Geschmacksfrage: Bei den drei Husaren

(c) Julia Stix
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Besuch bei den drei Husaren: Kleine Stube, große Preise, mediokre Küche und ein wirklich bemühter Kellner.

So mancher EM-Tourist mit gutem Kontostand und schlechtem Guide verirrt sich dorthin: ins altehrwürdige Restaurant „Drei Husaren“. In grauer Urzeit war es die erste Adresse der Stadt, Grund genug für einen kleinen Besuch zwecks Aktualisierung: Der Andrang ist offenbar überschaubar, daher werden die fünf Tische auch in die kleine Stube gepfercht, die ein bisschen wie diese altenglischen Herrenhaus-Bibliotheks-Nachbauten in gehobenen Pubs wirkt.

Fischstäbchen für Reiche

Dank der anwesenden Touristen ist die Stimmung aber besser, der Chef de Range ist beschäftigt. Auf die unterwürfige Frage nach der Weinkarte setzt es ein barsches „Der Kollege kommt gleich.“ Alte österreichische Schule? Der junge Kellner am Tisch bemüht sich um einiges mehr, womit wir beim Positiven wären – und wieder damit enden. Denn der einst großartige Amuse-Gueule-Wagen ist deutlich geschrumpft. Die diversen Terrinen und Salate darauf schauen wenig vertrauenserweckend aus, also Vorspeisen aus der Karte: Das knusprige Tartar vom geräucherten Seesaibling auf marinierten Fisolen und Schnickschnack ist ein gebackener Fisch-Ziegel, bei 31 Euro kann man von Fischstäbchen für Reiche sprechen. Das roh marinierte Angus-Rinderfilet mit Avocado, Gänseleber und Pinienkernen entpuppt sich als Gänseleberroulade mit einem Streifen nicht mehr ganz roten Rinderfilets. Bei den Hauptgerichten geht es so weiter: Die Seezunge (mit bravem Pignoli-Spinat) im Ganzen gebraten schaut zwar hübsch aus, wurde jedoch die Spur zu lange erhitzt und schmeckt aber wieder besser, als sie duftet. Ähnlich das knusprige Zanderfilet, die unauffälligen Spargel-Ravioli stören nicht, die Kerbelpestosauce erschlägt den armen Fisch, aber seine Konsistenz war ohnehin schön Tourismus-gegart. Auf der Suche nach der Ehrenrettung – erwähnte ich den Kellner schon? – kann ich die Weinkarte wirklich empfehlen: inhaltlich, die kopierten Seiten stammen aus der Prä-PC-Zeit.
Mein Vater erklärte mir früher immer, er ginge nur in gutbürgerliche Lokale. Was das genau ist, habe ich nie verstanden. Aber jetzt kenne ich wenigstens ein schlechtbürgerliches.

INFO

Restaurant Drei Husaren
Weihburggasse 4, 1010 Wien, Tel.: 01/512 10 920.

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