Schüssel: "Lese prinzipiell keine E-Mails"

Schüssel als Zeuge vor Gericht
Schüssel als Zeuge vor GerichtREUTERS
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Im Westenthaler-Betrugsprozess sagte am Donnerstag Wolfgang Schüssel aus. Sein Zeugenauftritt verlief nicht ganz reibungslos. Selbst der Richter musste Kritik einstecken.

„Engagierter Vertreter der Sportförderung“, sei er einst gewesen, sagt Wolfgang Schüssel am Donnerstag als Zeuge im Westenthaler-Prozess. Damit ist er schon am Punkt. Es geht ja um eine Million Euro Fördergeld, das Ex-FPÖ-/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler im Jahr 2004, in seiner Zeit als Vorstand der Fußball-Bundesliga, widmungswidrig und in betrügerischer Absicht verwendet haben soll. Davon will Schüssel nichts bemerkt haben. Er sagt dafür: „Schade, dass alle Projekte im Nachhinein kriminalisiert werden.“

Mit „alle Projekte“ meint der frühere ÖVP-Kanzler Großereignisse wie die Euro 2008, für deren sportliches Gelingen österreichische Nachwuchsfußballer die besagte Fördermillion bekommen sollten. Laut Anklage kam diese Million aber nie bei den Liga-Vereinen an, da sie von Westenthaler, so der Vorwurf, zur Rückzahlung einer alten Finanzschuld der Bundesliga verwendet wurde.

"Interesse an der Kriminalisierung"

Schüssel nennt ein anderes Großprojekt: „Die Winterolympiade in Salzburg“. Gemeint wohl: Salzburgs misslungene Olympia-Bewerbung, die ein Strafverfahren nach sich zog, das teils eingestellt wurde, teils jedoch mit einer Verurteilung von Ex-ÖOC-General Heinz Jungwirth endete.

Und der frühere Regierungschef lässt nicht locker: „Es gibt offenbar Menschen, die ein Interesse daran haben“ – ein Interesse an der Kriminalisierung derartiger Großereignisse. Über Westenthaler – dieser bekennt sich nicht schuldig – lässt der prominente Zeuge, dessen Auftritt ein mächtiges Auftreten von Kameraleuten und Fotografen auslöst, nichts kommen: „Westenthaler ist immer für die Förderung der Euro 2008 eingetreten.“ Dies allein wird aber auch von der Anklage nicht bestritten.

Drittschuldnerklage: "Ich wusste nichts"

Von jener Klage, die die Finanzprokuratur gegen die Liga angestrengt hatte („Drittschuldner-Klage“, die Liga sollte per Vergleich 1,2 Mio Euro an die Prokuratur überweisen), habe Schüssel – er war ab 2003 auch Sportminister – laut eigenem Bekunden nichts erfahren. „Über die Drittschuldnerklage wusste ich nichts.“

Ob er es nicht bemerkenswert finde, dass die Fördermillion per Budgetüberschreitungsgesetz beschlossen wurde, fragt Richter Wolfgang Etl, ein junger, durchaus zielgerichtet vorgehender Prozessleiter. So etwas sei ganz normal, winkt Schüssel ab. Man beschließe etwa auch nach einer Hochwasserkatastrophe eine Budgetüberschreitung. Der Richter daraufhin: „Sie sehen also den Zustand des österreichischen Fußballs im Jahr 2003 so wie eine Hochwasserkatastrophe?“ Schüssel gereizt: „Der Vergleich kommt nicht von mir. Bitte das im Protokoll festzuhalten. Ich bin nicht zynisch. Diese Scherze verbitte ich mir.“

Auch das möchte der Ex-Kanzler loswerden: Er wundere sich, dass Westenthalers Tun „plötzlich Straftatbestand“ ist. „Der Prozess kostet vielleicht mehr als die ganze Förderung.“ Nachsatz: „Aber bitte, wir leben in einem Rechtsstaat.“Letzteres zu unterstreichen ist nun dem Richter ein Anliegen: „So ist das in einem Rechtsstaat, wir können ja nicht die Tätigkeit einstellen.“

Als Verteidiger Michael Dohr (er vertritt den in den Hintergrund getretenen zweiten Ex-Liga-Vorstand K.) sein Fragerecht ausübt, kommt von Schüssel: „Darf ich fragen, wer Sie sind?“ Kurz darauf stößt sich der Zeuge an Dohrs Fragen: „Was soll das? Is' des a Interview?“ Dohr hält dem Zeugen ein Mail von damals vor. Schüssel lässt aufhorchen: „I' les' kane Mails. Des is' a Prinzip von mir.“ Wenig später endet Schüssels Auftritt.

Auch Schweitzer sagt aus

Nach Schüssel sagen an diesem Donnerstag auch ÖFB-Generaldirektor Alfred Ludwig, der aktuelle Sportdirektor des Österreichischen Fußballbundes, Willi Ruttensteiner und der frühere BZÖ-Sportstaatssekretär Karl Schweitzer aus.

Letzterer bestätigt, eine Unterzeichnung des Fördervertrags verweigert zu haben. Denn: Die Sportförderung sei für Amateure gedacht, Profis müssten sich selber finanziell tragen könne. Er habe das Geld auch gar nicht zur Verfügung gehabt. Westenthaler sei Ende 2003 in Schweitzers Büro gekommen und habe ihm die Situation der Bundesliga geschildert, die ihm von seinen Vorgängern hinterlassen wurde. "Wir haben darüber gesprochen, ob aus den Mitteln der Sporthilfe eine Abhilfe möglich ist, was ich daraufhin verneint habe."

Kommenden Dienstag ist Ex-Liga-Vorstand Frank Stronach als Zeuge eingeplant.

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