Klimaschutz: Tricks und Tücken im Öko-Marketing

(c) AP (Frank Augstein)
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Immer mehr Firmen kompensieren ihre „Klimasünden“ über freiwillige Spenden. Die PR-Abteilungen sind begeistert, die Umwelt bleibt aber oft auf der Strecke.

Wien. Spätestens seit Al Gore sich als Erzfeind der Klimaerwärmung zum Friedensnobelpreis gepredigt hat, weiß jeder PR-Berater: „Meine Firma hat damit nichts zu tun.“ Da aber die meisten Unternehmen, etwa durch ihre Flugreisen, einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck in die Landschaft setzen, gibt es für sie die Möglichkeit, ihre CO2-Emissionen durch freiwillige Spenden zu kompensieren. Für jede Tonne CO2 zahlt die Firma einen bestimmten Betrag, der dann in klimaschonende Projekte investiert wird. So soll alles im „Öko-Lot“ bleiben. Positiver Nebeneffekt: Das grüne Image kommt bei Konsumenten gut an.

So weit die Theorie. Kein Wunder also, dass es auch in Österreich derartige Angebote gibt. Das jüngste stammt von Climate Austria und wendet sich erstmals an Privatpersonen. Künftig soll jeder AUA-Passagier entscheiden können, ob er die CO2-Belastung, die sein Flug verursacht, freiwillig „ausmerzen“ will. Einmal Wien-London kostet so etwa 18,53 Euro mehr. Auf die „breite Masse“ hofft auch Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer des Projektträgers KPC, nicht. Den Großteil sollen ohnedies Unternehmen beitragen, die im Idealfall gleich Komplettpakete für alle Geschäftsreisen unterzeichnen. Im Gegenzug erwartet sie ein offizielles Siegel und Mitsprachemöglichkeit bei der Projektauswahl.

Reine PR-Maschinerie?

Markieren Projekte wie diese nun eine Trendwende in den Köpfen der Firmenchefs oder bleibt es beim grünen Anstrich? „Viele Unternehmen sind ernsthaft bemüht“, glaubt Sagmeister. „Aber einige wollen sich nur ein grünes Mäntelchen umhängen“, räumt er ein. Da kommen einige vergleichbare Konkurrenzangebote gerade recht. Denn nicht alle lassen sich gerne streng prüfen. Möglichkeiten zu tricksen gibt es genug:
•Die Berechnung der CO2-Belastung: Unterschiedliche Anbieter kommen etwa bei gleichen Flügen auf unterschiedliche Emissionsbelastungen. Climate Austria verwendet etwa die AUA-Verbrauchsdaten der letzten drei Monate, erklärt Sagmeister. Die Daten der Konkurrenz seien oft viel älter.
•Die Kosten je kompensierter Tonne CO2: Abhängig von der Auswahl der Projekte können manche Anbieter extrem günstige Tonnen-Preise anbieten. „In Afrika ist es natürlich billiger eine Tonne CO2einzusparen“, sagt Alexandra Amerstorfer von KPC. Bei Climate Austria kostet eine Tonne 20 Euro.

Damit sei man konkurrenzfähig, obwohl die meisten Projekte aus Österreich kämen, heißt es. International hat sich China als guter Boden für solche Geschäfte erwiesen. Die Regierung in Peking hat schnell erkannt, dass hier volle Fördertöpfe zu leeren sind, und hat die entsprechenden UNO-Vorgaben rasch umgesetzt.
•Die Auswahl der Projekte: Gerade in den USA stehen viele Anbieter von CO2-Kompensationsprogrammen immer wieder in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, dass die geförderten Projekte nicht die versprochene Einsparung bringen. Für Anbieter, die unter dem Siegel der UNO laufen sei so etwas jedoch ausgeschlossen, sagt Sagmeister. Hier gebe es laufend Kontrollen durch externe Auditoren.
•Selbst innerhalb der UNO-Programme lohnt sich ein genauer Blick auf die Verwaltungskosten des Anbieters. Im Schnitt bleiben 20 bis 45 Prozent der Spenden im Verwaltungsapparat hängen.

Angesichts der Kritik darf eines nicht vergessen werden: Korrekt angewandt, bringt die CO2-Kompensation zwar keine enormen Einsparungen, ist aber immerhin sinnvolle PR für Unternehmen und fördert das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung.

auf einen Blick

Unter www.climateaustria.atkann jedermann die CO2-Belastung seiner AUA-Flüge berechnen, und beim Ticketkauf freiwillig ein wenig mehr bezahlen.

Firmen kaufen sich ihr gutes Gewissen schon seit Jahren. Doch oft zählt das „grüne Image“ mehr als der Nutzen für die Umwelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2008)

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