassenden Geldtopf gegeben. Stronach: „Wenn du in einen Brunnen Wasser reingibst, und später holst Wasser raus, weißt ja auch nicht, von welchem Bauern dann das Wasser ist.“ Außerdem hätten Buchprüfer und Anwälte der Liga „alles durchstudiert“.

So entließ der Richter den Zeugen – nicht, ohne die obligate Frage zu stellen, ob dieser eine Zeitbestätigung brauche. Stronach überlegte kurz, erklärte dann: „Zeit ist Geld. Geben Sie das Geld den Armen!“

Nächste Woche, am 26.November, wird der Prozess fortgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2014)

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