Kroatien: Kakanischer Gleiskörper

(c) Birgitte Breth
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Mit der k.u.k. Istrianischen Staatsbahn von Buzet nach Pula rattern. Nur vom Bahnhof zum Trüffelfest geht's zu Fuß.

Es führt ein verschwiegener Weg in den Süden Istriens. Diese Strecke gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der herzförmigen, grünen Halbinsel, die selbst sehr reich an Legenden, Mythen und sowieso Zauberhaftem ist. In Zeiten von schnell-schnell fährt tagaus-tagein und unermüdlich seit 132 Jahren eine bemerkenswerte Eisenbahn: Die historische k.u.k. Istrianische Staatsbahn. Für uns Beschaulichkeit und vergnügliche Fahrt, mit Diesel statt Dampf, mittlerweile.

Knapp nach der slowenischen Grenze führt die Bahntrasse hart entlang der kalkigen Felsen des Cicarija-Massivs zur nördlichsten kroatischen Haltestelle: Buzet. „Als Kinder sind wir mit der Eisenbahn zur Schule gefahren, hatten so bessere Chancen auf Ausbildung“, berichtet der Bahnhofsvorstand, „und wir alle standen winkend, wenn Titos Blauer Zug vorbeisauste.“

Mit einer „Fritaja“ aus 2000 Eiern und zehn Kilo Trüffel eröffnet die Trüffelstadt Buzet mit ihrem Volksfest „Subotina“ am kommenden Samstag (13. 9.) die kulinarische Herbstsaison im neuen Stadtteil Fontana. Hübsch auf einem Hügel liegt die venezianisch geprägte Altstadt – ein romantischer Schauplatz für dieses Festival im Stil von annodazumal, das dann den ganzen Sonntag lang gefeiert wird. Eine Empfehlung.

Bezaubernd lebendig, wie in einem Freilichtmuseum, erleben wir die originalen Bahnhöfe aus den 1870er-Jahren mit ihren funktionstüchtigen mechanischen Stellwerken, allerlei technischen Apparaturen und Fernmeldeleitungen. Ein Fahrdienstleiter mit roter Schirmmütze steht davor, er gibt das Handsignal.

Strategisches Abseits

Weiterhin auf der Strecke hoch oben am Berghang unterwegs, mit schöner Aussicht auf das Mirnatal, vorbei am altertümlich befestigten Städtchen Roc, taucht bald die Frage auf: Wieso eigentlich liegen die Bahnstationen außerhalb der Ortschaften? „Weil militärstrategisch geplant wurde“, berichtet uns Davor Mandic vom „Historischen Museum Istrien“ in Pula. Der bedeutende k.u.k.-Hauptkriegshafen musste dringend mit dem Streckennetz der Südbahn Wien-Triest verbunden werden. „Diese Eisenbahn verband Istrien mit der Welt.“

In der Station Lupoglav wird immer viel umgestiegen, wir fahren weiter. Unsere Eisenbahn legt an Tempo zu, pfeift und durchfährt den längsten Tunnel der einspurigen Strecke. Am offenen Zugfenster stehend, kurven wir durch die sanft-schöne Hügellandschaft Zentralistriens und nähern uns dem kontinentalsten Ort der Halbinsel: Pazin.

Junger Wein, alte Mumien

„Die Hauptstadt Istriens hat als alte Stadt ihren feudalen Charakter sich durchaus bewahrt“, so schrieb Jules Verne über Pazin in seinem Roman „Mathias Sandorf“ – „man erkennt ihn namentlich an dem befestigten Schlosse“. Die gemeinsame Geschichte Istriens mit Österreich begann ebendort im Jahre 1374, als die Grafschaft Mittelburg (Pazin) durch einen Erbvertrag zum Hause Habsburg kam. Nach dem Fall der Republik Venedig im Jahr 1797 gelangte schließlich auch der venezianische Teil der Halbinsel in den Besitz der Monarchie – bis zum bekannt bitteren Ende 1918. Erst seit kurzer Zeit ist Pazin um eine Attraktion reicher: Es führt ein Naturlehrpfad in die karstige Fojba-Schlucht. In dem Ticket enthalten ist der Eintritt in das sehenswerte Ethnographische Museum, beherbergt in ebendiesem Schloss.

Schönwetterwolken am südlich blauen Himmel begleiten die Fahrt durch Felder und Eichenwälder, vorbei an Steindörfern, Olivenhainen und Weinstöcken, die in roter Erde wurzeln. Junger Wein und alte Mumien – zwei beliebte Gründe, in Vodnjan auszusteigen. Schon der Bahnhof ist sehr schmuck. Zu kaufen gibt es in der Stadt Olivenöl und Weine von den Produzenten, deren Gärten man vorhin, aus dem Zugfenster, vielleicht gesehen hatte.

Rechts schimmert endlich das Meer, bei Pula. Erstaunlich, so viel Reisevergnügen in so kurzer Zeit zu erleben: ab Buzet nur zwei Stunden.

GANZ GEMÜTLICH

■Kroatische Zentrale f. Tourismus, T 01/585 38 84, www.kroatien.at

■Zugverbindungen: www.oebb.at, www.pulainfo.hr/Transport (Teilstrecken für Ausflüge interessant)

■Trüffelwochen/Buzet: 13.-14. 9., 8.- 9. 11., www.istria-gourmet.com

■Schön im Herbst im Mirnatal: Wandern, Radfahren, z. B. Via tartufina, Paragliding, Ausflüge mit dem Autobus, www.istra.hr

■Übernachten: Hotel Fontana/Buzet, T 00385/52/662 615;
Pension Laura/Pazin:
T 00385/52/621 312

■Essen: Stara ostarija/Buzet,
T 00385/52/694 003
Most/Buzet, T 00385/52/662 867

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2008)

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